Landschaftsökologie: Leuchtende Häufchen der Erkenntnis
Samen verbreiten oder als Guano Rasen düngen - die Verdauungsprodukte von Vögeln liefern viele Dienstleistungen. Jetzt helfen sie auch wieder einmal der Forschung.
Ornithologen sind ein bisweilen durchaus eigenwilliges Völkchen: Sie versinken bis über die Knie in Sümpfen oder Mangroven und lassen sich widerspruchslos von Moskitos wie Treiberameisen malträtieren, um ja nicht durch hastige Bewegungen schüchterne Vöglein des Unterholzes zu verscheuchen. Sie verlaufen sich in Wäldern, weil sie endlich einen an und für sich unscheinbaren Piepmatz scharf vor die Linse bekommen wollen, und stürzen aus Booten oder von Stegen, da sie einem in rasender Eile vorbeizischendem Eisvogel mit etwas zu viel Schwung in der Bewegung folgen.
Dieses Thema hat einen durchaus ernst zu nehmenden Hintergrund, denn als Folge der globalen Attacke der Menschen auf die Ökosysteme der Erde werden Wälder, Sümpfe oder Grasländer zunehmend zerstückelt und voneinander getrennt, was das Überleben der in den Restflächen gefangenen Arten erschwert: Inzucht oder plötzliche Katastrophen können rasch einen Bestand auslöschen. Das Gegenmittel heißt deshalb Vernetzen: Baum- oder Grasstreifen sollen Biotope miteinander verknüpfen und den jeweiligen Arten den Genaustausch ermöglichen.
Jeder Flug, zu dem die Singvögel starteten, wurde notiert, ebenso wie die Richtung, die dabei ungefähr zurückgelegte Strecke sowie die Aufenthaltsdauer auf verschiedenen Aussichtsposten. Hier ergab sich bereits die erste Überraschung, denn die Sänger flogen nicht etwa zufällig in die eine oder andere Richtung, sondern überwiegend parallel zu den angrenzenden Waldrändern. Nun wollten die Wissenschaftler aber wissen, wohin es die Tiere genau verschlägt, ob sie bevorzugt innerhalb des verknüpften Netzwerks unterwegs waren oder ob sie die waldigen Barrieren einfach überflogen und sich in den isolierten Flecken niederlassen.
Um dies in der Realität zu überprüfen, ging das Team um Levey nun einen Schritt weiter: Sie besprühten Wachsgagel-Sträucher im Zentrum der zentralen Einheit mit fluoreszierendem – ungiftigem – Pulver, errichteten in jedem der fünf Plots vier vogelgerechte Aussichtspunkte mit darunter hängender Kotfalle und sammelten in der Folge über Wochen zigtausende Verdauungsprodukte von vornehmlich Rotkehl-Hüttensängern auf. Unter diesen Hinterlassenschaften befanden sich wiederum mehr als 11 000 leuchtende Häufchen, die den Verzehr der präparierten Wachsgagel-Beeren und den Weg, den sie bis zum Ausscheiden mit den Vögeln zurückgelegt hatten, bewiesen.
Einige unter ihnen tarnen sich als natürliche Landschaftselemente, stehen zu unchristlichen Zeiten auf, um dem Morgenkonzert der Vogelwelt zu lauschen und riskieren Ärger mit Frau oder Freundin, weil sie selbst am Strand nicht abschalten und das Fernglas von den Augen nehmen wollen: Es könnte ja eine Seeschwalbe oder ein Sturmvogel die Szenerie kreuzen. Wieder andere gehen noch einen Schritt weiter und zerlegen die Gewölle von Eulen, um zu sehen, was ihre Lieblinge bevorzugt an Beute erlegen, oder stochern in den Ausscheidungen von Früchtefressern, um anschließend die Pflanzenauswahl ihres Gartens optimieren zu können – alles im Dienste von Wissenschaft oder Privatvergnügen.
Manchmal werden sie dafür auch belohnt: Sie entdecken eine lange verloren geglaubte Spezies wieder oder eine, deren Existenz der Fachwelt bislang entgangen war. Oder sie gewinnen neue Erkenntnisse über die Ökologie eines Lebensraums und können damit ihre gefiederten Lieblinge besser schützen. Diesen Hintergedanken verfolgten wohl auch Zoologen um Douglas Levey von der Universität von Florida, als sie sich den Auswirkungen von so genannten Landschaftskorridoren auf die Samenverbreitung von Vögeln forschend annäherten.
