Sprache: Lautempfänglich
Bis aus dem ersten Brabbeln verständliche Sätze werden, geht einige Zeit ins Land. Verstehen allerdings, was Erwachsene so von sich geben, können Kinder schon viel früher. Und sich eine Lautabfolge merken - auch ohne den Inhalt zu erfassen - ist gar für Säuglinge nur Kinderkram.
"Schaust Du mal nach der Kleinen? Dann geh ich schnell duschen", spricht die Freundin und verschwindet durch die Tür. Kein Problem, denkt sich meinereins, die Viertelstunde kommen wir schon zusammen über die Runden. Erstes Bilderbuchinteresse ist da, ein Garten will erkundet werden, Guckguck-Spielchen über die Sofalehne sorgten auch schon für Begeisterung. Doch Pustekuchen. Kaum klackt die Klinke, stehen vor mir – wenn auch noch wacklig – achtzig Zentimeter geballter Unmut: "Mama!" Zwei Silben, deren Tonfall besser als jede psychologische Abhandlung ausdrückt: "Das passt mir nicht!"
Bevor Kinder erste Worte finden, bleiben ihnen nur unartikulierte Laute, um Befinden und Bedürfnisse auszudrücken. Über Mundgymnastik und Brabbeln lernen die Knirpse jedoch schnell die ersten Begriffe, etwa ab dem zweiten Geburtstag folgen Zwei-Wort-Sätze und mit ihnen das berühmte "Warum?". Mit vier Jahren werden zwar noch viele Worte vereinfacht, und Sätze wimmeln häufig von Fehlern, aber das Prinzip ihrer Muttersprache ist den Kleinen längst klar.
Angesichts dieser Lerngeschwindigkeit fragen sich Forscher schon lange, inwieweit das menschliche Gehirn ganz besonders auf den Spracherwerb ausgerichtet ist: Gibt es spezifische Spracherwerbseinrichtungen? Oder ist Sprechen lernen ein fortschreitendes Erkennen und Nachahmen von regelmäßigen Mustern?
Ghislaine Dehaene-Lambertz vom Staatlichen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung in Orsay südlich von Paris und ihre Kollegen gehören zu jenen Wissenschaftlern, welche die Frage mittels Blicken ins Gehirn besonders junger Probanden klären wollen. Für ihre letzte Studie baten sie zehn Eltern mit ihren drei Monate alten Kindern zur Vorlesestunde. Während sie den Kleinen nahezu theatralisch artikulierte Sätze aus einer Kindergeschichte vorspielten, erfassten sie die Hirnaktivität mit funktioneller Magnetresonanztomografie.
Doch noch etwas fiel auf: Als die Wissenschaftler den Kleinen nach einer Pause einen Satz ein zweites Mal vorspielten, regte sich verstärkt das Broca-Areal. Bei Erwachsenen hängt dieses Sprachzentrum zusammen mit der Sprachproduktion – sowohl innerlichem als auch hörbarem Sprechen – und einem verbalen Kurzzeitgedächtnis. Alles Prozesse, die bei einem drei Monate alten Säugling etwas verfrüht erscheinen. Und doch zeigten schon acht Wochen alte Babys, dass sie Lautunterschiede in Sätzen erkennen und auch auf Wortumstellungen reagieren.
Die Kleinen in Dehaene-Lambertz' Studie nutzten demnach wohl schon die Gedächtnisfunktion des Areals. Dass sie die Region dabei stärker aktivieren, während bei Erwachsenen die Reaktion auf etwas bereits Gehörtes eher schwächer ausfällt, könnte an noch nicht ausgereiften Kapazitäten liegen, spekulieren die Forscher.
Alles in allem bleiben die Wissenschaftler allerdings vorsichtig. Zwar habe man gezeigt, dass bei Säuglingen bereits dieselben Hirnareale mit vergleichbarer zeitlicher Verzögerung wie bei Erwachsenen auf Sprache reagieren, ob dahinter aber bereits ein ausgereiftes Netz von Sprachzentren steckt, sei damit natürlich nicht bewiesen. Schließlich wisse man bislang nicht, ob diese Regionen sich nicht auch bei anderen, nicht sprachlichen Umweltreizen regten. Erst nach Klärung dieser Frage zeichne sich ab, ob es sich um etwas Sprachspezifisches handle oder mehr um Lernprozesse im Allgemeinen, die sich an das häufigste Geräusch anpassen, das Kleine in ihrer Welt so hören: die Stimmen anderer.
