News: Luxus Schrott
Während Bakterien äußerst Platz sparend ihre Gene auf der DNA abspeichern, leisten sich höhere Organismen den Luxus nicht-codierender Abschnitte. Über Sinn und Unsinn dieser junk-DNA streiten sich die Gelehrten schon lange. Vielleicht hängt der "Schrott" schlicht mit der Populationsgröße zusammen.
98 Prozent Schrott, Ausschuss, überflüssig. Nur zwei Prozent sind wirklich zu gebrauchen. So ernüchternd war der Eindruck, den das menschliche Genom nach seiner mühevollen Entzifferung hinterließ. Von den über drei Milliarden Basenpaaren codiert nur ein winziger Teil – insgesamt vielleicht 30 000 Abschnitte – für Proteine, sind also echte Gene. Der Rest, jene 98 Prozent, besteht aus zigtausend Basenpaaren: lange, wüstenartige Bereichen, die anscheinend völlig funktionslos sind und auch noch die wenigen Gene wahllos unterbrechen und auseinanderreißen.
Ganz anders ein Bakteriengenom: Der Darmkeim Escherichia coli packt seine 4300 Gene in ein Erbgut mit nur 4,6 Millionen Bausteinen – also 100-mal effektiver als sein menschlicher Wirt. Hier wird an der Boten-RNA auch nicht mehr mühselig herumgeschnippelt – wie das bei höheren Organismen mit ihren in Exons und Introns untergliederten Genen üblich ist –, sondern die Botschaft wird direkt nach dem Ablesen in Proteine übersetzt.
Warum leisten sich die Eukaryoten, wie Menschen, Mücken und Maiglöckchen, diese wüstenartigen Abschnitte – abfällig auch junk-DNA genannt –, und warum verzichten die Prokaryoten, also die Bakterien, gänzlich darauf?
Die Antwort könnte schlicht in der Größe der Organismen liegen, vermutet Michael Lynch. Der Biologe von der Indiana University hat sich mit John Conery, seines Zeichens Computerwissenschaftler an der University of Oregon, zusammengetan, um mit ihm das Problem gemeinsam anzugehen.
Bei der Auswertung der bereits bekannten Genomlängen der unterschiedlichsten Arten – vom kleinsten Bakterium bis zum Menschen – ergab sich ein klarer Zusammenhang: Mit wachsender Organismengröße stieg rapide die Länge des Erbguts an. Körpergröße, so die Idee der Forscher, hängt jedoch wiederum mit der Populationsgröße zusammen, denn je größer die Organismen, in desto kleineren Gemeinschaften leben sie zusammen.
In kleinen Populationen haben wiederum Mutationen – die ja meistens nachteilig sind – eine gewisse Überlebenschance; bei großen Populationen werden sie dagegen sehr schnell herausselektioniert. Bei kleinen Populationen wirkt also weniger die Selektion, sondern schlicht der Zufall – ein Phänomen, das als genetische Drift bekannt ist.
Und diese genetische Drift, argumentieren die beiden Wissenschaftler weiter, machte sich im Laufe der Evolution immer stärker bemerkbar: Als sich die ersten Eukaryoten vor vielleicht 2,5 Milliarden Jahren aus Prokaryoten entwickelten, nahm die Organismengröße zu, die Populationsgröße ging entsprechend zurück, und damit stieg auch die genetische Drift. Genau das gleiche geschah beim Zusammenschluss einzelliger Eukaryoten zu komplizierten Mehrzellern vor etwa 700 Millionen Jahren.
Damit wäre die junk-DNA nichts anderes als ein Produkt des Zufalls – überflüssiger Luxus, der sich im Laufe der Evolution angesammelt hat, und auf den die Bakterien, in ständiger gegenseitiger Konkurrenz, wohlweislich verzichten.
