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Ediacara-Fauna: Lebende Luftmatratzen bevorzugten Armut

Wo die bizarren Kreaturen aus der Zeit vor der Entwicklung moderner Tiere lebten, konnten sonst nur noch Bakterien existieren: Nährstoffe waren Mangelware.
Dickinsonia costata

Sie waren die ersten wirklich großen Organismen der Erde – und verschwanden später spurlos. Bis heute ist die Ediacara-Fauna rätselhaft: Woher die Lebewesen kamen, wie sie lebten und sogar was sie überhaupt waren, ist umstritten. Nun präsentiert eine Arbeitsgruppe um Andrey Bekker von der University of California chemische Indizien dafür, dass die mysteriösen Ur-Organismen in extrem nährstoffarmen Ökosystemen lebten. Ihre Fossilien geben Rätsel auf. Es handelte sich, so viel scheint klar, um zentimetergroße, am Meeresboden lebende Wesen. Manche sahen aus wie Farnwedel, andere scheinen aus Segmenten bestanden zu haben. Doch sie sind so fremdartig, dass selbst über ihre Lebensweise kaum etwas bekannt ist.

Neues über ihre Umwelt berichtet nun Bekkers Team in »Nature Communications«. Demnach enthalten Gesteinsschichten mit den Überresten der seltsamen Kreaturen weit mehr bakterielle Membranbausteine als andere Gesteine der Periode. Also müssen diesen Meeresregionen bestimmte Faktoren oder Nährstoffe gefehlt haben, die für Algen und ähnliche höhere Einzeller wichtig waren. Womöglich ist das auch eine Erklärung, weshalb die Ediacara-Organismen so spurlos verschwanden: Mit der »Kambrischen Explosion« vor etwa 540 Millionen Jahren und dem Auftreten komplexer Vielzeller verschwanden solche bakteriendominierten Ökosysteme fast komplett.

Die typischen Vertreter der Ediacara-Fauna, die vor etwa 580 Millionen Jahren auftrat und 40 Millionen Jahre existierte, ähnelten keiner nach ihnen folgenden Lebensform. Ob sie gigantische Einzeller waren, frühe Tiere oder gar Pilze, ist bisher nicht endgültig geklärt. Ihr Lebensstil scheint sich jedoch deutlich von dem anderer Eukaryoten oder gar früher Tiere unterschieden zu haben – die nämlich kamen in ihrer Umwelt kaum vor. Das zeigen die Mengenverhältnisse zweier langkettiger Kohlenwasserstoffe, der Hopane und Sterane, die Bekker und seine Gruppe in den Gesteinen analysierten. Erstere sind typisch für Bakterien, Letztere für Eukaryoten wie zum Beispiel planktonische Algen, die zur Zeit der Ediacara-Fauna bereits große Teile der Ozeane besiedelten.

Nicht aber die Heimat der mysteriösen Kreaturen. Die Sedimente enthalten ungewöhnlich hohe Konzentrationen an Hopanen, die auf Bakterien hinweisen. Gleichzeitig deutet vieles darauf hin, dass die Produktivität dieser Regionen niedrig war; in nährstoffreicheren Regionen jener Zeit habe man dagegen keine Überreste der Ediacara-Wesen gefunden, so die Arbeitsgruppe. Vermutlich waren die Kreaturen also bereits vor ihrem Ende auf spezielle nährstoffarme Nischen beschränkt. Womöglich war ihre Zeit vorbei, als Algen und andere Lebewesen lernten, mit den Bedingungen dieser Lebensräume umzugehen.

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