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News: Leuchten aus dem 'Nichts'

Aus dem Raum zwischen den Galaxien entspringt extrem hartes ultraviolettes Licht. Noch wissen die Astronomen nicht, welche Art von Teilchen die Strahlung aussendet oder wie hoch deren Dichte im Universum ist. Nach neueren Messungen könnten sie einen bedeutenden Beitrag zur rätselhaften 'Dunklen Materie' leisten.
Richard Lieu von der University of Alabama, Jonathan Mittaz vom Mullard Space Science Laboratory und Felix Lockman vom National Radio Astronomy Observatory in Green Bank vertreten die Ansicht, daß die unbekannten Teilchen die größten galaktischen Strukturen zusammenhalten (Astrophysical Journal Letters vom 1. Mai 1998).

Lieu hat mit einem Wissenschaftlerteam mehrfach die Instrumente des Extreme Ultraviolet Explorer-Satelliten auf den Raum zwischen Galaxien von fünf Galaxienhaufen ausgerichtet. Jedesmal verzeichneten die Geräte eine Strahlung von extrem hartem UV-Licht, die bereits an den Bereich der Röntgenstrahlung grenzte. Während die Galaxien selbst Milliarden von Sternen umfaßten, gab es in dem Raum zwischen ihnen keine sichtbaren oder anders auszumachenden Quellen für diese intensive Strahlung.

Dennoch entwickelten die Forscher einige revalisierende Theorien über die Natur der Teilchen: Lieu hat bereits früher in diesem Jahr die Ansicht vertreten, es könne sich um kosmische Elektronen handeln. Diese Erklärung fand in der Wissenschaftsgemeinde großen Zuspruch. Seine neue Theorie wurde dagegen weniger willkommen geheißen. Sollte sie nämlich zutreffen, ware das alte Problem der Dunklen Materie zum Teil gelöst. "Gemäß den Berechnungen reicht die Materie innerhalb der Galaxienhaufen nicht aus, um diese durch Gravitationskraft beisammenzuhalten", erklärte Lieu. Denn auch wenn ein Haufen hunderte Galaxien beinhaltet, so bringen sie alle nur etwa zehn Prozent der nötigen Masse zusammen.

In den frühen 90er Jahren stellten darum Theoretiker an der Princeton University ein Modell für die Dunkle Materie auf, nach dem über die Hälfte der gewöhnlichen Materie im Universum als ein heißes Gas vorliegt, das im extremen UV-Bereich glüht. Die berechnete räumliche Verteilung stimmt gut mit den experimentellen Daten von Lieu überein. Seine Entdeckung könnte also bedeuten, daß ein guter Teil der fehlenden Materie gefunden ist.

Als Lieu die UV-Strahlung entdeckte, nahm er folglich an, es handle sich um ein Zeichen von Dunkler Materie. Der Raum zwischen den Galaxien ist zwar von einem Vakuum erfüllt, das weniger Atome pro Kubikmeter enthält, als die besten Techniken auf der Erde erreichen, doch ist das gesamte Volumen Billiarden von Kubiklichtjahren groß. Die Masse der Gasatome darin könnte deshalb jene der Galaxien durchaus übersteigen. Lieus Team errechnete, daß sie rund ein Viertel der fehlenden Masse ausmachen könnte.

Ein Rätsel war allerdings, daß bei den Temperaturen, die nötig sind, um das UV-Licht abzustrahlen, das Gas sehr schnell abkühlen sollte. Die Forscher fragten sich, ob dieser Prozeß schon seit Urzeiten abläuft und das bereits kühlere Gas die restliche Masse aufbringen könnte.

Zu diesem Zeitpunkt untersuchte Lieu den Haufen Abell 1795. "Als wir ihn betrachteten, war die Intensität des UV-Lichtes so hoch, daß schon eine einfache Umrechnung der Helligkeit zur zugehörigen Masse ausreichte, um das ganze Problem der fehlenden Materie mit einem Schlag zu lösen", erzählte er. "Aber dieses Gas kühlt wie verrückt ab. Wenn das jetzt sichtbare Gas ausreicht, um die Galaxienhaufen zusammenzuhalten, und dieser Prozeß seit Milliarden von Jahren abläuft, dann müßte er schon so viel kaltes Gas erzeugt haben, um die Haufen kollabieren zu lassen. Es ist klar, daß dieses Gas nicht kontinuierlich abkühlen kann. Es muß eine Quelle geben, die Energie da hineinpumpt."

Lieu spekuliert, daß das Glühen von ursprünglicher Masse stammt, die von der Gravitation in die Galaxienhaufen gezogen wird. "Wenn die Masse dort eindringt, wird Energie frei und in Bewegungsenergie umgewandelt. Die dazu nötige Geschwindigkeit ist gar nicht mal so groß. Und die Haufen würden selbst dann nicht kollabieren, wenn der Prozeß ihr ganzes Leben lang abliefe."

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