Andere Wissenschaftler sind jedoch nicht ganz davon überzeugt, dass wirklich die gesamte junk-DNA nur sinnloser Schrott ist und nicht doch – wenigstens zum Teil – wichtige Aufgaben übernimmt, wie zum Beispiel bei der Gensteuerung. Aber die These von Lynch und Conery lässt sich überprüfen, wenn mehr Genome entziffert worden sind: Denn bekanntermaßen nimmt die Populationsgröße auch innerhalb von Nahrungspyramiden ab. Das Genom eines Räubers müsste demnach junk-haltiger sein als das eines Pflanzenfressers. Und sollte die Wissenschaft einmal Prokaryoten entdecken, die in ungewöhnlich kleinen Gemeinschaften zusammenleben, dann könnte hier die Suche nach Genschrott Interessantes zu Tage fördern.
Ganz anders ein Bakteriengenom: Der Darmkeim Escherichia coli packt seine 4300 Gene in ein Erbgut mit nur 4,6 Millionen Bausteinen – also 100-mal effektiver als sein menschlicher Wirt. Hier wird an der Boten-RNA auch nicht mehr mühselig herumgeschnippelt – wie das bei höheren Organismen mit ihren in Exons und Introns untergliederten Genen üblich ist –, sondern die Botschaft wird direkt nach dem Ablesen in Proteine übersetzt.
Warum leisten sich die Eukaryoten, wie Menschen, Mücken und Maiglöckchen, diese wüstenartigen Abschnitte – abfällig auch junk-DNA genannt –, und warum verzichten die Prokaryoten, also die Bakterien, gänzlich darauf?
Die Antwort könnte schlicht in der Größe der Organismen liegen, vermutet Michael Lynch. Der Biologe von der Indiana University hat sich mit John Conery, seines Zeichens Computerwissenschaftler an der University of Oregon, zusammengetan, um mit ihm das Problem gemeinsam anzugehen.
Bei der Auswertung der bereits bekannten Genomlängen der unterschiedlichsten Arten – vom kleinsten Bakterium bis zum Menschen – ergab sich ein klarer Zusammenhang: Mit wachsender Organismengröße stieg rapide die Länge des Erbguts an. Körpergröße, so die Idee der Forscher, hängt jedoch wiederum mit der Populationsgröße zusammen, denn je größer die Organismen, in desto kleineren Gemeinschaften leben sie zusammen.
In kleinen Populationen haben wiederum Mutationen – die ja meistens nachteilig sind – eine gewisse Überlebenschance; bei großen Populationen werden sie dagegen sehr schnell herausselektioniert. Bei kleinen Populationen wirkt also weniger die Selektion, sondern schlicht der Zufall – ein Phänomen, das als genetische Drift bekannt ist.
Und diese genetische Drift, argumentieren die beiden Wissenschaftler weiter, machte sich im Laufe der Evolution immer stärker bemerkbar: Als sich die ersten Eukaryoten vor vielleicht 2,5 Milliarden Jahren aus Prokaryoten entwickelten, nahm die Organismengröße zu, die Populationsgröße ging entsprechend zurück, und damit stieg auch die genetische Drift. Genau das gleiche geschah beim Zusammenschluss einzelliger Eukaryoten zu komplizierten Mehrzellern vor etwa 700 Millionen Jahren.
Damit wäre die junk-DNA nichts anderes als ein Produkt des Zufalls – überflüssiger Luxus, der sich im Laufe der Evolution angesammelt hat, und auf den die Bakterien, in ständiger gegenseitiger Konkurrenz, wohlweislich verzichten.
Andere Wissenschaftler sind jedoch nicht ganz davon überzeugt, dass wirklich die gesamte junk-DNA nur sinnloser Schrott ist und nicht doch – wenigstens zum Teil – wichtige Aufgaben übernimmt, wie zum Beispiel bei der Gensteuerung. Aber die These von Lynch und Conery lässt sich überprüfen, wenn mehr Genome entziffert worden sind: Denn bekanntermaßen nimmt die Populationsgröße auch innerhalb von Nahrungspyramiden ab. Das Genom eines Räubers müsste demnach junk-haltiger sein als das eines Pflanzenfressers. Und sollte die Wissenschaft einmal Prokaryoten entdecken, die in ungewöhnlich kleinen Gemeinschaften zusammenleben, dann könnte hier die Suche nach Genschrott Interessantes zu Tage fördern.
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