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News: Lernen lohnt sich

Wer als Singammer Erfolg beim weiblichen Geschlecht haben will, sollte möglichst gekonnt von den Dächern pfeifen. Denn die Weibchen wählen ihren Partner nach dessen stimmlicher Leistung aus.
Das Werben von Vogelmännchen um die Gunst der Weibchen kann auf höchst unterschiedliche Weise erfolgen. So stolziert der Pfau mit seinen schillernden Federn vor dem beeindruckten - aber äußerlich höchst unscheinbarem - Weibsvolk auf und ab, während sich die männliche Singammer (Melospiza melodia) in ihrer Erscheinung überraschend bedeckt hält.

Um trotz des braungrauen Federkleids in den Zeiten der Partnerwahl punkten zu können, erfreuen die unauffälligen Singammermännchen die Damen ihrer Wahl mit möglichst schönem Gezwitscher, das sie sich in jungen Jahren bei ihren Artgenossen abgehört haben. Das ist an sich nichts Neues, denn die Fachwelt vermutet schon seit längerem, dass die weiblichen Vögel die Fitness ihrer potenziellen Partner an deren Gesang messen. Aber bislang dachte man, die Damen interessierten sich lediglich dafür, ob die Herren überhaupt zwitschern oder nicht.

Doch die weiblichen Singammern hören viel genauer hin, wie Stephen Nowicki und seine Kollegen von der Duke University nun herausfanden. Um die kleinen Unterschiede in der dargebotenen Gesangsqualität untersuchen zu können, trainierte Nowicki die Stimmen von in Gefangenschaft aufgewachsenen Vögeln, indem er ihnen das Pfeifen frei lebender Artgenossen per Kassettenrecorder vorspielte.

Anschließend wurde die stimmliche Darbietung der trainierten Probanden mittels spektrographischer Methoden ausgewertet, wobei die Vogelkundler besonderen Wert auf zwei Eigenschaften des Gesangs legten. Zum einen notierten sie, wieviel die Vögel von den Gesängen der frei lebenden Tieren kopiert hatten, im Vergleich zum frei Dazugedichteten - wozu alle singenden Singammern neigen. Zum anderen interessierte die Wissenschaftler, wie gut die Singammern die abgekupferten Gesangselemente denn auch wirklich auswendig gelernt hatten, oder ab sie hierbei schluderten.

Über die Gesangsqualitäten zu Gericht saßen frei lebende Weibchen, die bereits Erfahrung im Lauschen männlichen Gezwitschers gesammelt hatten. Ob die Damen sich beeindruckt zeigten, merkten die Wissenschaftler durch typisches Verhalten wie Schütteln des Gefieders, Präsentieren des Schwanzendes oder einem charakteristischen Ruf. Das Ergebnis spricht für die Fleißigen unter den übenden Pfeifern. Nur wer die Gesänge möglichst fehlerfrei kopierte, konnte bei den Singammerweibchen Punkte sammeln.

"Die Weibchen zeigten eine starke Präferenz für Lieder, die gut kopiert waren, im Gegensatz zu Liedern, die schlecht nachgemacht waren", beschreibt Nowicki die weiblichen Vorlieben. Eigensinn hingegen zahlte sich nicht aus. Wer besonders großzügig frei dazu dichtete, bekam von den weiblichen Schiedsrichtern sogar Punkte abgezogen. Die Singammerforscher spekulieren nun, dass die sexuelle Selektion beim Vogelgesang eher auf den verborgenen Qualitäten beruht. So könnten die Lieder die Entwicklung der Vogelhirne verdeutlichen.

Als nächstes wollen die Forscher der Duke University den Weibchen genauer ins Hirn schauen. Hier interessiert die Frage, wie die Vögel denn die dargebotenen Gesänge überhaupt qualitativ unterscheiden können. So könnte der Schlüssel zur Evolution unter den Singammern in diesem Fall bei der Damenwelt liegen. Wenn sie festlegen, was sich gut anhört und was nicht, bestimmen sie die Richtung, in die sich die Population bewegt.

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