Nanoroboter: Liegt die Zukunft im Nanoroboter-Kollektiv?
In der Medizin der Zukunft sollen Nanoroboter eine wichtige Rolle spielen – etwa wenn sie als autonome oder ferngesteuerte Skalpelle in unserem Körper zu allerlei Krankheitsherden navigieren und dort zielgerichtet eingreifen. Die aktuelle Generation von Robotern ist allerdings noch nicht so weit: Unter anderem fällt es ihnen meist schon schwer, wirklich effektiv im Gewebe voranzukommen. Vielleicht geht es nach dem Vorbild der Natur gemeinsam besser im Vergleich zum Einzelkämpfer, dachten sich Hod Lipson von der Columbia University und seine Kollegen – und konstruierten einen kleinen Schwarm von scheibenförmigen Nanorobotern, die sich im Gewebe kollektiv allmählich zum Ziel hin verformen; ähnlich wie dies unsere Immunzellen beim Attackieren tun, schreiben die Wissenschaftler in »Nature«.
Für ihr Experiment sammelten die Forscher ein Kollektiv aus 25 scheibenförmigen Schwarmbots, das nur durch eine gemeinschaftliche Interaktion funktioniert: Jeder Bot dockt ständig, aber dynamisch über Kontaktflächen an andere Mitglieder an, wobei Oberflächenauswüchse zahnradartig ineinandergreifen und magnetisch gesichert werden. Die einzelnen Bots sind dabei nicht selbst mobil, jedoch verformbar: Der Schwarm wandert gemeinsam in eine bestimmte Richtung, wenn die Bots am Vorderende sich in Bewegungsrichtung ausbeulen und die hinteren sich eindellen. Ganz ähnlich »amöboid« bewegen sich auch viele biologische Zellen fort, die keine speziellen Antriebseinrichtungen wie etwa Wimpern oder Geißeln tragen.
Der Nanoroboter-Schwarm wird so sehr flexibel beweglich und kann sich durch Engstellen etwa zwischen Zellen in Geweben zwängen. Das zeigt sich auch in den Experimenten der Forscher: Geht es durch einen schmalen Tunnel, so arrangiert sich der Schwarm zu einem dünnen Faden um; soll ein Nanoziel bewegt oder transportiert werden, so umzingelt der Schwarm das Objekt und trägt es auf einer Art Ladefläche. Diese Flexibilität ist eine große Stärke der einzeln uniformen Scheiben: Leicht lassen sich je nach Einsatzzweck größere und kleiner Kollektive bauen, so die Forscher, die testweise auch schon einen Schwarm aus 100 000 Nanorobotern zusammengestellt haben. Zudem profitieren kleinere und größere Nanoroboter-Kollektive von einer konstruktionsbedingten Sicherheitsredundanz: Sie arbeiten auch dann noch wie geplant, wenn bereits 20 Prozent der Schwarmmitglieder ausgefallen sind.
Die Programmierung der Roboterschwärme stellt die Ingenieure vor andere Herausforderungen als beim Einsatz einzelner Nanomaschinen. Allerdings sind Lipson und Co in ihren Versuchen schon mit einem recht simplen Regelsatz für das individuelle Schwarmmitglied weit gekommen: Dabei wird jedem Nanoroboter nur einprogrammiert, die Kontaktzeiten mit einem Nachbarroboter und seine eigene Kontraktion abhängig von der Intensität eines Lichtsignals zu verändern. Mit Hilfe gezielter Lichteinstrahlung lässt sich dann der gesamte Schwarm zielgerichtet bewegen, demonstrieren die Experimente. Ein perfektioniertes Nanoroboter-Schwarmsystem mit seinen vergleichsweise simplen Einzelteilen könne eine Vielzahl von Anwendungen womöglich besser erfüllen als komplexe und hoch spezialisierte einzelne Nanoroboter, hoffen die Forscher mit Blick auf ihre Anfangserfolge.
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