Neues Metamaterial: Lauschangriff unter Wasser
Physiker haben ein Material entwickelt, mit dem sich Töne aus der Unterwasserwelt besser hörbar machen lassen. Bisher gelangen Geräusche aus dem Ozean nur stark abgeschwächt an die Oberfläche, da ein Großteil der Schallwellen an der Grenzschicht zwischen Wasser und Luft reflektiert wird. Grund hierfür sind die stark verschiedenen Dichten von Luft und Wasser, durch die sich Schallwellen in den beiden Medien mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten.
Prinzipiell kann man die Übertragung von einem Medium ins andere verbessern, indem man an der Grenzfläche ein Übergangsmaterial mit einer mittleren Dichte platziert. Deshalb schmiert ein Arzt vor einer Ultraschalluntersuchung ein zähes Gel auf die Haut, das mehr Wellen in den Körper eindringen lässt. Allerdings war dieses Prinzip – Experten sprechen von "Widerstandsanpassung" – bei Wasser-Luft-Übergängen bislang nur bedingt anwendbar, da man keinen Stoff kannte, der sich durch seine Übertragungseigenschaften als Botschafter zwischen den extrem verschiedenen Substanzen anbieten würde.
Ein Team um Sam H. Lee von der Yonsei University in Seoul, Südkorea, hat dieses Problem nun gelöst, indem es kurzum ein Material maßgeschneidert hat. Genauer: ein zweidimensionales Metamaterial. Darunter verstehen Wissenschaftler eine hauchdünne Schicht, die genau auf die Eigenschaften der zu beeinflussenden Wellen zugeschnitten wurde.
Lee und seine Kollegen überlegten zunächst, welche Charakteristika eine Schicht haben müsste, um Schallwellen in einem Metallzylinder optimal von Wasser in Luft zu übertragen. Die Berechnungen der Forscher ergaben, dass ein Plättchen mit einer Dicke von etwa 0,003 Schallwellenlängen den gewünschten Effekt erzielen müsste: Trifft eine Unterwasserschallwelle an der Grenzfläche zwischen Wasser und Luft das 60-Milligramm-Plättchen, wird es so zu Schwingungen angeregt, dass die Welle nach kurzer Zeit in die Luft abgestrahlt wird.
Die Wissenschaftler konnten letztlich zeigen, dass dieses Konzept tatsächlich funktioniert, wenn man das Plättchen in eine in mehrere Kammern aufgeteilte Gummimembran einbettet. In ihrem Laborexperiment ließen sie eine Unterwasserschallwelle durch ein Röhrchen samt solch einer Membran laufen, wobei 30 Prozent der ursprünglichen Lautstärke erhalten blieben. Ohne Metamaterial wären nur 0,1 Prozent des Schalls an die Luft gedrungen, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift "Physical Review Letters". Allerdings funktionierte der Trick im Experiment der Forscher nur für einen schmalen Frequenzbereich um 700 Hertz.
Indem man das Design des Metamaterials leicht verändere, könne man mit dem Effekt aber auch andere Frequenzen ansteuern, argumentieren die Wissenschaftler. Im besten Fall lassen sich mit der Technik irgendwann Unterwassermikrofone verbessern, die bislang nur einen Bruchteil der Sensitivität von Luftmikrofonen erreichen. So könnte man beispielsweise ein gewöhnliches Mikrofon in einen Behälter stecken, dessen Oberfläche aus lauter Membranröhrchen besteht. Berechnungen der Forscher deuten darauf hin, dass solch ein Apparat zehnmal mehr Schall aus der Tiefe des Ozeans übertragen würde als gegenwärtige Hydrofone.
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