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Konkurrenzkampf: Macht menschlicher Einfluss Schimpansen aggressiv?

Bei Kämpfen kommt es häufig vor, dass Schimpansen ihre Artgenossen töten. Ist dieses Verhalten auf menschlichen Einfluss zurückzuführen?
Schimpansengruppe

Schimpansen leben in Gruppen, und wenn es um die Frage des Territoriums geht, kracht es zwischen ihnen mitunter heftig. Oftmals enden die Kämpfe sogar mit dem Tod eines Artgenossen. Ist das noch ein natürlich konkurrierendes Verhalten, oder beeinflussen wir Menschen die Umwelt der Affen so sehr, dass sie dadurch aggressiver werden? Michael L. Wilson von der University of Minnesota und seine Kollegen analysierten Daten über das Verhalten und die Lebensweise von 18 Schimpansen- und 4 Bonobo-Gruppen. Sie fanden heraus, dass der Einfluss des Menschen keine Auswirkungen auf die Anzahl der tödlich endenden Kämpfe unter den Affen hatte. Die Forscher belegten die Vermutung, dass es sich bei den zusammengenommen 151 tödlich geendeten Kämpfen der Schimpansen um ein evolutionär bedingtes Verhalten handelt, während bei den Bonobos in den beobachteten letzten 39 Jahren vermutlich nur ein Artgenosse getötet wurde. Es ist Teil der Anpassungsstrategie von Schimpansen, Artgenossen fremder Klans zu töten, denn das verspricht für sie ein größeres Territorium und somit auch mehr Nahrung.

Eine Hypothese besagt, dass Schimpansen mit gesteigerter Aggressivität reagieren, wenn sie zu sehr vom Menschen gestört werden: Menschen verkleinern den Lebensraum der Affen, machen Jagd auf sie oder verändern ihre natürliche Lebensweise, indem sie sie füttern. Auf der anderen Seite beeinflussen auch natürliche Umstände, wie sich Schimpansen verhalten. Wie viele Männchen zu einem Verband gehören, wie viel Nahrung zur Verfügung steht und mit wie vielen konkurrierenden Gruppen sich Schimpansen ein Territorium teilen, sind wichtige Faktoren.

Der natürliche Einfluss ist ausschlaggebend, wie die Daten zeigen. Je mehr Männchen zu einer Gruppe gehören und je dichter die Schimpansengruppen zusammenleben, desto häufiger kommt es zu tödlichen Auseinandersetzungen. Dagegen war der Zusammenhang zwischen der Anzahl von getöteten Schimpansen und menschlichen Einflussfaktoren verschwindend gering. Während im relativ ungestörten Ngogo-Gebiet Schimpansen ihre Artgenossen am häufigsten töteten, starben in Bossou, wo Menschen am stärksten in die Lebensweise der Tiere eingreifen, gar keine Schimpansen in Kämpfen. Schimpansen töten vor allem Männchen und Jungtiere konkurrierender Gruppen statt Mitglieder des eigenen Verbands, obwohl Letztere im Alltag sogar weit mehr Konflikte auslösen. Das spricht dafür, dass die Konfrontationen nicht aus Aggression tödlich enden, sondern konkurrierende Gruppen unter bestimmten Umständen gezielt dezimiert werden sollen, um die Bedingungen der eigenen Gruppe zu verbessern. Zudem hat sich am tödlich endenden Kampfverhalten seit 50 Jahren nichts geändert.

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