Tattoo-Allergien: Stecken Nadeln hinter allergischen Reaktionen?
Möglicherweise sind nicht Tattoofarben schuld, wenn manche Menschen allergisch auf ihre Tätowierungen reagieren – sondern Metallteilchen von der Nadel, die die Farben unter die Haut bringt. Diese überraschende Vermutung äußert ein Team um Ines Schreiver von der Bundesanstalt für Risikobewertung (BfR) und Bernhard Hesse von der European Synchrotron Facility in Grenoble auf der Basis von neuen Daten darüber, was im Körper mit winzigen Metallfragmenten passiert. Überraschend große Mengen dieser nur wenige Mikrometer oder gar Nanometer großen Teilchen lösen sich während des Tätowiervorgangs von der Nadel, berichtet die Gruppe in einer Publikation in »Particle and Fibre Toxicology«. Das Problem dabei: Die Nadeln bestehen aus Edelstahl, und der enthält Chrom und Nickel – zwei Elemente, die bei vielen Menschen Sensibilisierung und allergische Reaktionen auslösen. Die Metallteilchen wandern nach dem Eingriff in die Lymphknoten, wo sie möglicherweise eine Immunreaktion verursachen. Über einen direkten Zusammenhang zwischen den Metallteilchen und Allergien macht die Studie keine Aussage.
Das Team untersuchte Proben aus Haut und Lymphknoten von insgesamt sechs tätowierten Menschen, von denen eine Person eine bekannte Kontaktallergie hatte. Mit Röntgenfluoreszenzanalyse, bei der man Elemente in der Probe mit Röntgenstrahlung anregt und sie anhand des von ihnen ausgesandten Lichts identifiziert, fand die Gruppe in allen Proben nickel- und chromreiche Eisenteilchen. Um deren Herkunft zu ermitteln, testeten Schreiver und Hesse anschließend an Schweinehäuten, wie viel derartiger Edelstahlabrieb tatsächlich beim Tätowieren in der Haut bleibt – und bei diesen Experimenten zeigte sich ein überraschender Mittäter. Enthielt die Farbe das eigentlich harmlose weiße Pigment Titandioxid, entstanden viel mehr derartige Partikel als bei Versuchen mit schwarzer, titanfreier Tattoofarbe. Die Arbeitsgruppe vermutet, dass die sehr harten Oxidpartikel wie Schleifpapier wirken und den Abrieb deutlich verstärken. Trotz dieser Entdeckung blieben beim derzeitigen Stand giftige Bestandteile in den Tattoofarben das größere Problem, sagte Schreiver gegenüber »Zeit Online«.
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