Leidenfrost-Effekt: Neuer Tropfentanz auf der Herdplatte
Wenn Wassertropfen auf einer heißen Herdplatte wild umhertanzen, dann sagt der geborenen Physiker: »Ah! Der Leidenfrost-Effekt!« Das Phänomen erklärt, warum die Tropfen herumspringen: Ihre Unterseite verdampft sofort bei Kontakt und lässt den Resttropfen auf einem reibungsarmen Luftkissen aus Dampf schweben und herumwandern. Dazu muss die die Platte nur deutlich wärmer sein als die Verdunstungstemperatur der Flüssigkeit. So weit zumindest die Grundzüge – der Prozess hat aber komplexere Details, von denen ein Forscherteam aus Frankreich und Mexiko mit Hochgeschwindigkeitskameras nun einige herausgearbeitet hat.
In ihrer Veröffentlichung in »Physical Review Letters« beschreiben die Forschenden ihre Beobachtung eines dreifachen Leidenfrost-Effekts. Der tritt auf, sobald mehrere Tropfen herumhüpfen und dann unvermeidlich irgendwann kollidieren. Dabei verhalten sich Tropfen unterschiedlicher Flüssigkeiten verschieden, bemerkte das Forscherteam auf ihrer leicht konkaven, auf 250 Grad Celsius erhitzten Versuchsplatte: So mischen sich zum Beispiel aufeinander prallende Tröpfchen aus Wasser und Ethanol nicht, sondern prallen stets voneinander ab – obwohl sich der Alkohol unter Alltagsbedingungen bekanntermaßen sehr gut in Wasser lösen würde.
Wichtig ist dabei die unterschiedliche Verdunstungstemperatur der Flüssigkeiten. Sie sorgt dafür, dass die Substanzen unterschiedlich heiß sind, bevor sie verdampfen. Damit prallt nun beim Zusammenstoß wieder eine heiße Oberfläche – die des einen Tropfens – auf die kühlere des anderen, was denselben Effekt hat wie der Kontakt zwischen Herdplatte und Tropfen beim einfachen Leidenfrost-Effekt. Insgesamt ergibt sich mit zwei ab und an kollidierenden Tropfen unterschiedlicher Substanzen (und der Herdplatte, die weiter beide tanzen lässt) ein dreifacher Leidenfrost, beschreibt das Team um Felipe Pacheco-Vázquez vom staatlichen Polytechnik-Institut in Mexiko.
Wie beim Tanz des Wassers auf der Herdplatte dauert das Herumhüpfen der Tropfen nicht ewig: Sobald die schneller verdampfende Flüssigkeit nur noch aus sehr kleinen Tropfen besteht, kann sie sich doch mit den anderen Flüssigkeiten vermischen. Das hängt allerdings wieder von den physikalischen Umständen ab und kann auf drei unterschiedlichen Wegen ablaufen, wie das Forscherteam herausfand. Polare, lösliche Flüssigkeiten wie Ethanol und Wasser mischen sich nun problemlos, unpolare und polare Gemische, wie das Lösungsmittel Toluol in Wasser, bilden Emulsionen.
In den Emulsionen wird es spannend, weil hier bei unterschiedlichen Temperaturen unterschiedliche Phasen in einem Tropfen vorkommen: Es entsteht ein multiphasischer Mix aus teils gasförmig, teils flüssigen Bestandteilen. Ist ein Mischpartner dabei sehr flüchtig, dann kann es den Tropfen sogar auseinanderreißen, berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – ein Mix aus Chloroform und Monoethylenglykol etwa sorgt beim Erhitzen für solch einen explosiv-spektakulären Effekt.
Die Forschung am Leidenfrost-Effekt ist dabei nicht nur nette Spielerei: Man möchte die Vorgänge beim Mischen und Erhitzen unterschiedlicher Substanzen physikalisch besser kennen lernen, weil sie bei verschiedenen chemischen Reaktionen eine bisher noch unzureichend verstandene Rolle spielen. So ist etwa bekannt, dass bestimmte chemische Reaktionen während des Leidenfrost-Phänomens deutlich schneller ablaufen, die Ursache ist aber noch nicht in allen Einzelheiten geklärt.
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