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News: Lohnende Schichtarbeit

Immer der Nase nach wandern Lachse am Ende ihres Lebens in ihre Heimatgewässer, nur das Ziel vor Augen sich fortzupflanzen. Nach der anstrengenden Reise und dem Ablaichen sterben sie, und ihre verwesenden Körper reichern sich in den Fluss-Sedimenten an. Aus den Jahr für Jahr aufgeschichteten Hinterlassenschaften dieser Fische förderten Forscher nun erstaunliche Erkenntnisse zu Tage: Offenbar gab es in der Vergangenheit ein unverhofft großes Auf und Ab in den Populationen der Tiere - und zwar lange bevor der Mensch seine Hand im Spiel hatte.
Um einmal im Leben für Nachwuchs zu sorgen, treten Rotlachse (Oncorhynchus nerka) eine große Reise an: Mithilfe ihres hochentwickelten Geruchssinnes folgen sie einer charakteristischen chemischen Spur, die sie über hunderte von Kilometern, Stromschnellen und Wasserfälle sicher in die heimatlichen Gewässer geleitet, wo sie einst schlüpften. Am Geburtsort angekommen, paaren sie sich und laichen anschließend ab. Allerdings ist diese Wanderung flussaufwärts mit immensen "Kosten" verbunden: Die Lachse investieren so viele Energiereserven in dieses Unterfangen, dass sie selbst daran zugrunde gehen.

Am Grunde des Laichgewässers hinterlassen ihre Kadaver dann ein dauerhaftes Vermächtnis: Der aus dem Ozean stammende hohe Anteil des schweren Stickstoffisotops 15N in ihren Körpern wird im Laufe des Verwesungsprozesses freigesetzt und reichert sich in den Sedimenten an. Der jährliche Schichtwechsel legt somit Zeugnis davon ab, wie umfangreich die Lachsbestände hier einst waren. Und mit dem Auftreten der Fische ist auch das Schicksal bestimmter Kieselalgen eng verbunden: Da diese insbesondere bei einer zahlreichen Rückkehr der Lachse gut gedeihen, ergeben auch ihre im Sediment des Flussbettes verankerten Skelette ein genaues Bild der Lebensumstände, wie sie vor langer Zeit herrschten.

Auf diese sich Jahr für Jahr aufgetürmten Schichten griff nun Bruce Finney von der University of Alaska zusammen mit Irene Gregory-Eaves, Marianne Douglas und John Smol zurück, um detailliertere Aussagen über die Größe der früheren Lachspopulationen machen zu können. Mithilfe von meterlangen Röhren gewannen die Forscher aus drei Gewässern auf Kodak Island in Alaska Sediment-Querschnitte. Nachdem die Wissenschaftler die einzelnen Schichten datiert hatten, analysierten sie deren Gehalt an dominierenden Kieselalgenarten und das Vorkommen des schweren Stickstoffisotops.

Aus diesem Datenmaterial zogen die Forscher erstaunliche Rückschlüsse: Offenbar waren die Populationen des Rotlachses in den vergangenen 2200 Jahren größeren Schwankungen unterworfen als ursprünglich vermutet. Hunderte von Jahren lang war jener Fisch extrem selten, im Zeitraum von etwa 100 v. Chr. bis 300 n. Chr. nahmen seine Bestände kontinuierlich ab. Anschließend stiegen die Zahlenwerte nach und nach an und erreichten etwa um 1200 n. Chr. ihren Höchstwert. Von diesem Zeitpunkt an rekonstruierten die Forscher zwar noch Fluktuationen in den Beständen, aber längst nicht mehr in der Größenordnung, wie sie zuvor aufgetreten waren.

Die starken Schwankungen führen die Wissenschaftler auf natürliche Ursachen zurück: Vermutlich haben regionale Klimaveränderungen die Temperatur der Ozeane verändert, und diese wiederum beeinflusste die Ökologie des Planktons nachhaltig. Und jene Verschiebungen am Anfang der Nahrungskette wirkten sich zwangsläufig auch auf den Lachs aus, der sich nunmehr mit einem veränderten Nahrungsangebot konfrontiert sah.

Basierend auf einem Vergleich ihrer Ergebnisse mit archäologischem Datenmaterial entdeckten die Forscher zudem eine enge Beziehung zwischen den kulturellen Entwicklungen des Menschen und den verfügbaren Nahrungsressourcen. War die Anzahl der Lachse gering, so fing die lokale Bevölkerung größtenteils marine Säugetiere wie Seehunde und Wale. Als die Fischbestände jedoch umfangreicher wurden, schalteten die Menschen wieder auf den Lachsfang um.

Im nächsten Schritt hoffen die Wissenschaftler nun, die Entwicklung der Lachsbestände bis zur letzten Eiszeit vor 12 000 Jahren zurückzuverfolgen, als sich jene Gewässer herausbildeten. Des Weiteren planen sie die geographische Reichweite ihrer Untersuchungen auszudehnen – von Alaska bis hin zu den pazifischen nordwestlichen Staaten der USA. "Lachse sind wichtige ökologische, ökonomische und kulturelle Ressourcen in der Nordpazifik-Region und ihre Antwort auf zukünftige Klimaveränderungen ist sehr ungewiss", gibt John Smol aus dem Forscherteam zu Bedenken.

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