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Lichtverschmutzung: Wenn der Sternenhimmel verloren geht

Das Universum gibt seine Geheimnisse nur in der Dunkelheit preis. Darum steht das Paranal-Observatorium in der Atacama-Wüste. Doch ein hell erleuchteter Industriekomplex könnte ihm bald die Sicht rauben.
Sternenklare Nacht über dem Paranal-Observatorium in Chile. Der Bogen der Milchstraße erstreckt sich über den Himmel, während zwei große Teleskope im Vordergrund stehen. Der Horizont zeigt einen sanften orangefarbenen Schein, der auf den Sonnenuntergang oder die Dämmerung hindeutet.
Über der Atacama-Wüste in Chile ist der Himmel besonders klar und dunkel – beste Bedingungen für die Astronomie. Deswegen steht hier das Paranal-Observatorium der ESO.

Man tritt der Atacama-Wüste nicht zu nahe, wenn man sie als ungemütlich bezeichnet. Das Ödland erstreckt sich rund 1200 Kilometer entlang der Südpazifikküste von Chile bis nach Peru, liegt im Regenschatten der Anden und ist die trockenste Wüste der Welt außerhalb der Polargebiete. Reiseführer preisen ihre marsähnlichen Landschaften. Tatsächlich ist die Atacama-Wüste teilweise trostlos genug, um es mit unserem lebensfeindlichen Nachbarplaneten Mars aufnehmen zu können: Forschende simulieren dort regelmäßig Marsexpeditionen oder testen ihre Weltraum-Rover.

Doch neben der beeindruckenden Weite und einer außergewöhnlich klaren Atmosphäre bietet die Atacama-Wüste eine Ressource, die viele Menschen nicht einmal als solche wahrnehmen, sondern eher als Nebensächlichkeit, als Störfaktor, schlimmstenfalls als Gefahr: Dunkelheit. Erst in völliger Finsternis zeigt sich der sternenübersäte Nachthimmel, räkelt sich die Milchstraße über das Firmament, gibt das Universum seine Geheimnisse preis. Für Astronominnen und Astronomen ist das ein kostbarer Schatz.

So ist es kaum verwunderlich, dass der dunkelste Standort aller irdischen Großteleskope auf dem 2635 Meter hohen Cerro Paranal in der Atacama-Wüste liegt. Dort betreibt die Europäische Südsternwarte ESO das Very Large Telescope, kurz VLT. Das VLT lieferte das erste Bild eines Exoplaneten und war an der Entdeckung unseres nächsten exoplanetarischen Nachbarn Proxima Centauri b beteiligt. Forschende haben mit dem VLT die Bahnen von Sternen in unmittelbarer Nähe des extrem massereichen Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße vermessen – was ihnen im Jahr 2020 den Nobelpreis für Physik einbrachte. Möglich war all das nicht nur dank der optischen Instrumente dieses Teleskops, sondern auch wegen der ausgezeichneten Beobachtungsbedingungen. Der Himmel über dem Paranal-Observatorium weist praktisch keine Lichtverschmutzung auf, die nächste größere Stadt ist 120 Kilometer entfernt.

Doch in das so wichtige Dunkel soll nun unerwünschtes Licht kommen: Nur wenige Kilometer neben dem Cerro Paranal möchte ein Energieversorger einen Industriekomplex errichten. Auf einer Fläche von 3000 Hektar sollen Ammoniak und grüner Wasserstoff aus Wind- und Sonnenenergie produziert und ein Hafen gebaut werden. Bis zu 700 Menschen würden dort Tag und Nacht leben und arbeiten. »Dieses Projekt könnte den Himmel über dem Observatorium zerstören«, warnt Fabio Falchi, Physiker und Experte für Lichtverschmutzung.

Der besonders schwarze und klare Nachthimmel macht die Atacama-Wüste zu einem der letzten Zufluchtsorte für die bodengebundene Astronomie, die unsere Erde noch zu bieten hat. Von wo aus können Astronomen künftig noch den Himmel beobachten, wenn ihnen selbst dort die zunehmende Lichtverschmutzung die Sicht raubt?

