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Löwen: Haare zwischen Zähnen verraten Menschenfresser

Auch Löwen bekommen Zahnprobleme, wenn sie altern. Die Haare, die sich in den Zahnlöchern ansammeln, liefern wertvolle Hinweise auf ihre bevorzugte Beute früherer Zeiten.
Detailansicht eines Löwengebisses aus dem Chicagoer Field Museum. Im Unterkiefer ist der linke Eckzahn abgebrochen. Der Zahn rechts daneben fehlt. Im Oberkiefer ist die Zahnreihe vollständig und die Zähne weisen nur Abnutzungsspuren auf. Links am Rand sieht man noch ein paar Backenzähne, der Hintergrund ist schwarz
Dieses Löwengebiss hat sicher schon bessere Zeiten gesehen.

Ein berüchtigtes Löwenpaar machte in den 1890er Jahren die Tsavo-Region in Kenia unsicher: Mindestens 70 Menschen starben durch die beiden Raubkatzen, auch wenn sich wohl nur eines der beiden Tiere hauptsächlich von Homo sapiens ernährte. Der Schrecken endete erst 1898, als die Löwen erschossen wurden. Dabei waren sie nicht allein auf Menschen festgelegt, vielmehr erbeuteten sie eine ganze Reihe unterschiedlicher Säugetiere, wie Ripan Malhi von der University of Illinois Urbana-Champaign und sein Team in einer Studie schreiben.

Die Arbeitsgruppe wollte testen, wie gut sich DNA aus einzelnen Haarresten extrahieren und analysieren lässt, und wählte dafür Fellreste aus dem Gebiss der Tsavo-Löwen, deren Überbleibsel im Field Museum of Natural History in Chicago lagern. Die Fallstudie sollte dazu dienen, die Ernährung früherer Raubkatzen zu rekonstruieren, um sie mit derjenigen heutiger Tiere zu vergleichen. Das könnte Rückschlüsse auf die Veränderungen in den Ökosystemen liefern, bevor diese systematisch erfasst wurden, schreiben Malhi und Co.

Die Haarreste fanden sich beispielsweise zwischen den Zähnen und in Löchern, die im Lauf der Zeit im Gebiss entstanden waren. Einem der Löwen brach etwa einer der großen Eckzähne ab; in dessen Hohlraum fanden sich sehr viele unterschiedliche Haare. Die DNA-Analyse erbrachte, dass die beiden Raubkatzen einer großen Bandbreite an Säugern nachstellten: Giraffen, Oryx-Antilopen, Wasserböcken, Gnus und auch andere Löwen konnten ebenfalls nachgewiesen werden. Löwenmännchen töten und fressen sogar Nachwuchs der eigenen Art, wenn sie nicht die Erzeuger sind.

Die Giraffe konnte bis auf Unterartniveau der Massai-Giraffe (Giraffa tippelskirchi) bestimmt werden. Am meisten überrascht hat die Biologen der Nachweis von Gnuhaaren. Damals war die Art entweder im Tsavo weiter verbreitet oder die Löwen hatten einen größeren Aktionsradius, als bislang angenommen wurde: Heute befindet sich das nächste Vorkommen der Gnus mehr als 80 Kilometer entfernt vom bekannten Revier der Tsavo-Menschenfresser.

Als Nächstes möchte sich die Arbeitsgruppe ansehen, wie sich die Beute der beiden Löwen im Lauf der Zeit veränderte: Schließlich wurden die Haare in Schichten in den Zahnlöchern abgelagert. Oft erlegen Raubtiere die relativ einfache menschliche Beute, wenn sie altern oder Gebissprobleme bekommen. Das könnte auch bei den Tsavo-Löwen der Fall gewesen sein.

  • Quellen
Current Biology 10.1016/j.cub.2024.09.029, 2024

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