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Hirnforschung: Lassen sich Alzheimer-Gedächtnislücken wieder schließen?

Alzheimer ist die Krankheit des Vergessens. Bei Mäusen ist es Forschern jetzt gelungen, verlorene Erinnerungen zurückzuholen. Beim Menschen ist das aber eher keine Option.
Mäuse-Hippocampus mit grün aufleuchtenden Zellen, die für die Gedächtnisspur verantwortlich sind

Im Zuge einer Alzheimererkrankung vergessen die Betroffenen nach und nach immer mehr Dinge, die sie zuvor gelernt haben. Lassen sich solche Erinnerungen wieder herstellen? Zumindest bei Mäusen mit Alzheimersymptomen ist Wissenschaftlern um Susumu Tonegawa vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) dies nun gelungen. Die Forscher trainierten die Nager zunächst darauf, einen bestimmten Käfig zu fürchten, in dem sie wiederholt einen etwas unangenehmen Stromschlag verpasst bekamen. Dabei beobachteten sie, welche Nervenzellen im Hippocampus aktiv wurden, während die Tiere diese Furchterinnerung formten, und veränderten die entsprechenden Neurone mit Hilfe von Verfahren aus der Optogenetik so, dass sie sie gezielt mit Licht wieder aktivieren konnten.

Mäuse, die alzheimerähnliche Symptome zeigten, vergaßen ähnlich wie menschliche Alzheimerpatienten die unangenehme Erfahrung im Lauf der Zeit. Entsprechend verfielen sie nicht mehr so häufig in eine ausgeprägte Schockstarre, wenn die Forscher sie in jenen Käfig setzten, in dem ihnen normalerweise ein unangenehmer Stromstoß drohte. Indem die Wissenschaftler nun gezielt die Nervenzellen wieder aktivierten, auf denen die Furchterinnerung abgelegt war, konnten sie auch das Angstverhalten der Nager ankurbeln. Aktivierten sie diese Gedächtnisspur immer wieder, hielt der Effekt sogar für eine kurze Zeit an – die Mäuse erinnerten sich tatsächlich wieder!

Tonegawa und sein Team schließen daraus auch, dass die Gedächtnisschwierigkeiten, die zu Beginn einer Alzheimererkrankung auftreten, nicht wie bislang oft angenommen dadurch entstehen, dass Erinnerungen nicht mehr richtig abgespeichert oder gar gelöscht werden. Stattdessen scheint vielmehr das Abrufen der Gedächtnisspuren das Problem zu sein. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass die Nervenzellen der alzheimerkranken Mäuse im Lauf der Zeit die Dornenfortsätze an ihren Dendriten verloren, an die normalerweise die Synapsen von anderen Zellen andocken. Möglicherweise können die Zellen also schlicht nicht mehr so gut miteinander kommunizieren.

Dass sich durch eine solche Stimulation der Hirnzellen Alzheimersymptome auch beim Menschen lindern lassen, ist allerdings unwahrscheinlich. Zum einen ist es fraglich, ob Optogentik je beim Menschen zum Einsatz kommen wird. Zum anderen hielt die Gedächtnisauffrischung selbst bei den Mäusen nur sechs Tage lang an – und das auch nur in Bezug auf eine einzige, sehr spezielle Erinnerung. Eine langfristige Lösung bietet das Verfahren also nicht.

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