News: Lebendes Antibiotikum
Das Geheimnis liegt in den Genen: Erstmals konnte jetzt die komplette Genomsequenz des räuberischen Bakteriums Bdellovibrio bacteriovorus aufgeklärt werden. Welche Möglichkeiten sich daraus für die Wissenschaft ergeben, das haben Forscher jetzt herausgefunden.
Ein besonders faszinierender bakterieller "Räuber" ist Bdellovibrio bacteriovorus. Er heftet sich an bestimmte Wirtsbakterien an, dringt in diese ein und verzehrt seinen Wirt von innen heraus. Mit der Aufklärung der Gensequenz wollen die Forscher jenen molekularen Mechanismen auf die Schliche kommen, die das Bakterium zur Jagd auf andere Bakterien einsetzt. Erkenntnisse über diesen vermutlich viele Millionen Jahre alten Prozess könnten in Zukunft dazu beitragen, neue anti-mikrobielle Substanzen zu entwickeln. Diese würden nicht auf den bisher bekannten Strukturen herkömmlicher chemischer Antibiotika beruhen, sondern aus den Proteinsequenzen abgeleitet werden, die durch die Genomaufklärung von Bdellovibrio vorhergesagt wurden. Ferner schlagen die Wissenschaftler vor, das Bakterium selbst derart zu modifizieren, dass es als "lebendes Antibiotikum" eingesetzt werden kann.
In seiner ersten Lebensphase schwimmt Bdellovibrio mit hoher Geschwindigkeit frei herum und versucht seine Beute durch den Gebrauch seiner chemischen Rezeptoren zu orten. Ist der Räuber erst einmal mit einem potenziellen Wirt zusammengestoßen, heftet er sich reversibel an diesen an – nicht ohne sich zu versichern, dass es sich auch um eine geeignete Beute handelt. Dieser Erkennungsmechanismus wird sehr wahrscheinlich durch ein Pilus-System vermittelt, einen Multi-Funktions-Fortsatz, der von einem Ende der Bakterienzelle ausgeht. Dieses System besteht aus langen Fasern, die zum einen in der Lage sind, Stoffe zu transportieren, zum anderen von der Bdellovibrio-Zelle wie ein Greifarm mechanisch wieder eingeholt werden können. Auf diese Art und Weise zieht sich der Räuber zuerst an seine Beute heran, um dann – nachdem er die äußere Membran der Wirtszelle mit einem Enzym-Cocktail zersetzt hat – in diese einzudringen. Der Eindringling nistet sich dann in einem Kompartiment ein, das zwischen der gerade überwundenen äußeren Membran und der das Zytoplasma umschließenden inneren Membran liegt. An dieser Position kann Bdellovibrio nun verweilen, da sich die Eintrittsöffnung wieder verschließt und das Wirtsbakterium lebensfähig bleibt.
In der Regel tritt Bdellovibrio in der Wirtszelle sofort in seine Wachstumsphase ein, wofür es Aminosäuren benötigt, die es jedoch selbst nicht herstellen kann. Vielmehr erzeugt das Bakterium diese Aminosäuren und andere Nährstoffe durch den Abbau von Biopolymeren aus dem Zytoplasma seiner Wirtszelle. Auf diese Weise wird das Zytosol des Wirts völlig verzehrt, während die räuberische Zelle sich gleichzeitig immer mehr verlängert. Sind alle Wirtsressourcen aufgebraucht, differenziert sich diese "Mutterzelle" in bis zu 15 neue Angriffszellen, die wiederum in der Lage sind, sich schwimmend fortzubewegen, Beute aufzuspüren und anzugreifen.
Die Analyse des Bakterien-Genoms hat gezeigt, dass dieser Organismus eine Vielzahl von Enzymen besitzt, die komplexe Biopolymere wie Proteine, Zucker, DNA und RNA des bakteriellen Wirts zersetzen können. In Zusammenarbeit mit anderen Forschergruppen werden die Wissenschaftler deshalb versuchen, jene Ziele in der Wirtszelle zu identifizieren, die sich in dieser Jahrmillionen alten Räuber-Beute-Beziehung zwischen den Bakterien als effektive Angriffsziele herausgestellt haben. Hierbei sollen auch die in diesem Prozess zum Einsatz kommenden Enzyme und deren Wirkungsweise untersucht werden. Schon aus den jetzt vorliegenden Forschungsergebnissen wird jedoch klar, dass es sich bei diesen Angriffspunkten um zelluläre Systeme in der Wirtszelle handelt, die von den heute eingesetzten chemischen Antibiotika als Wirkungsort vernachlässigt werden.
