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Atmosphärenchemie: Langlebige Sauerstoffform macht Aerosole giftiger

Birkenpollen
Reaktiven Formen von Sauerstoff billigten Chemiker bislang nur eine Sekundenbruchteile währende Haltbarkeit zu. Doch dies entpuppte sich nun als Fehleinschätzung: Forscher um Ulrich Pöschl vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz wiesen nun erstmals langlebige reaktive Sauerstoffradikale (ROS, reactive oxygen species) nach, deren Lebensdauer mehr als 100 Sekunden betrug – auf der Oberfläche von Rußpartikeln und anderen Schwebeteilchen in der Luft.

Veränderte Pollen | Birkenpollen mit allergenem Potenzial: Die Färbung in der fluoreszenzmikroskopischen Aufnahme zeigt Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der Pollenkörner, die im Inneren und an der Oberfläche allergieauslösende Proteine enthalten können.
Die Radikale entstehen, wenn bodennahes Ozon mit Ruß, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen oder den Proteinen von Pollen reagiert. Auf der Oberfläche dieser Partikel sorgen sie dann dafür, dass die Aerosole oxidiert und nitriert werden, weil sie zum Beispiel mit Stickoxiden in der Luft reagieren. Dadurch würden Ruß oder Pollen jedoch selbst aggressiver und steigerten ihr allergenes Potenzial, fürchten die Forscher. So entstünden durch den zunehmenden Autoverkehr oder aus Industrieabgasen mehr Stickoxide und Ozon, die wiederum häufiger Birken- oder Gräserpollen nitrieren. Dies könne den Anstieg von Allergien in Industriestaaten zumindest teilweise erklären, so die Wissenschaftler – zumindest haben sie erste Hinweise gefunden, dass die chemisch veränderten Proteine heftigere allergische Reaktionen auslösen.

Werden wiederum oxidierte Ruß- und Rauchpartikel eingeatmet, greifen sie wahrscheinlich direkt Lungenbläschen und anderes Gewebe an, was die toxische Wirkung von Tabakrauch oder Dieselabgasen womöglich erklärt. Zudem sorgen diese Sauerstoffformen dafür, dass sich in der Atmosphäre aus flüchtigen organischen Verbindungen, wie sie zum Beispiel Pflanzen ausstoßen, langlebigere sekundäre Feinstaubpartikel bilden. Diese beeinflussen die Wolkenbildung und damit die Niederschläge, so dass die ROS auch eine Rolle im Klimageschehen spielen.

Nachgewiesen wurden die ROS bislang allerdings nur im Labor und mit Hilfe kinetischer Berechnungen. Neben weiteren Experimenten und rechnerischen Simulationen will Pöschls Team zukünftig vor allem die Folgen der nitrierten Pollenproteine für den menschlichen Organismus untersuchen. (dl)
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