Smarte Textilien: Leuchtende Wolle
Schon seit Längerem arbeiten Materialwissenschaftler an smarten Textilien, die selbsttätig den Herzschlag messen oder auf Feuchtigkeit mit einer Farbänderung reagieren. Um solche Stoffe herzustellen, greifen Forscher meist auf synthetische Polymere (Kunststoffe) zurück, die sie chemisch nachbehandeln. Beim Tragen der Textilien können aber Hautirritationen auftreten, zudem nutzen sie sich meist relativ schnell ab.
Wissenschaftler um Filipe Natalio von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zeigen nun, dass es auch anders geht. Sie haben Baumwollpflanzen dazu gebracht, Zellulosefasern mit vorgegebenen Eigenschaften herzustellen. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in "Science" veröffentlicht. Baumwolle bietet als Naturfaser ein angenehmeres Tragegefühl als Kunststoffe, weshalb viele Kunden sie gegenüber synthetischen Polymeren bevorzugen.
In der Petrischale versetzten die Forscher das Fortpflanzungsorgan (die so genannte Samenanlage) der Baumwollpflanze Gossypium hirsutum mit veränderten Glukosemolekülen. Neben dem Zuckerrest enthalten diese noch einen funktionalen Molekülteil, der entweder fluoresziert oder magnetische Eigenschaften vermittelt. 20 Tage später konnten die Biotechnologen die modifizierten Baumwollfasern ernten. Mal hatten diese magnetische Eigenschaften, mal fluoreszierten sie knallgelb.
Den Forschern zufolge gelangen die veränderten Glukosemoleküle in die äußere Gewebeschicht (Epidermis) der Samenanlage und werden dort enzymatisch zu Zellulosemolekülen verbunden. Aus diesen geht später die Faser hervor. Dafür spricht, dass die Epidermiszellen der Samenanlage von innen heraus fluoreszieren, nachdem sie mit entsprechend modifizierter Glukose versetzt wurden.
Die leuchtenden Baumwollfasern reißen allerdings leichter als solche aus unbehandelten Pflanzen, bei den magnetischen Fasern war das jedoch nicht der Fall. Laut den Autoren eignen sich beide Faserarten, um sie zu Kleidung zu verarbeiten. Ihr großer Vorteil gegenüber chemisch behandelten Kunststoffen besteht darin, dass ihre speziellen Eigenschaften nicht von einer Beschichtung vermittelt werden, sondern in der Faser selbst stecken und sich somit nicht abnutzen. Auf ähnliche Weise könnte man künftig auch Seide-, Flachs- oder Bambusfasern modifizieren, schreiben die Autoren.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben