News: Langsam wie ein Blitz
Was dem Licht das Leben in ihrem Labor so schwer macht, ist ein so genanntes Bose-Einstein-Kondensat. Diesen seltsamen Quantenzustand stellen die Wissenschaftler her, indem sie Natriumatome auf wenige milliardstel Grad über den absoluten Nullpunkt der Temperaturskala abkühlen. Während sich die Atome bei Raumtemperatur heftig bewegen, sind sie in dieser Kälte fast ruhig. Das ist aber gleichbedeutend mit einem verschwindend geringen Impuls. Nach der Heisenbergschen Unschärferelation muss dann der Aufenthaltsort der Teilchen "verschmiert" sein – die einzelnen Atome überlappen sich gegenseitig und befinden sich alle im gleichen Quantenzustand. Das ganze Kondensat verhält sich fortan wie ein einziges großes Superteilchen.
Mit einem ersten Laser manipulieren die Wissenschaftler dann das Kondensat so, dass es die Photonen eines zweiten Lasers, die aus einem anderen Winkel in die Kammer fallen, nicht absorbiert. Allerdings muss sich dieser Lichtstrahl dafür gegen einen gewaltigen Brechungsindex behaupten, der etwa eine Billion Mal größer als bei Glas ist. Und das bremst die Photonen eben auf schlappe 44 Zentimeter pro Sekunde ab. "In diesem seltsamen Zustand gelangt das Licht in eine eher menschengemäße Dimension. Man kann es fast anfassen", meint Hau.
Aus ihren Worten spricht die Begeisterung für ihre Forschung. Zwar geben die Wissenschaftler an, ihre Arbeit läge die Grundlage für neue Kommunikationstechniken und Formen der Datenverarbeitung, doch in erster Linie geht es ihnen darum, das seltsame Bose-Einstein-Kondensat zu verstehen. Und da ist langsames Licht eben besonders nützlich.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 22.2.1999
"Licht langsamer als Tempo 100"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.