Noch weiter in die Zukunft der antimikriobiellen Strategien zeigt jedoch der Vorschlag, das Raubbakterium selbst als lebendes Antibiotikum einzusetzen. Dies erscheint den Wissenschaftlern möglich, weil Bdellovibrio nicht in der Lage ist, eukaryotische – und insbesondere Säugetierzellen – zu befallen. Zudem konnten die Wissenschaftler zeigen, dass das Bakterium eine Oberfläche besitzt, die in Tierversuchen keine Reaktion des Immunsystems hervorruft. Zusammen mit der Tatsache, dass sich Bdellovibrio in den selben Geweben gewegen kann, die von den für Menschen gefährlichen Bakterien besiedelt werden, erscheint diese Strategie sehr erfolgversprechend.
In seiner ersten Lebensphase schwimmt Bdellovibrio mit hoher Geschwindigkeit frei herum und versucht seine Beute durch den Gebrauch seiner chemischen Rezeptoren zu orten. Ist der Räuber erst einmal mit einem potenziellen Wirt zusammengestoßen, heftet er sich reversibel an diesen an – nicht ohne sich zu versichern, dass es sich auch um eine geeignete Beute handelt. Dieser Erkennungsmechanismus wird sehr wahrscheinlich durch ein Pilus-System vermittelt, einen Multi-Funktions-Fortsatz, der von einem Ende der Bakterienzelle ausgeht. Dieses System besteht aus langen Fasern, die zum einen in der Lage sind, Stoffe zu transportieren, zum anderen von der Bdellovibrio-Zelle wie ein Greifarm mechanisch wieder eingeholt werden können. Auf diese Art und Weise zieht sich der Räuber zuerst an seine Beute heran, um dann – nachdem er die äußere Membran der Wirtszelle mit einem Enzym-Cocktail zersetzt hat – in diese einzudringen. Der Eindringling nistet sich dann in einem Kompartiment ein, das zwischen der gerade überwundenen äußeren Membran und der das Zytoplasma umschließenden inneren Membran liegt. An dieser Position kann Bdellovibrio nun verweilen, da sich die Eintrittsöffnung wieder verschließt und das Wirtsbakterium lebensfähig bleibt.
In der Regel tritt Bdellovibrio in der Wirtszelle sofort in seine Wachstumsphase ein, wofür es Aminosäuren benötigt, die es jedoch selbst nicht herstellen kann. Vielmehr erzeugt das Bakterium diese Aminosäuren und andere Nährstoffe durch den Abbau von Biopolymeren aus dem Zytoplasma seiner Wirtszelle. Auf diese Weise wird das Zytosol des Wirts völlig verzehrt, während die räuberische Zelle sich gleichzeitig immer mehr verlängert. Sind alle Wirtsressourcen aufgebraucht, differenziert sich diese "Mutterzelle" in bis zu 15 neue Angriffszellen, die wiederum in der Lage sind, sich schwimmend fortzubewegen, Beute aufzuspüren und anzugreifen.
Die Analyse des Bakterien-Genoms hat gezeigt, dass dieser Organismus eine Vielzahl von Enzymen besitzt, die komplexe Biopolymere wie Proteine, Zucker, DNA und RNA des bakteriellen Wirts zersetzen können. In Zusammenarbeit mit anderen Forschergruppen werden die Wissenschaftler deshalb versuchen, jene Ziele in der Wirtszelle zu identifizieren, die sich in dieser Jahrmillionen alten Räuber-Beute-Beziehung zwischen den Bakterien als effektive Angriffsziele herausgestellt haben. Hierbei sollen auch die in diesem Prozess zum Einsatz kommenden Enzyme und deren Wirkungsweise untersucht werden. Schon aus den jetzt vorliegenden Forschungsergebnissen wird jedoch klar, dass es sich bei diesen Angriffspunkten um zelluläre Systeme in der Wirtszelle handelt, die von den heute eingesetzten chemischen Antibiotika als Wirkungsort vernachlässigt werden.
Noch weiter in die Zukunft der antimikriobiellen Strategien zeigt jedoch der Vorschlag, das Raubbakterium selbst als lebendes Antibiotikum einzusetzen. Dies erscheint den Wissenschaftlern möglich, weil Bdellovibrio nicht in der Lage ist, eukaryotische – und insbesondere Säugetierzellen – zu befallen. Zudem konnten die Wissenschaftler zeigen, dass das Bakterium eine Oberfläche besitzt, die in Tierversuchen keine Reaktion des Immunsystems hervorruft. Zusammen mit der Tatsache, dass sich Bdellovibrio in den selben Geweben gewegen kann, die von den für Menschen gefährlichen Bakterien besiedelt werden, erscheint diese Strategie sehr erfolgversprechend.
© Max-Planck-Gesellschaft
Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ist eine vorwiegend von Bund und Ländern finanzierte Einrichtung der Grundlagenforschung. Sie betreibt rund achtzig Max-Planck-Institute.
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