Long Covid: Langzeitfolgen von Covid-19 in allen Altersgruppen
Langfristige Gesundheitsprobleme nach Covid-19 treten auch bei Kindern und Jugendlichen gehäuft auf. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der TU Dresden, die bereits im Oktober 2021 als ungeprüfte Vorabveröffentlichung erschien und ein Jahr später nach fachlicher Prüfung in der Fachzeitschrift »PLOS Medicine« veröffentlicht wurde.
Das Team um den Gesundheitsforscher Martin Rößler nutzte anonymisierte Krankenkassendaten, um die Häufigkeit von 96 vorab festgelegten Symptomen von rund 157 000 an Covid-19 Erkrankten in den sechs Monaten nach der Infektion mit der Gesamtbevölkerung zu vergleichen. Dabei zeigte sich, dass Kinder und Jugendliche um 30 Prozent häufiger drei Monate oder später nach der Infektion gesundheitliche Probleme hatten. Bei Erwachsenen traten Gesundheitsprobleme um 33 Prozent häufiger auf. Da Erwachsene häufiger krank werden, ist jedoch bei ihnen der absolute Anstieg der Krankheitslast rund doppelt so hoch wie bei Kindern und Jugendlichen. Die Untersuchung deutet darauf hin, dass Spätfolgen einer Infektion mit Sars-CoV-2 bei Kindern zwar seltener, aber nicht vernachlässigbar sind.
Die Resultate der Arbeitsgruppe zeigen außerdem, dass sich die mutmaßlichen Langzeitfolgen bei Kindern und Jugendlichen anders äußern. Bei ihnen traten vor allem Unwohlsein, Müdigkeit, Erschöpfung, Husten sowie Hals- und Brustschmerzen auf, während Erwachsene drei Monate nach einer Covid-19-Infektion vor allem Geruchs- und Geschmacksstörungen, Fieber und Atemnot hatten. Die vorliegende Studie bestätigt nun für Deutschland die international beschriebenen Post-Covid-Symptomcluster bei Erwachsenen und zeigt, dass Kinder ein anderes Muster auch postakut haben, sagt der Neurologe Peter Berlit gegenüber dem Science Media Center. »Was leider auch diese Studie nicht zeigen kann, ist, ob tatsächlich ein Kausalzusammenhang zwischen Sars-CoV-2-Infektion und allen hier beschriebenen Symptomen besteht.«
Fachleute loben vor allem den großen Umfang und das Studiendesign der Untersuchung. Es gibt eine gut gewählte Kontrollgruppe, was ja sonst schon selten ist, sagt die Ärztin Clara Lehmann, Leiterin des Infektionsschutzzentrums, Uniklinik Köln. »Auch die Notwendigkeit des Sars-CoV-2-Nachweises per PCR ist erwähnenswert. Die Diagnosen wurden durch einen Arzt oder Psychotherapeuten gestellt, also im Rahmen einer Präsenzvisite, nicht via App oder Selbsteinschätzung.« Die Ergebnisse bestätigten insgesamt viele bereits in anderen Studien erhobene Daten über Long Covid.
Allerdings hat die Studie auch Schwächen, insbesondere bei der Datenqualität. »Die Verschlüsselungsqualität limitiert die Wertigkeit der Ergebnisse, ebenso die retrospektive Auswertung«, sagt Berlit. Außerdem stammen die Daten aus dem ersten Jahr der Pandemie, so dass sich die Ergebnisse auf Varianten des Virus beziehen, die derzeit keine Rolle mehr spielen. Außerdem standen zu der Zeit keine Impfungen zur Verfügung, so dass nicht klar ist, wie aussagekräftig die Ergebnisse für die aktuelle Situation sind. Über die Folgen der inzwischen häufiger auftretenden mehrfachen Infektionen, die zumindest laut einer aktuell in »Nature Medicine« publizierten Untersuchung mit einem steigenden Risiko von Gesundheitsschäden zusammenhängen, macht die Studie ebenfalls keine Aussagen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.