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News: Laßt Ringfinger sprechen...

Vorbei ist die Zeit, in der die Lebenslinien der Hand alles über den Charakter und die Zukunft eines Menschen aussagten. Der Ringfinger ist es jetzt, der das Interesse weckt. Und es sind keine Linien, sondern allein seine Länge macht's. Sie soll eine eine ganze Menge verraten: Von der Veranlagung zu Depressionen über die Fruchtbarkeit bis hin zur musikalischen Begabung und dem Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden.
Nach neuesten Erkenntnissen sollen Männer, deren Ringfinger länger als ihr Zeigefinger ist, anfälliger für Depressionen sein. Zu diesem Ergebnis kommen John Manning und seine Kollegen von der University of Liverpool School of Biological Sciences aufgrund einer Untersuchung an 52 Männern und 50 Frauen. Den psychischen Zustand der Versuchspersonen ermittelten die Forscher mit einem standardisierten Fragebogen mit insgesamt 21 Einzelaspekten. Mit den Antworten sind maximal 63 Punkte erreichbar, wobei 11 Punkte bereits eine leichte Beeinträchtigung der Stimmung bedeuten. Die Ergebnisse der Befragung verglichen die Wissenschaftler sodann mit der Fingerlänge.

Das Negativergebnis zuerst – Depressionen bei Frauen haben nichts mit ihrem Ringfinger zu tun. Bei den Männern stellten die Forscher dagegen einen Zusammenhang fest: Die zehn Probanden mit den kürzesten Fingern erreichten in der psychologischen Werteskala durchschnittlich nur 1,56 Punkte und sind daher dem Fragebogen zufolge als völlig normal einzustufen. Der Durchschnitt der zehn Männer mit den längsten Fingern kletterte dagegen auf 8,5. Damit stoßen sie an die obere Grenze zur negativ beeinflußten Laune. Die Grenze zur klinischen Depression zieht der Test allerdings erst bei 17.

Die Wissenschaftler, die ihre Ergebnisse am 12. Juli 1999 in Evolution und Human Behaviour veröffentlichten, haben für diese Beobachtungen auch eine wissenschaftliche Erklärung parat: Die Entwicklung der Finger im Mutterleib wird von denselben Genen gesteuert wie die Ausbildung der Keimdrüsen. Hohe Testosterongehalte in den Föten scheinen bei Männern zu langen Fingern zu führen. Außerdem gibt es Hinweise, daß hohe Konzentrationen des männlichen Sexualhormons vor der Geburt mit einer Reihe von psychologischen Störungen verbunden sein können. Die Wissenschaftler schließen daher aus ihren Ergebnissen, daß bei männlichen Föten durch zu hohe Testosterongehalte eine Veranlagung zu späteren Depressionen entstehen kann. Da Frauen keinen "Fingereffekt" zeigen, gehen Manning und seine Kollegen davon aus, daß bei ihnen Depressionen andere Ursachen haben.

Der Evolutionsbiologe Robert Trivers vom Rutgers University Center for Human Evolutionary Studies ist von den Ergebnissen begeistert. Seiner Aussage nach ist der männliche Ringfinger inzwischen ein beliebtes Studienobjekt geworden. So ist aus anderen Untersuchungen bekannt, daß Männer mit einem langen Ringfinger häufiger Linkshänder sind. Außerdem läßt der "Langfinger" auf eine größere Fruchtbarkeit schließen. Manning zufolge hat sein Forschungsteam auch einen Bezug zur musikalischen Begabung entdecken können. Auch das führt er auf höhere Testosterongehalte im Fötus zurück, da das Hormon das Wachstum der rechten Gehirnhälfte fördert. Und – ein langer Ringfinger ist auch noch ein gutes Zeichen: Er bescheinigt ein geringeres Risiko für Herzinfarkte.

Ob er wohl wegen seiner Informationsfülle als Träger für das Symbol der lebenslangen Verbundenheit auserwählt wurde?

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