Legendäres Polarforschungsschiff: Wrack der »Endurance« entdeckt
Acht Monate lang hatte die »Endurance« dem Druck des antarktischen Packeises getrotzt, schließlich gab sie nach: Das Eis zerquetschte den Rumpf an der Seite, Wasser drang in ihr Inneres, und am 21. November 1915 versank sie in die Tiefe. Als sich das Eis über der Lücke geschlossen hatte, waren alle Spuren ihrer Existenz verwischt. Bis nun im März 2022, 107 Jahre später, die Kamera eines ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugs das außergewöhnlich gut erhaltene Wrack aufspürte.
Gesteuert wurde die Drohne vom südafrikanischen Polarforschungs- und Logistikschiff »S.A. Agulhas II«, das sich im Rahmen der Expedition Endurance22 von Kapstadt aus auf die Reise in die Antarktis gemacht hatte. Das Wrack sei genau in dem Areal gefunden worden, das vorab definiert worden war, heißt es in einer Mitteilung über den Fund. Den besten Anhaltspunkt für die Suche hatte der einstige Kapitän der »Endurance« Frank Worsley selbst gegeben, indem er vergleichsweise präzise die Koordinaten des Untergangs notierte.
Dennoch galt die »Endurance« als eines der unzugänglichsten Wracks der Welt, einfach auf Grund ihrer Lage, die Shackleton selbst als »den schlimmsten Teil im schlimmsten Meer der Welt« beschrieb. Bereits 2021 hatte sich das Expeditionsteam auf die Suche nach der »Endurance« begeben, dabei aber die Unterwasserdrohne verloren. Nun wurde es in 3008 Meter Tiefe fündig.
»Dies ist bei Weitem das schönste hölzerne Schiffswrack, das ich je gesehen habe. Es steht aufrecht, ragt aus dem Meeresboden, ist intakt und in einem hervorragenden Erhaltungszustand«, sagt der Forschungsleiter der Expedition Mensun Bound in der Mitteilung. Die Abgeschiedenheit des Ortes und die Bedingungen in der südpolaren Tiefsee haben die »Endurance« demnach hervorragend konserviert. Das Schiff wurde zum historischen Denkmal unter den Regeln des Antarktisvertrags erklärt und unter Schutz gestellt. Die Endurance22-Expedition, die sich bereits auf der Rückreise befindet, wird das Wrack nach eigenen Angaben nur fotografieren, aber selbst unangetastet lassen.
Für Ernest Shackletons 28-köpfige Imperial Trans-Antarctic Expedition war der Untergang ihres Schiffs der Auftakt zu einer strapaziösen Rückkehr zu Fuß und in kleinen Rettungsbooten, die letztendlich glimpflich ausging. Nachdem die Teilnehmer Monate auf den nordwärts treibenden Eisschollen gezeltet hatten, stachen sie mit den von der »Endurance« geretteten Beibooten in See und erreichten das unbewohnte Elephant Island. Von dort begannen Shackleton und fünf andere Mitglieder eine legendär gewordene Rettungsmission, die sie 1300 Kilometer über offenes Meer zur Walfangstation Stromness auf Südgeorgien führte. Von dort aus konnte Shackleton schließlich die auf Elephant Island wartenden Männer retten. Alle 28 Expeditionsteilnehmer kamen mit dem Leben davon. Ihr Ziel, die erstmalige Überquerung der Antarktis, hatten sie jedoch nicht auch nur annähernd erreicht.
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