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News: Lange vor den Dinosauriern

Der aufrechte Gang ist in der Evolutionsgeschichte eine bedeutende Entwicklung. Dem Menschen verhalf er maßgeblich zu einem Vorsprung gegenüber seinen Vorfahren. Aber schon lange bevor der Mensch auf zwei Beinen ging, nutzten Dinosaurier und Vögel diese Art der Fortbewegung. Dass aber auch diese nicht die ersten 'Zweibeiner' waren, zeigt jetzt ein Fossilienfund.
Nicht erst der Mensch fand einst den evolutionären Weg zur Fortbewegung auf zwei Beinen, schon manche Dinosaurier bewegten sich nur auf ihren Hinterbeinen fort. Wie Wissenschaftler bisher dachten, geschah das frühestens in der späten Trias, vor 210 Millionen Jahren. Doch schon da gab es kleine Reptilien, die diesen evolutionären Schritt getan hatten. Wie die Paläontologen um Robert R. Reisz von der University of Toronto in Mississauga jetzt veröffentlichen, stießen sie bereits 1993 in einem Steinbruch bei Gotha auf ein nahezu vollständig erhaltenes fossiles Skelett eines Reptils, das lange vor den Dinosauriern lebte und schon alle Merkmale für eine solche aufgerichtete Bewegung aufwies (Science vom 3. November 2000).

Das Reptil ist etwa 26 Zentimetern groß und ähnelt heutigen Vertretern der Art, die sich aufrecht bewegen können, wie beispielsweise Basilisken. Eudibamus cursoris, wie die Wissenschaftler ihren Fund tauften, ist eine neue Art innerhalb der Familie der sogenannten Bolosauriden. E. cursoris ist das älteste bekannte Mitglied der Parareptilia, einer Hauptgruppe primitiver Reptilien. Sein Alter geben die Paläontologen mit 290 Millionen Jahren an. Er scheint jedoch kein direkter Vorfahre späterer Reptilien – einschließlich einiger Dinosaurier – zu sein, die Körperhaltung und Gangart der Zweifüßer übernahmen. Daher vermutet Reisz, dass sich bei der Evolution der Reptilien die bipedale Fortbewegung mehrfach unabhängig voneinander entwickelte.

An einer Reihe von Merkmalen des gut erhaltenen Fossils können die Wissenschaftler erkennen, dass sich das Tier auf zwei Beinen bewegt haben muss: Die Hinterbeine sind etwa 64 Prozent länger als die Vorderbeine und 34 Prozent länger als der Rumpf. Auch Schwanz und Füße des E.cursoris waren ungewöhnlich lang für dieses kleine Reptil. Diese Proportionen erinnern an moderne Eidechsen, die sich auf zwei Beinen bewegen. Die neu gefundene Art lief wahrscheinlich auf den Zehen und konnte so ihre Schrittlänge vergrößern und dadurch sehr schnell rennen. Reisz und seine Kollegen vermuten, dass der lange Schwanz dem Tier als eine Art Ruder diente, mit dem es Schwerpunktverlagerungen des Körpers ausbalancieren konnte.

Ein weiterer Hinweis für die zweifüßige Bewegung des Reptils ist die Stellung der Hüft- und der unteren Knie- und Fußgelenke: Bei einer Streckung der Gliedmaßen lagen die Beinknochen alle in einer geraden Linie. E.cursoris konnte die Gelenke also nur in einer Ebene bewegen. Beim aufrecht gehenden Menschen ist es ähnlich, da auch seine Beingelenke keine seitliche Bewegung erlauben.

Wie Funde anderer Bolosauriden aus Nordamerika, China und Russland zeigen, gehörten sie zu einer Familie von frühen Reptilien, die im Vergleich zu ihren Zeitgenossen im frühen Perm (vor etwa 290 bis 268 Millionen Jahren) sehr weit verbreitet waren. Die Forscher vermuten, dass die Kombination von Fortbewegungsart und Nahrungsquelle diese Ausbreitung begünstigt hat.

"Dieser Fund ist faszinierend, denn er bestätigt, dass die zweifüßige Fortbewegung als innovative Weiterentwicklung mehrmals stattgefunden hat. Unter evolutionären Gesichtspunkten betrachtet, handelt es sich deshalb wohl um eine gute Idee," meint Reisz.

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