Bevor Kinder erste Worte finden, bleiben ihnen nur unartikulierte Laute, um Befinden und Bedürfnisse auszudrücken. Über Mundgymnastik und Brabbeln lernen die Knirpse jedoch schnell die ersten Begriffe, etwa ab dem zweiten Geburtstag folgen Zwei-Wort-Sätze und mit ihnen das berühmte "Warum?". Mit vier Jahren werden zwar noch viele Worte vereinfacht, und Sätze wimmeln häufig von Fehlern, aber das Prinzip ihrer Muttersprache ist den Kleinen längst klar.
Angesichts dieser Lerngeschwindigkeit fragen sich Forscher schon lange, inwieweit das menschliche Gehirn ganz besonders auf den Spracherwerb ausgerichtet ist: Gibt es spezifische Spracherwerbseinrichtungen? Oder ist Sprechen lernen ein fortschreitendes Erkennen und Nachahmen von regelmäßigen Mustern?
Ghislaine Dehaene-Lambertz vom Staatlichen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung in Orsay südlich von Paris und ihre Kollegen gehören zu jenen Wissenschaftlern, welche die Frage mittels Blicken ins Gehirn besonders junger Probanden klären wollen. Für ihre letzte Studie baten sie zehn Eltern mit ihren drei Monate alten Kindern zur Vorlesestunde. Während sie den Kleinen nahezu theatralisch artikulierte Sätze aus einer Kindergeschichte vorspielten, erfassten sie die Hirnaktivität mit funktioneller Magnetresonanztomografie.
In einer früheren Studie hatten die Forscher bereits festgestellt, dass sich schon bei drei Monate alten Kindern bestimmte Areale in der linken Hirnhälfte regen, die auch bei Erwachsenen während der Sprachverarbeitung ansprechen. Dieses Mal verfolgten Dehaene-Lambertz und ihre Mitarbeiter, wie sich die Aktivierung im Gehirn der Knirpse ausbreitete – und fanden wieder ein Muster, das sie von Erwachsenen kennen: In den oberen Bereichen des Schläfenlappens beobachteten sie charakteristische Verzögerungen, die tatsächlich auf eine strukturierte, hierarchische Verarbeitung hindeuten.
Doch noch etwas fiel auf: Als die Wissenschaftler den Kleinen nach einer Pause einen Satz ein zweites Mal vorspielten, regte sich verstärkt das Broca-Areal. Bei Erwachsenen hängt dieses Sprachzentrum zusammen mit der Sprachproduktion – sowohl innerlichem als auch hörbarem Sprechen – und einem verbalen Kurzzeitgedächtnis. Alles Prozesse, die bei einem drei Monate alten Säugling etwas verfrüht erscheinen. Und doch zeigten schon acht Wochen alte Babys, dass sie Lautunterschiede in Sätzen erkennen und auch auf Wortumstellungen reagieren.
Die Kleinen in Dehaene-Lambertz' Studie nutzten demnach wohl schon die Gedächtnisfunktion des Areals. Dass sie die Region dabei stärker aktivieren, während bei Erwachsenen die Reaktion auf etwas bereits Gehörtes eher schwächer ausfällt, könnte an noch nicht ausgereiften Kapazitäten liegen, spekulieren die Forscher.
Alles in allem bleiben die Wissenschaftler allerdings vorsichtig. Zwar habe man gezeigt, dass bei Säuglingen bereits dieselben Hirnareale mit vergleichbarer zeitlicher Verzögerung wie bei Erwachsenen auf Sprache reagieren, ob dahinter aber bereits ein ausgereiftes Netz von Sprachzentren steckt, sei damit natürlich nicht bewiesen. Schließlich wisse man bislang nicht, ob diese Regionen sich nicht auch bei anderen, nicht sprachlichen Umweltreizen regten. Erst nach Klärung dieser Frage zeichne sich ab, ob es sich um etwas Sprachspezifisches handle oder mehr um Lernprozesse im Allgemeinen, die sich an das häufigste Geräusch anpassen, das Kleine in ihrer Welt so hören: die Stimmen anderer.
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