News: Linsen überall?
Allerdings entsteht so eine Gravitationslinse nur, wenn das massereiche Objekt im Vordergrund exakt in der Sichtlinie zu dem viel weiter entfernten Quasar liegt. Dementsprechend selten ist eine solche Konstellation, und dementsprechend wertvoll ist ihre Entdeckung.
Im Rahmen des Sloan Digital Sky Survey - der systematischen Kartierung von 100 Millionen Himmelsobjekten - fiel Stuart Wyithe und Abraham Loeb von der Harvard University jetzt allerdings auf, dass sehr weit entfernte Quasare mit einer Rotverschiebung von z=6 genauso hell sind wie die viel näher liegenden mit einer Rotverschiebung von z=2.
Die Rotverschiebung z sagt aus, dass sich das Universum seit der Aussendung des Lichts um den Faktor 1+z ausgedehnt hat und das Wellenlängenspektrum deshalb in den roten Bereich verschoben wurde. Ein Quasar mit z=6 entstand demnach zu einer Zeit, als das Universum noch nicht einmal eine Milliarde Jahre alt war - das ist weniger als ein Zehntel seines heutigen Alters.
Doch der Helligkeit dieser z=6-Quasare nach zu urteilen, müssten die Schwarzen Löcher über die Masse von drei Milliarden Sonnen verfügen. Und solche gigantischen Schwarzen Löcher passen so kurz nach dem Urknall nicht in das Konzept der Astronomen.
Wyithe und Loeb gehen deshalb davon aus, dass nicht einer von Tausend, sondern bis zu einem Drittel aller Quasare hinter einer Gravitationslinse liegt. Die Quasare leuchteten dann in Wirklichkeit wenigstens zehnmal schwächer als sie infolge des Gravitationslinseneffekts erscheinen - was allerdings immer noch zu hell wäre und die Astronomen weiterhin vor ein Rätsel stellte.
Warum das Licht alter Quasare häufiger verstärkt wird als das der jungen Quasar erscheint logisch, schließlich sind erstere viel weiter entfernt. Allerdings ist das Licht der z=6-Quasare 30- bis 100-mal so häufig verstärkt wie das der z=2-Quasare - und auch das dürfte nicht sein. Wyithe und Loeb vermuten deshalb, dass die fernen Quasare, die nicht hinter einer Gravitationslinse liegen, zu schwach leuchten, um entdeckt zu werden.
Was also fehlt, ist der endgültige Beweis für den Gravitationslinseneffekt, und der dürfte nur mit hochauflösenden Teleskopen wie dem Hubble Space Telescope gelingen. Denn damit können die für Gravitationslinsen typischen Mehrfachbilder der dahinterliegenden Objekte nachzuweisen sein. Bis es soweit ist, ist die Freude der Astronomen über die vielen Gravitationslinsen also eher getrübt. Anstatt bei der Erforschung ferner Objekte zu helfen, schaffen sie eher Verwirrung.
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