Lasertechnik: Ultraschallwellen lenken Laserstrahl ab
Viele Anwendungsbereiche der Lasertechnik – von der laserinduzierten Kernfusion über die Halbleiterherstellung hin zur Gravitationswellenastronomie – benötigen gebündeltes Licht extrem hoher Intensität. Die dafür eingesetzten Laser haben oft Leistungen von mehreren Gigawatt. Sie sind so stark, dass sie die Spiegel, Linsen und Prismen, die sich im Strahlengang befinden, beschädigen können. Eine Forschungsgruppe um Christoph Heyl, Physiker beim Deutschen Elektronensynchrotron DESY und am Helmholtz-Institut Jena, hat ein neuartiges Verfahren entwickelt, um Laserstrahlen berührungsfrei in der Luft abzulenken. Davon berichtet das Team im Fachmagazin »Nature Photonics«.
Die Gruppe verändert mit Schallwellen die Luft in dem Bereich, den der Laserstrahl durchkreuzt. »Wir erzeugen ein optisches Gitter mit Hilfe akustischer Dichtewellen«, sagt Erstautor Yannick Schrödel, Doktorand beim DESY und am Helmholtz-Institut Jena, laut einer Pressemitteilung. Mit Hilfe starker Speziallautsprecher prägen die Forscherinnen und Forscher ein Streifenmuster aus dichten und weniger dichten Bereichen in die Luft. An diesem Muster wird der Laserstrahl gebeugt. Möglich ist dies, weil sich unterschiedlich dichte Luftschichten in ihrem Lichtbrechungsverhalten unterscheiden. Die Grenzen zwischen ihnen können daher wirken wie eine Linse.
Auf diese Weise ließ sich in ersten Labortests ein starker Infrarot-Laserpuls mit einer Effizienz von 50 Prozent ablenken. Dazu mussten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Speziallautsprecher weit aufdrehen. »Wir bewegen uns bei einem Schallpegel von etwa 140 Dezibel, das entspricht einem Düsentriebwerk in wenigen Metern Entfernung«, erläutert Christoph Heyl, der das Forschungsprojekt leitet. »Zum Glück befinden wir uns im Ultraschallbereich, den unsere Ohren nicht wahrnehmen.« Dabei zeigte sich: Das unsichtbare optische Gitter aus Luft ist nicht nur immun gegen Beschädigungen durch den Laserstrahl, sondern erhält auch dessen Strahlqualität.
Das Team sieht in der Technik großes Potenzial für die Hochleistungsoptik. Bei ihren Versuchen verwendeten die Forscherinnen und Forscher einen Infrarot-Laserpuls mit einer Spitzenleistung von 20 Gigawatt, das entspricht der Leistung von etwa zwei Milliarden LED-Birnen. Laser dieser und noch höherer Leistungsklassen werden beispielsweise zur Materialbearbeitung, in der Fusionsforschung oder für neueste Teilchenbeschleuniger eingesetzt. »Zunächst haben wir unsere Technik in Raumluft ausprobiert«, sagt Heyl, »als Nächstes werden wir auch andere Gase einsetzen, um beispielsweise andere Wellenlängen sowie andere optische Eigenschaften und Geometrien zu erschließen.«
Das Potenzial der berührungslosen Kontrolle von Licht und deren Erweiterung auf andere Anwendungen lasse sich derzeit nur erahnen, sagt Heyl. »Die moderne Optik beruht fast ausschließlich auf der Interaktion von Licht mit fester Materie. Unser Ansatz eröffnet eine völlig neue Richtung.«
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