Sprache: Lautlose Kontrolle
Wahrscheinlich sind wir selbst unsere aufmerksamsten Zuhörer: Unser Hörsinn spielt eine wichtige Kontrollinstanz für das, was wir von uns geben, und lässt den Sprachapparat gegebenfalls nachjustieren. Das gelingt auch Gehörlosen über andere Quellen - aber wie gut?
Schon ein kräftiger Schnupfen genügt, um den Höreindruck der eigenen Stimme massiv zu verfälschen – ganz fremd kommt sie einem vor. Und manche mögen sich noch daran erinnern, wie merkwürdig die ersten Worte mit einer neu eingesetzten Zahnspange klangen und wie man sich Zunge und Kiefer verbog, um wieder vertraute Töne zu erzeugen. Ähnliches gilt für Fremdsprachen, in denen wir durch die Rückkopplung über die eigenen Ohren die Mundbewegungen immer weiter perfektionieren, um den verräterischen Akzent loszuwerden.
Unser Hörsinn gehört zu den wichtigsten Kontrolleuren des eigenen Sprachvermögens. Doch ist er nicht allein: Auch Reize aus der Eigenwahrnehmung, von Muskeln stammend, und Informationen von Mechanorezeptoren in der Haut sowie dem Gewebe des Stimmapparates liefern wertvolle Hinweise, wie das so klingt, was wir gerade artikulieren.
Dass es auch ohne Audiosignale geht, beweisen Gehörlose: Viele von ihnen beherrschen neben der Gebärden- auch die gesprochene Sprache, und das so perfekt, dass einem Gegenüber das fehlende Hörvermögen des Gesprächspartners durchaus entgehen kann. Insbesondere, wenn die Betroffenen erst spät ihr Hören eingebüßt haben, ist ihnen das jahrelang nicht anzumerken.
Sazzad Nasir und David Ostry von der McGill University in Montreal wollten nun wissen, welche Rolle der Hörsinn neben der Kontrolle der eigenen Worte beim Erlernen neuer Artikulationsmuster spielt – und wählten daher fünf Probanden fortgeschrittenen Alters, die erst als Erwachsene ertaubt oder schwer hörbehindert geworden waren und somit eine normale Sprachentwicklung durchlebt hatten. Vier von ihnen besaßen ein Cochlea-Implantat, das eintreffende Schallwellen direkt an den Hörnerv weitergibt und so ein grundlegendes Hören möglich macht. In den Experimenten waren diese Hörprothesen jedoch abgeschaltet – die eigene Stimme kam den Teilnehmern also nicht zu Hilfe. Den sechs Kontrollpersonen dagegen schon.
Das war allen Gehörlosen schnell und bestens gelungen – aber nur vier von den sechs Hörenden. Womöglich spiegle sich darin wider, dass Menschen mit Hörverlust empfindlicher auf die nicht akustische Rückkopplung beim Sprechen reagieren, spekulieren die Wissenschaftler.
Dagegen spricht, dass die Anpassung in beiden Gruppen vergleichbar gut war und nicht etwa in der Gruppe der Hörbehinderten um ein Deutliches besser. Daher sei es vielleicht auch einfach nur eine Frage individueller Unterschiede und Vorlieben. Jene, denen die Korrektur der eigenen Kieferbewegungen nicht gelungen war, verließen sich daher womöglich stärker auf das Gehörte – und da sich darin ja keine großen Unterschiede ergeben hatten, hielten sie eine Anpassung dann nicht für notwendig.
Als sie ihre Probanden wieder von der Mundapparatur befreiten, beobachteten die Forscher übrigens zunächst eine Überkompensation in der Kieferbewegung. Sie verlor sich aber ebenso schnell wieder wie die vorangegangene Anpassung an die Kiefermanipulation.
Und worin besteht nun der Clou der Sache? "Wir haben herausgefunden, dass Menschen sich sehr schnell auf somatosensorische Reize verlassen und auf die Hörbahn verzichten können", erklären Nasir und Ostry – schließlich hatten die Implantatträger ihre Hörprothese nur wenige Minuten zuvor erst ausgeschaltet. "Die Gewichtung der sensorischen Informationen untereinander ist also offenbar nicht festgelegt und scheint sich sehr schnell anpassen zu lassen, wenn es nötig wird."