Astronomen auf der Flucht vor dem Licht

Die längste Zeit in der Erdgeschichte war Dunkelheit die Standardeinstellung der Nacht. In mondlosen Nächten sorgten lediglich die Sterne und das fahle Schimmern der Milchstraße für ein zartes Leuchten am Himmel. Um ungestört nach oben blicken zu können, brauchten Astronominnen und Astronomen daher nicht weit zu reisen. William Herschel entdeckte 1781 den Planeten Uranus von seinem Garten im südenglischen Bath aus.

Doch dann gingen langsam, aber sicher die künstlichen Lichter an. Immer mehr Menschen zogen in die zunehmend beleuchteten Städte. »Im 18. Jahrhundert begann die Flucht der Astronomen aus den Stadtzentren«, sagt Fabio Falchi. Zunächst hatten sie es auf ihrer Suche nach der nötigen Dunkelheit nicht weit: So wurde die Universitätssternwarte München in den Jahren 1816/17 östlich des damaligen Dorfes Bogenhausen gebaut, nur rund sechs Kilometer vom Münchner Marienplatz entfernt.

Ein fast voller Mond leuchtet am klaren Nachthimmel über einem Observatorium, das von Bäumen umgeben ist. Die Kuppel des Observatoriums ist gut sichtbar und hebt sich gegen den dunklen Himmel ab. Es gibt keine Menschen auf dem Bild.
Mount-Wilson-Observatorium | Das Spiegelteleskop wurde 1904 auf einer Erhebung nahe der Stadt Los Angeles errichtet. Es war 30 Jahre lang das größte seiner Art. Edwin Hubble vermaß damit in den 1920er Jahren die Geschwindigkeiten von Galaxien und fand Hinweise auf die Dunkle Energie. In den 1930er Jahren richtete Fritz Zwicky das Teleskop auf Galaxienhaufen und kam zu dem Schluss, dass diese viel mehr Masse enthalten müssten, als sichtbar ist.

Doch die Städte wuchsen weiter, wurden heller, und die Astronomen mussten sich auf die Berge zurückziehen. Das Mount-Wilson-Observatorium in den USA etwa wurde nach der Erhebung benannt, auf der es in einer Höhe von 1762 Metern liegt. Bei seiner Gründung im Jahr 1904 war das Observatorium noch weit genug entfernt von den künstlichen Lichtern der damals knapp 100 000 Einwohner zählenden Kleinstadt Los Angeles. Das 2,5 Meter durchmessende Spiegelteleskop am Mount-Wilson-Observatorium war 30 Jahre lang das größte seiner Art.

Edwin Hubble vermaß mit diesem Teleskop in den 1920er Jahren die Geschwindigkeiten von Galaxien und fand heraus, dass sich eine Galaxie umso schneller von uns wegbewegt, je weiter sie von uns entfernt ist – der entscheidende Hinweis, dass unser Universum expandiert. In den 1930er Jahren richtete Fritz Zwicky das Teleskop auf Galaxienhaufen und kam zu dem Schluss, dass diese viel mehr Masse enthalten müssten, als sichtbar ist. Zwicky schloss daraus auf die Existenz einer bis dato unbekannten, unsichtbaren Materie und nannte sie Dunkle Materie.

Zu diesem Zeitpunkt sorgten sich Astronomen bereits wegen der zunehmenden Lichtverschmutzung: Los Angeles wuchs – und rückte näher. Laut Messungen wurde der Himmel über dem Mount-Wilson-Observatorium immer heller. Erneut begaben sich die Astronomen auf die Flucht. Der Nachfolger für das 2,5-Meter-Spiegelteleskop entstand auf dem Palomar Mountain in Kalifornien in noch größerer Abgeschiedenheit. Mit einem Spiegeldurchmesser von fünf Metern war das Hale-Teleskop seinerseits 30 Jahre lang das weltweit größte Spiegelteleskop.

Der Nachthimmel verschwindet Stern für Stern

Inzwischen kann das Mount-Wilson-Observatorium schon lange nicht mehr für die professionelle Astronomie genutzt werden. Die Internationale Astronomische Union IAU gibt als kritische Grenze, oberhalb derer eine Himmelsbetrachtung mit Teleskopen kaum noch möglich ist, einen Wert von zehn Prozent über der natürlichen Himmelshelligkeit an. Laut einer Studie von Fabio Falchi aus dem Jahr 2023 hat das Mount-Wilson-Observatorium diese Grenze bereits um den Faktor 135 überschritten. »Der Himmel dort ist ungefähr so hell wie über einem Vorort von Berlin«, sagt er.

