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Kosmologie: Lithium, wo bist du?

Welche Elemente schon kurz nach dem Urknall zugegen waren, ist altbekannt und durch zahlreiche Beobachtungen bestätigt. Nur sehr alte Sterne tanzen aus der Reihe und bereiteten Theoretikern Schwierigkeiten - genauer, das kosmische Lithium-Problem.
Kugelsternhaufen NGC 6397
Goldsucher durchforsten Flüsse oder ganze Gebirgszüge, um das Objekt ihrer Begierde aufzuspüren, Astronomen das Universum. Auf der Suche nach Gold sind sie dabei allerdings nicht: Ihr Interesse gilt einzig und allein dem Element Lithium. Und der Frage, warum es dort, wo sie es finden, trotzdem so selten vorkommt.

Lithium entstand, neben den Elementen Wasserstoff und Helium, bereits kurz nach dem Urknall. Und zwar in recht genau bekannter Häufigkeit: Diese allerersten Elemente – also die "primordiale Materie", aus der sich später die ersten Sterne und Galaxien formten – bestand zu etwa 75 Prozent aus Wasserstoff, zu nahezu 25 Prozent aus Helium und nur aus Spuren von Deuterium und Lithium. In den ältesten Sternen des Universums, glauben Astronomen, müsste man auch heute noch den ursprünglichen Lithium-Gehalt vorfinden.

Die Senioren unter den Sternen machen ihnen allerdings einen Strich durch die Rechnung – die Häufigkeit des Alkalimetalls in deren Atmosphären ist um einen Faktor zwei bis drei kleiner als sie es wohl in der ursprünglichen Materie war. Dies zeigten experimentelle Beobachtungen der alten und metallarmen Himmelskörper. War die Theorie also falsch, oder liegt es am mangelnden Verständnis der stellaren Physik? Andreas Korn von der Universitä Uppsala und Kollegen tasteten sich nun an eine Lösung der Streitfrage heran.

Um dem Lithium-Problem auf den Grund zu gehen, nahmen sie 18 Sterne im Kugelsternhaufen NGC 6397 unter die Lupe des Very Large Telescope. Die Gestirne in solchen Haufen eignen sich besonders gut für derartige Untersuchungszwecke, da alle zur selben Zeit und aus derselben chemischen Zusammensetzung entstanden sind. Auf Grund ihrer unterschiedlichen Masse befinden sie sich allerdings in verschiedenen Entwicklungsstadien. Nun konnten die Wissenschaftler feststellen, dass der Anteil an Lithium in der Sternatmosphäre mit fortschreitender Entwicklung zunächst leicht ansteigt, um dann stark abzufallen.

Der systematische Verlauf der Elementhäufigkeit kann mit Hilfe von Diffusionsprozessen erklärt werden, meint Korn. Diese laufen ständig, angetrieben durch gravitative oder thermische Kräfte, innerhalb von Sternen ab. Die in der Atmosphäre messbare Häufigkeit der Elemente ändere sich durch derartige Prozesse mit der Zeit. In alten Sternen seien somit deutlichere Effekte zu verzeichnen als bei jungen, wie beispielsweise der Sonne, so Korn.

Theoretische Modelle legten nahe, dass Lithium auf diese Weise über einen Zeitraum von mehreren Milliarden Jahren ins Innere der Sterne absinken und sich damit dem Beobachter entziehen konnte. Bei Temperaturen von über 2,5 Millionen Grad Celsius verbrannte das Lithium dann vermutlich im Sterninneren.

Am besten würden die Daten laut Korn durch ein theoretisches Diffusionsmodell erklärt werden, dass zusätzlich turbulente Verwirbelungen einbezieht. Der Ursprung der Turbulenzen sei allerdings noch nicht bekannt. Korrigiert man die in alten Sternen beobachtete Häufigkeit von Lithium um diesen Effekt, so stimmt sie mit dem vom Standardmodell vorhergesagten Wert überein, berichtet Korn. Das Lithium-Problem scheint also endlich gelöst.

Jetzt sind die Theoretiker gefragt, den physikalischen Mechanismus der turbulenten Prozesse zu ergründen.

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