News: Licht aus implodierenden Reaktionsräumen
In den meisten Versuchen beschallten Forscher einfaches Wasser und beobachteten einzelne Bläschen, die sich dabei bildeten. Sie entwickelten daraus die Idee, dass der Stickstoff N2 und der Sauerstoff O2 miteinander zu Stickoxiden NOx reagieren könnten, die sich extrem schnell im umgebenden Wasser lösen und dort weiterreagieren. In dem Hohlraum blieben nur Spurenelemente der Luft, vor allem Argon, zurück – also ein recht gutes Vakuum, das sofort kollabiert. Der große Nachteil dieser Hypothese lag vor allem darin, dass sie kaum zu belegen oder widerlegen war. Die vermuteten Abläufe hinterlassen zu wenig Spuren.
Kenneth S. Suslick und seine Mitarbeiter von der University of Illinois in Urbana-Champaign probierten es darum mit einer Reihe anderer Flüssigkeiten. Sie wählten Substanzen, die einen geringen Dampfdruck aufweisen und mehrere Heteroatome – damit ist alles gemeint, was weder Kohlenstoff noch Wasserstoff ist – im Molekül tragen. Besonders ausführlich studierten sie Sonolumineszenz in Methylformamid (H3CHNCHO). Denn dabei trat endlich einmal eine Besonderheit im Spektrum hervor, die etwas über die Abläufe im Blaseninneren verriet (Nature vom 19. Oktober 2000).
Überschritt die Intensität des Ultraschalls einen unteren Schwellenwert, entstand offensichtlich im Flüssigkeitsdampf im expandierenden Bläschen Cyan (CN) in einem angeregten Energiezustand. Beim Übergang in den Grundzustand emittieren diese Moleküle Licht mit einer charakteristischen Wellenlänge. Erhöhten die Wissenschaftler den Schalldruck, wurde auch das CN-Licht immer heller, bis es ab einer bestimmten Grenze verschwand. Darin sieht Suslick einen weiteren Hinweis, dass sich tatsächlich Cyan gebildet hat, denn diese Schallenergie entspricht einer Temperatur von 15 000 Kelvin in der Blase. Und bei einer solchen Hitze wäre das Cyan nicht lange genug stabil, um Licht abstrahlen zu können.
Die Physiker aus Illinois haben mit ihren Experimenten nicht nur gezeigt, dass in den Sonolumineszenz-Bläschen tatsächlich chemische Reaktionen ablaufen, sondern gleichzeitig nachgewiesen, dass die Temperatur nicht über 15 000 Kelvin steigen muss, damit Lichtblitze entstehen. Vor allem aber haben sie durch die Einführung neuer Flüssigkeiten ein System etabliert, in dem dieser rätselhafte Effekt Spuren hinterlässt.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 7.2.2000
"Schnelle Fotos von heißen Blasen" - Spektrum Ticker vom 21.10.1999
"Heiße Blasen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 7.4.1999
"Und höre, es ward Licht!" - Spektrum der Wissenschaft 4/95, Seite 50
"Sonolumineszenz"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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