Könnte ein Edwin Hubble heutzutage mit dem Teleskop auf dem Mount Wilson und der damaligen Technologie überhaupt noch seine einst wegweisenden Messungen der Geschwindigkeit weit entfernter Galaxien machen? »Wahrscheinlich nicht«, vermutet Andreas Kaufer, der als Director of Operations bei der ESO für den Betrieb des Paranal-Observatoriums verantwortlich ist. »Will man ausgedehnte, lichtschwache Objekte wie Galaxien gegen den Himmelshintergrund anschauen, ist das vor allem eine Frage des Kontrasts.« Das sei ein beinahe linearer Zusammenhang: Wenn der Himmel zehn Prozent heller wird, sieht man gleich zehn Prozent weniger.

80 Prozent der Weltbevölkerung lebt unter einem lichtverschmutzten Himmel. In den USA und in Europa sind es sogar 99 Prozent

In diesem Sinn ist die erdgebundene Astronomie so etwas wie ein Frühwarnsystem für das Umweltproblem der Lichtverschmutzung. Inzwischen ist bekannt, dass das künstliche Licht bei Nacht auch zur Gefahr für Ökosysteme und unsere eigene Gesundheit werden kann. Es stört den Biorhythmus von Vögeln und Insekten. Vögel orientieren sich nachts am Mond und an den Sternen, im Zweifelsfall an der hellsten Lichtquelle – und das ist immer öfter nicht der Mond, sondern eine LED-Leuchte. Menschen, die nachts verstärkt Helligkeit ausgesetzt sind, leiden öfter an psychischen Beschwerden und einem verringerten Wohlbefinden.

Doch die für uns so notwendige Dunkelheit ist nicht nur eine unterschätzte, sondern auch eine rapide schwindende Ressource. Laut dem 2016 erschienenen »Weltatlas der Himmelshelligkeit« leben 80 Prozent der Weltbevölkerung unter einem lichtverschmutzten Himmel. In den USA und in Europa sind es 99 Prozent. Laut Satellitenmessungen steigt die Himmelshelligkeit pro Jahr um ein bis zwei Prozent an. Doch Satelliten erfassen das künstliche Licht von oben, teilweise sehr spät in der Nacht und in anderen Spektralbereichen als das menschliche Auge.

Blickt man als Mensch nach oben, ist das Bild sehr viel drastischer und vor allem heller: »In Europa nimmt das Himmelsleuchten pro Jahr um mehr als sechs Prozent zu«, sagt der Geoinformatiker Christopher Kyba, der am GeoForschungsZentrum Potsdam zur Lichtverschmutzung geforscht hat. In Nordamerika seien es pro Jahr sogar mehr als zehn Prozent. Es sind die Ergebnisse einer Studie, die Kyba im Jahr 2023 im Fachmagazin »Science« veröffentlicht hat. Für die Studie hatte Kyba die Berichte eines Citizen-Science-Projekts ausgewertet, in dem Freiwillige über einen Zeitraum von elf Jahren nach Sternen am Nachthimmel Ausschau gehalten hatten. Je weniger von ihnen sichtbar waren, desto stärker war die Lichtverschmutzung.

»Es wird immer günstiger, künstliches Licht zu erzeugen. Und je günstiger etwas ist, desto mehr wird es genutzt«Fabio Falchi, Physiker

»Ich glaube, dass besonders am frühen Abend der Einfluss von hell erleuchteten privaten Fenstern, Autos und Werbetafeln größer ist, als wir in der Vergangenheit in unseren Berechnungen angenommen haben«, sagt Kyba. Fabio Falchi nennt einen weiteren Grund für die rapide steigende Lichtverschmutzung. »Es wird immer günstiger, künstliches Licht zu erzeugen«, stellt er fest. »Und je günstiger etwas ist, desto mehr wird es genutzt.«

Sternbild Orion als Forschungsobjekt

Schließlich gibt es jenseits der irdischen Beleuchtung eine zusätzliche unerwünschte Lichtquelle: die diffusen Reflexionen von tausenden Satelliten sowie von unzähligen Teilen Weltraumschrott in den Erdumlaufbahnen. »Es gibt den begründeten Verdacht, dass ihr Streulicht zusätzlich zur Aufhellung des Nachthimmels beiträgt«, sagt Kyba. »Sollte das der Fall sein, dann müssen wir wirklich besorgt sein, denn das betrifft auch die Orte, die ansonsten noch wenig lichtverschmutzt sind.«

