Hirnforschung: Macht Musik doch nicht schlau?
Musizieren macht Spaß und kann Kreativität und Selbstbewusstsein fördern. Darüber hinaus werden Musik viele weitere Effekte nachgesagt: Lange wurde behauptet, dass Babys durch das Hören von Mozart-CDs intelligenter würden, und Musikunterricht im Kindesalter steht in dem Ruf, die kognitiven Leistungen zu verbessern. Die Studie zum so genannten "Mozart-Effekt" wurde inzwischen widerlegt, doch nach wie vor ist die Auffassung verbreitet, dass Musik schlau macht, also mehr fördert als lediglich die Fähigkeiten, die beim Musizieren direkt trainiert werden. Zwei neue Studien an insgesamt 74 Kindern können nun allerdings keine Auswirkungen auf die Intelligenz belegen.
Forscher um Samuel Mehr von der Harvard University in Cambridge unterrichteten für ihre erste Studie 29 Vierjährige über sechs Wochen hinweg entweder in Musik- oder Kunstkursen. Die Eltern begleiteten ihre Kinder zu den wöchentlichen Stunden. Eine Woche nach der letzten Unterrichtseinheit testeten die Forscher die sprachlichen, numerischen und räumlichen Fähigkeiten der Teilnehmer. Bei einer von vier Aufgaben schnitten die Musik-Kinder tatsächlich etwas besser ab, bei einer anderen waren sie dagegen schlechter als die Kunst-Kinder. Zur Überprüfung der Ergebnisse führten Mehr und Kollegen eine weitere Studie durch, dieses Mal mit 45 Kindern, die entweder Musikunterricht bekamen wie die Teilnehmer der ersten Studie oder nicht unterrichtet wurden. Keiner der Effekte aus Studie 1 ließ sich reproduzieren, und die Kinder, die Musikunterricht bekommen hatten, unterschieden sich in ihren Leistungen nicht von den Teilnehmern aus der Kontrollgruppe.
Auch frühere Publikationen liefern kein einheitliches Bild. Viele sind von geringer wissenschaftlicher Qualität und daher wenig aussagekräftig. Von gerade einmal fünf randomisierten Studien konnte lediglich eine einen geringfügigen positiven Effekt von Musikunterricht auf den IQ ermitteln. Reproduziert wurde diese Studie bislang nicht. Mehr und Kollegen betonen jedoch trotz ihrer negativen Versuchsergebnisse, sie könnten nicht ausschließen, dass Musik die Intelligenz fördert. Nicht untersucht haben sie beispielsweise langfristige Effekte. Und selbst wenn positive Auswirkungen auf das Gehirn unbelegt bleiben, so habe Musik doch einen Wert an sich, sagt Mehr: "Es wäre verrückt, unseren Kinder das vorzuenthalten."
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