Unser Hörsinn gehört zu den wichtigsten Kontrolleuren des eigenen Sprachvermögens. Doch ist er nicht allein: Auch Reize aus der Eigenwahrnehmung, von Muskeln stammend, und Informationen von Mechanorezeptoren in der Haut sowie dem Gewebe des Stimmapparates liefern wertvolle Hinweise, wie das so klingt, was wir gerade artikulieren.
Dass es auch ohne Audiosignale geht, beweisen Gehörlose: Viele von ihnen beherrschen neben der Gebärden- auch die gesprochene Sprache, und das so perfekt, dass einem Gegenüber das fehlende Hörvermögen des Gesprächspartners durchaus entgehen kann. Insbesondere, wenn die Betroffenen erst spät ihr Hören eingebüßt haben, ist ihnen das jahrelang nicht anzumerken.
Sazzad Nasir und David Ostry von der McGill University in Montreal wollten nun wissen, welche Rolle der Hörsinn neben der Kontrolle der eigenen Worte beim Erlernen neuer Artikulationsmuster spielt – und wählten daher fünf Probanden fortgeschrittenen Alters, die erst als Erwachsene ertaubt oder schwer hörbehindert geworden waren und somit eine normale Sprachentwicklung durchlebt hatten. Vier von ihnen besaßen ein Cochlea-Implantat, das eintreffende Schallwellen direkt an den Hörnerv weitergibt und so ein grundlegendes Hören möglich macht. In den Experimenten waren diese Hörprothesen jedoch abgeschaltet – die eigene Stimme kam den Teilnehmern also nicht zu Hilfe. Den sechs Kontrollpersonen dagegen schon.
Während nun die Freiwilligen kurzsilbige Wörter von einem Monitor ablasen, wurde ihnen mittels eines Roboterarms, der an den unteren Schneidezähnen befestigt war, der Kiefer "entgleist" – allerdings nur um wenige Millimeter nach vorn, so dass sich die hörbare Verzerrung in Grenzen hielt. Im Selbstgefühl jedoch entstand ein deutlicher Unterschied. Nach 300 Übungsrunden prüften die Forscher, inwieweit sich ihre Testpersonen an den neuen Bewegungsablauf angepasst und zur alten Aussprache zurückgefunden hatten.
Das war allen Gehörlosen schnell und bestens gelungen – aber nur vier von den sechs Hörenden. Womöglich spiegle sich darin wider, dass Menschen mit Hörverlust empfindlicher auf die nicht akustische Rückkopplung beim Sprechen reagieren, spekulieren die Wissenschaftler.
Dagegen spricht, dass die Anpassung in beiden Gruppen vergleichbar gut war und nicht etwa in der Gruppe der Hörbehinderten um ein Deutliches besser. Daher sei es vielleicht auch einfach nur eine Frage individueller Unterschiede und Vorlieben. Jene, denen die Korrektur der eigenen Kieferbewegungen nicht gelungen war, verließen sich daher womöglich stärker auf das Gehörte – und da sich darin ja keine großen Unterschiede ergeben hatten, hielten sie eine Anpassung dann nicht für notwendig.
Als sie ihre Probanden wieder von der Mundapparatur befreiten, beobachteten die Forscher übrigens zunächst eine Überkompensation in der Kieferbewegung. Sie verlor sich aber ebenso schnell wieder wie die vorangegangene Anpassung an die Kiefermanipulation.
Und worin besteht nun der Clou der Sache? "Wir haben herausgefunden, dass Menschen sich sehr schnell auf somatosensorische Reize verlassen und auf die Hörbahn verzichten können", erklären Nasir und Ostry – schließlich hatten die Implantatträger ihre Hörprothese nur wenige Minuten zuvor erst ausgeschaltet. "Die Gewichtung der sensorischen Informationen untereinander ist also offenbar nicht festgelegt und scheint sich sehr schnell anpassen zu lassen, wenn es nötig wird."
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