Langzeitschäden: Die Folgen von Covid-19 nach einem Jahr
Auch zwölf Monate nach der Erkrankung beeinträchtigt Covid-19 noch die Gesundheit vieler Betroffener. Das ist das Ergebnis einer Studie an 1276 Menschen in Wuhan, die wegen der Infektion im Krankenhaus behandelt werden mussten. Laut der Auswertung durch ein Team um Lixue Huang von der Medizinischen Universität Peking in »The Lancet« berichteten 620 Betroffene nach einem Jahr noch von mindestens einem anhaltenden Symptom, am häufigsten waren Erschöpfung und Muskelschwäche. Etwa ein Drittel vermeldete, immer noch kurzatmig zu sein.
Die Betroffenen vermeldeten sechsmal häufiger Schmerzen und Unwohlsein sowie doppelt so oft Probleme bei der Fortbewegung wie eine vergleichbar zusammengesetzte Kontrollgruppe, die nicht an Covid-19 erkrankt war. In der Kontrollgruppe traten alle abgefragten Symptome seltener auf. Während die Arbeitsgruppe insgesamt feststellt, dass sich der Gesundheitszustand der Betroffenen zwölf Monate nach Covid-19 signifikant verbessert habe und ernste Folgen zu diesem Zeitpunkt selten seien, erweist sich der Gesundheitszustand der Überlebenden im Mittel immer noch als schlechter als der von Nichtinfizierten.
Auch psychische Folgen der Erkrankung waren bei den Betroffenen nachweisbar. Während in der Kontrollgruppe fünf Prozent unter Angststörungen oder Depression litten, waren es in der wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelten Gruppe 26 Prozent. Die Daten zeigen, dass die hospitalisierten Patientinnen und Patienten auch lange Zeit nach ihrer Genesung unter gesundheitlichen Einschränkungen litten. Zusätzlich verglich das Team die Ergebnisse mit Befragungen sechs Monate nach der Erkrankung. Dabei zeigte sich, dass der Anteil der Personen mit Symptomen zwar von 70 auf 50 Prozent sank, andererseits waren einige Probleme, besonders Atemnot und Lungenfunktionsstörungen, nach zwölf Monaten immer noch so häufig wie nach sechs Monaten.
Ein Teil der Befragten unterzog sich außerdem einer Computertomografie der Lunge nach sechs Monaten; etwa die Hälfte der Untersuchten hatte zu jenem Zeitpunkt sichtbare Schäden an der Lunge, so dass ihnen nach zwölf Monaten eine Wiederholungsuntersuchung angeboten wurde. Bei dieser zeigte sich, dass nur bei einem Teil die Schäden wieder verschwunden waren. Die befragten Personen waren mit durchschnittlich 57 Jahren relativ alt, deswegen sind die meisten von ihnen in Rente. Von den zum Zeitpunkt der Erkrankung berufstätigen Personen arbeiteten ein Jahr später noch drei Viertel so viel wie vor ihrer Infektion mit Sars-CoV-2.
Während die Studie zeigt, dass Covid-19 bei einem Teil der Betroffenen anhaltende Gesundheitsprobleme verursacht, bleiben viele Fragen offen. So weisen die beteiligten Fachleute darauf hin, dass nur ein kleiner Anteil der Befragten kritisch erkrankt war und intensivmedizinisch behandelt wurde. Deswegen seien die Daten über diese spezifische Gruppe mit Vorsicht zu genießen. Zusätzlich erfasste die Studie lediglich ein einzelnes Krankenhaus in Wuhan, so dass nicht sicher ist, ob die Ergebnisse ohne Weiteres verallgemeinert werden können.
Nicht zuletzt ist weitgehend unklar, wie die lang anhaltenden Symptome im Detail zu Stande kommen und welche Faktoren jenseits von Covid-19 dazu beitragen. So kann zum Beispiel invasive Beatmung selbst Lungenprobleme nach sich ziehen. Auch eine lange Krankenhausbehandlung kann für sich genommen psychische Probleme auslösen; nach einer Studie von 2016 ist das etwa bei einem Viertel aller intensivmedizinisch behandelten Menschen der Fall. Diese machen jedoch in der Studie von Huangs Team nur einen kleinen Anteil aus. Deswegen geht das Team davon aus, dass der Großteil der registrierten Langzeitsymptome spezifisch auf Covid-19 zurückgeht.
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