In Summe lässt all dieses künstliche Licht unseren Nachthimmel verschwinden, Stern für Stern. Das Citizen-Science-Projekt, dessen Ergebnisse Christopher Kyba ausgewertet hat, läuft noch. »Verschiedene Karten zeigen ein Sternbild bei unterschiedlichen Lichtverschmutzungsgraden. Die Aufgabe lautet dann, nach draußen zu gehen und herauszufinden, zu welcher der Karten der Himmel passt.« In den Wintermonaten ist das Sternbild Orion das Forschungsobjekt, weil es zu dieser Jahreszeit sehr gut sichtbar ist. Es ist auf Grund seiner markanten Sterne leicht zu finden. Die hellsten von ihnen bilden eine Art Sanduhr, oder – laut der griechischen Mythologie, die dem Sternbild seinen Namen verliehen hat – den Himmelsjäger Orion: zwei Sterne für die Schulter, drei für den Gürtel, zwei weitere für die Füße.

Ein großes Teleskop steht unter einem klaren, sternenübersäten Nachthimmel. Die Milchstraße ist deutlich sichtbar, und das Teleskop ist von einer flachen, offenen Landschaft umgeben.
Orion über dem Cerro Paranal | Am klaren Himmel über der Wüste sind bekannte Sternbilder wie der Himmelsjäger Orion im Gewimmel erst auf den zweiten Blick zu erkennen.

Je dunkler der Himmel ist, desto mehr Sterne des Sternbilds sind zu erkennen. »In den meisten Nächten kann man beispielsweise im Berliner Tiergarten die drei Gürtelsterne sehen«, sagt Kyba. In weniger hell erleuchteten Teilen von Berlin taucht unter diesen Gürtelsternen noch ein weiteres viertes Licht auf. »Es muss nicht sein, dass wir über einer Großstadt wie Berlin so wenige Sterne sehen können«, betont Kyba. »Wir könnten Städte ausreichend, aber weniger stark beleuchten und so vorsichtiger mit der Umwelt umgehen.« Dann wäre es eventuell sogar möglich, aus dem Stadtzentrum die Milchstraße zu erblicken.

Auch die letzten Zufluchtsorte sind in Gefahr

Astronominnen und Astronomen haben sich längst noch weiter von der Zivilisation zurückgezogen. Die derzeit besten erdgebundenen Teleskope stehen in Hawaii, auf La Palma und in der Atacama-Wüste in Chile. Nur dort findet man die seltene Kombination der nötigen Bedingungen, um die Tiefen des Universums zu erkunden: viele sternenklare Nächte, eine ruhige und ungetrübte Atmosphäre und so wenig Lichtverschmutzung wie nur irgendwie möglich.

»Wir standen neulich draußen vor dem Paranal-Observatorium und haben Messungen vom aktuellen Himmel gemacht«, erzählt Andreas Kaufer. »Orion steht am Anfang einer Nacht im Januar ziemlich weit oben am Himmel – natürlich auf dem Kopf, weil wir hier auf der Südhalbkugel sind. Aber weil der Himmel so übersät ist mit Sternen, muss man manchmal ein paar Mal hingucken, um dieses normalerweise sehr markante Sternbild überhaupt zu erkennen.«

Es ist jener unberührte Nachthimmel, der nun wegen des geplanten Industriekomplexes in Gefahr ist. »Natürlich unterstützen wir den Umstieg auf alternative, erneuerbare Energien«, sagt Kaufer. »Aber in diesem konkreten Fall ist vor allem die Nähe das Problem. Lichtverschmutzung durch lokale Quellen ist extrem entfernungsabhängig.« Und Kaufer hat noch eine weitere Sorge: Nur wenige Kilometer vom Paranal-Observatorium baut die ESO auf dem Cerro Armazones mit dem Extremely Large Telescope (ELT) derzeit das größte Teleskop der Welt. Der Hauptspiegel des rund 1,4 Milliarden Euro teuren Projekts wird einen Durchmesser von 39 Metern haben. Wissenschaftler wollen damit das frühe Universum erforschen, der Dunklen Materie und Dunklen Energie auf die Spur kommen und sogar die Atmosphären von Exoplaneten außerhalb unseres Sonnensystems beobachten.

