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News: Lautstärkeregler

Wer sich mit Hilfe von selbst ausgesendeten Schallsignalen orientiert, muss aufpassen, dass er nicht das eigene Gehör schädigt. Fledermäuse etwa regeln die Empfindlichkeit des Empfängers - ihrer Ohren. Delphine drehen dagegen an der Lautstärke ihrer Klicks.
Leben im Dunkeln musste sich andere Orientierungshilfen suchen als Licht, um Beute aufzuspüren, Rivalen zu erkennen und nicht über Hindernisse zu stolpern. Als geeignete Methode haben sich Schallwellen erwiesen: Der Zeitabstand zwischen dem Aussenden des Signals und dem Eintreffen seines Echos liefert den Tieren einen genauen dreidimensionalen Eindruck von ihrer Umgebung, ein detailliertes Hörbild.

Allerdings gibt es da ein Problem: Soll das Signal eine gute Strecke zurücklegen, muss es sehr laut sein – und könnte damit die eigenen Ohren schädigen, die höchst empfindlich sind, um auch das leiseste Echo noch zu registrieren. Fledermäuse lösen diese Zwickmühle, indem sie sich zum Zeitpunkt des Schreis innerlich selbst die Ohren zuhalten: Sie kontrahieren Muskeln des Mittelohrs und schrauben damit die Empfindlichkeit des Organs drastisch herunter. Wenn sich die Muskeln anschließend langsam wieder entspannen, verbessert sich auch das Hörvermögen kontinuierlich, bis es die vorherige Schwelle erreicht. So garantieren die Nachtjäger, dass sie die eintreffenden Echos – die umso leiser sind, je später sie zurückkommen – immer wahrnehmen können, ohne aber einen Hörschaden zu riskieren.

Delphine müssen diese Angelegenheit ebenfalls regeln. Ihr Ohr ist allerdings so komplex und verknöchert gebaut, dass ein innerer Ohrstöpsel nach Fledermausart nicht möglich ist, ihr Empfänger bleibt also immer gleich empfindlich. Also drehen sie an der Lautstärke der ausgesendeten Signale, stellten Whitlow Au und Kelly Benoit-Bird von der University of Hawaii fest – die Klicks der Meeressäuger werden leiser, je schneller das Signal zurückkommt. So können sie immer gefahrlos ihre Ohren spitzen, selbst wenn die reflektierten Schallwellen nur wenig abgeschwächt wurden.

Die Wissenschaftler kamen der Lautstärkeregelung auf die Spur, indem sie mit Unterwassermikrophonen die Klicks verschiedener Delphinarten und Killerwale aufzeichneten. Bewegten sich die Tiere genau auf die Mikrophonanordnung zu, schraubten die Tiere mit Halbierung der Strecke die Lautstärke der Signale um jeweils sechs Dezibel herunter. Das ist bestens abgestimmt auf das wilde Durcheinander von Schallwellen im Echo von Fischschwärmen: Sie tönen den Tieren nun immer gleich laut im Ohr. Nähert sich ein Delphin einem einzelnen Beutetier, würde sich das reflektierte Signal zwar leicht verstärken, aber bei weitem nicht so heftig wie ohne Dreh am ausgesendeten Klick.

Die Delphine und Killerwale regulieren die Lautstärke wohl nicht bewusst, erklären die Forscher. Sie vermuten eher, dass es in der Lauterzeugung selbst begründet liegt. Typischerweise senden die Meeressäuger den nächsten Klick erst, wenn sie das Echo vernommen haben. Je näher nun das reflektierende Objekt ist, desto schneller trifft auch das Echo im Ohr ein, wodurch sich die Klickrate erhöht. Falls die Tiere nun die akustische Energie konstant halten, bleibt bei einer schnelleren Wiederholungsrate immer weniger pro Einzelklick übrig, und die Lautstärke sinkt.

Also kein Drehen am Empfang, wie das Ohren zuhalten der Fledermäuse, sondern ein Drehen am Sender schützt die lebensnotwendigen Navigationsorgane der Delphine. Zwei Wege, die zum selben Ziel führen – und das gleichermaßen effektiv.

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