Dieses Thema hat einen durchaus ernst zu nehmenden Hintergrund, denn als Folge der globalen Attacke der Menschen auf die Ökosysteme der Erde werden Wälder, Sümpfe oder Grasländer zunehmend zerstückelt und voneinander getrennt, was das Überleben der in den Restflächen gefangenen Arten erschwert: Inzucht oder plötzliche Katastrophen können rasch einen Bestand auslöschen. Das Gegenmittel heißt deshalb Vernetzen: Baum- oder Grasstreifen sollen Biotope miteinander verknüpfen und den jeweiligen Arten den Genaustausch ermöglichen.
Doch wie effektiv sind eigentlich diese Verbindungsstreifen? Entsprechen sie den Erwartungen der Naturschützer oder doch eher den Sorgen der Skeptiker? Das wollten Levey und seine Kollegen nun anhand von experimentellen Graslandflächen in den ausgedehnten Kiefernwäldern South Carolinas nachprüfen. In insgesamt acht Gebieten rodeten sie jeweils fünf ein Hektar große Waldstücke, von denen das zentrale Areal mit einem anderen durch einen Korridor verknüpft wurde, je zwei mit Sackgassen ausgestattet waren und eines nur aus einem Quadrat bestand. Anschließend bepflanzten sie die Mitte der Flächen mit einzelnen Wachsgagel-Sträuchern (Myrica cerifera) und beobachteten das Verhalten des Rotkehl-Hüttensängers (Sialia sialis), der in offenem Gelände lebt und sich gerne an den Früchten des Buschs vergreift.
Jeder Flug, zu dem die Singvögel starteten, wurde notiert, ebenso wie die Richtung, die dabei ungefähr zurückgelegte Strecke sowie die Aufenthaltsdauer auf verschiedenen Aussichtsposten. Hier ergab sich bereits die erste Überraschung, denn die Sänger flogen nicht etwa zufällig in die eine oder andere Richtung, sondern überwiegend parallel zu den angrenzenden Waldrändern. Nun wollten die Wissenschaftler aber wissen, wohin es die Tiere genau verschlägt, ob sie bevorzugt innerhalb des verknüpften Netzwerks unterwegs waren oder ob sie die waldigen Barrieren einfach überflogen und sich in den isolierten Flecken niederlassen.
Deshalb entwickelten die Forscher ein Computermodell und fütterten es mit den beobachteten Bewegungsdaten – das Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vogel durch den Korridor von einer Fläche zur anderen zieht, ist nach den Berechnungen um ein Drittel größer, als dass es ihn in die separierten Areale verschlägt.
Um dies in der Realität zu überprüfen, ging das Team um Levey nun einen Schritt weiter: Sie besprühten Wachsgagel-Sträucher im Zentrum der zentralen Einheit mit fluoreszierendem – ungiftigem – Pulver, errichteten in jedem der fünf Plots vier vogelgerechte Aussichtspunkte mit darunter hängender Kotfalle und sammelten in der Folge über Wochen zigtausende Verdauungsprodukte von vornehmlich Rotkehl-Hüttensängern auf. Unter diesen Hinterlassenschaften befanden sich wiederum mehr als 11 000 leuchtende Häufchen, die den Verzehr der präparierten Wachsgagel-Beeren und den Weg, den sie bis zum Ausscheiden mit den Vögeln zurückgelegt hatten, bewiesen.
Auch hier tauchten nun die unverändert den Magen-Darm-Trakt passierenden Beeren um mehr als ein Drittel häufiger in den Sammelbehältern der angeschlossenen Fläche auf als in jenen der umliegenden Außenposten – die Korridore können also tatsächlich funktionieren und bedrohten Arten das Wandern ermöglichen. Aber noch etwas zeigen diese Untersuchung: Forscher entwickeln manchmal ungewöhnliche Methoden, um den Erkenntnisgewinn zu vergrößern, und sie scheuen dabei auch nicht vor Anrüchigem zurück.
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