»Wenn hier eine erfolgreiche Wasserstoffanlage in Betrieb genommen wird, dann kommen Nachahmer und wollen das Gleiche machen«, erwartet er. »Und das ist dann der Killer.« Derzeit berechnet Kaufer mit seinen Kolleginnen und Kollegen, wie groß der Einfluss der geplanten Anlage auf die Dunkelheit über ihrem Observatorium wäre. »Wir arbeiten auch daran, die geplanten Beobachtungsprogramme zu identifizieren, die man dann nicht mehr machen kann.«

Luftaufnahme eines im Bau befindlichen großen Teleskops in einer Wüstenlandschaft. Das runde Gebäude ist teilweise mit Metallplatten verkleidet und von mehreren Baukränen umgeben. Auf dem Boden sind Baumaterialien und Fahrzeuge sichtbar. Die Umgebung ist karg und sandig.
Extremely Large Telescope | Das neue Teleskop der Europäische Südsternwarte ist noch im Aufbau. Es erhält einen Hauptspiegel mit 39 Metern Durchmesser, der aus 798 sechseckigen Spiegelelementen zusammengesetzt sein wird.

Das Problem dabei ist, dass Großteleskope wie das VLT oder das ELT auf eine Betriebsdauer von 30 bis 50 Jahren ausgelegt sind. Es ist noch überhaupt nicht klar, welche wissenschaftlichen Fragestellungen diese Teleskope künftig beantworten sollen. Als das seinerzeit größte Teleskop zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf dem Mount Wilson errichtet wurde, befand die Erde sich noch in einem vermeintlich statischen Universum mit einer einzigen Galaxie – unserer Milchstraße. Erst Jahrzehnte später nutzte Edwin Hubble es, um herauszufinden, dass es jenseits der Milchstraße zahlreiche weitere »Sterneninseln« gibt, und dieses Universum keineswegs statisch ist, sondern dynamisch nach außen strebt.

»Wir wollen die Beeinträchtigungen durch die drohende Lichtverschmutzung für das größte Teleskop der Welt am dunkelsten Ort der Welt einfach nicht hinnehmen«Andreas Kaufer, Director of Operations bei der ESO

»Wir wollen die Beeinträchtigungen durch die drohende Lichtverschmutzung für das größte Teleskop der Welt am dunkelsten Ort der Welt einfach nicht hinnehmen«, sagt Kaufer. Der Gegenvorschlag der ESO lautet, dass der Energieversorger das Projekt um rund 50 Kilometer entlang der Küste verlegt. Nur so könnte der dunkle, klare Himmel über dem Paranal-Observatorium bewahrt werden. Derweil hat das betreffende Unternehmen AES Andes den Komplex bei den chilenischen Behörden zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht.

Die Flucht der Astronomie in immer abgelegenere und dunklere Gebiete scheint zu Ende. »Jetzt können wir nicht mehr entkommen«, sagt Fabio Falchi. »Es gibt praktisch keine Ausweichstandorte mehr auf diesem Planeten.« Nur jenseits der Erde, von ihrem Logenplatz im All, beobachten noch Weltraumteleskope wie Hubble und James Webb das Universum gänzlich ungestört von Erdatmosphäre und künstlichen Lichtquellen.

Allerdings hat allein das James-Webb-Weltraumteleskop mehr gekostet als alle erdgebundenen Teleskope der nächsten Generation zusammen, seine Betriebsdauer beträgt maximal 20 Jahre, und im Notfall kann es nicht repariert werden. »Vielleicht müssen wir eines Tages wirklich alle Teleskope in den Weltraum bringen«, sagt Andreas Kaufer. »Aber ich glaube, dass es immer noch am erfolgversprechendsten ist, wenn wir das schützen, was wir haben. Und das werden wir mit aller Kraft versuchen.«

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  • Quellen

Falchi F. et al.: Light pollution indicators for all the major astronomical observatories. MNRAS 519, 2023

Falchi F. et al.: The new world atlas of artificial night sky brightness. Science Advances 6, 2016

Garstang, R. H.: Mount Wilson Observatory: The sad story of light pollution. The Observatory 124, 2004

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