News: Made in Germany
Hohe Standortkosten werden von den Konsumenten als ein glaubwürdiges Signal für hohe Produktqualität gehalten. Sie sind somit geeignet, ein Marktversagen bei der Bereitstellung von neuen und technisch komplexen Produkten, deren Qualität die Verbraucher nicht zuverlässig durch direkte Inspektion vor dem Kauf einschätzen können zu überwinden.
Wenn die Verbraucher die Qualität einer Ware aber vor dem Kauf nicht einschätzen können und Garantieversprechen zu teuer sind, stehen die Produzenten vor der schwierigen Aufgabe, das Vertrauen der Konsumenten zu gewinnen und sie von der Produktqualität zu überzeugen. Durch die Ansiedlung an einem relativ teuren Standort wie Deutschland können die Unternehmen glaubwürdig signalisieren, daß sie Waren hoher Qualität anbieten.
Die Produktion an einem relativ teuren Standort bürdet dem Unternehmen zusätzliche Kosten in Form hoher Löhne oder hoher Umweltstandards auf, die sich nur dann rentieren, wenn sich das Unternehmen langfristig im Markt für Waren hoher Qualität behaupten kann. Im Hochqualitätssegment des Markts kann sich ein Unternehmen aber nur dann behaupten, wenn es sein Qualitätsversprechen einhält und tatsächlich dauerhaft hohe Qualität produziert.
Anbieter niedriger Qualität werden nicht an einem teuren Standort produzieren, weil die Produktion in Billiglohnländern im allgemeinen kostengünstiger ist. Auch die Ansiedlung an einem teuren Standort zur Täuschung der Qualitätserwartungen der Verbraucher lohnt sich nicht, weil enttäuschte Konsumenten dem Unternehmen ihr Vertrauen in Zukunft entziehen werden. Die hohen Standortkosten sorgen dann dafür, daß das als Anbieter niedrigqualitativer Produkte gebrandmarkte Unternehmen auf den internationalen Märkten nicht mehr wettbewerbsfähig ist und den Standort verlassen muß. Ein Marktaustritt ist jedoch nicht kostenlos an einem Standort wie Deutschland zu haben.
Hohe Standortkosten in Form hoher Löhne, hoher Sozialabgaben, streng einzuhaltender Umweltauflagen und Sozialpläne für entlassene Arbeitnehmer setzen ökonomische Anreize, so daß sich an teuren Standorten nur solche Unternehmen ansiedeln, die langfristig hohe Qualität anbieten möchten. Unternehmen, die Produkte niedriger Qualität herstellen, werden hingegen von einer Ansiedlung in einem teuren Standort abgeschreckt und produzieren daher in Billiglohnländern. In einem solchen Fall können Verbraucher anhand des Produktionsstandorts, den sie durch das "Made in"-Zeichen direkt von der Ware ablesen können, zwischen Anbietern verschiedener Qualitätsniveaus unterscheiden.
Für den Wert des Gütesiegels "Made in Germany" und die Attraktivität des Produktionsstandorts Deutschland ist es wichtig, eine mißbräuchliche Verwendung dieses Siegels zu verhindern. In diesem Zusammenhang ist an der deutschen Rechtslage sowie an den geltenden EU-Verordnungen zu kritisieren, daß der informative Signalcharakter von Herkunftsbezeichungen nur unzureichend berücksichtigt wird. Denn es dürfen auch solche Produkte das Gütesiegel "Made in Germany" führen, die zu einem großen Teil im Ausland produziert worden sind. Da die ins Ausland ausgelagerte Produktion von Komponenten im allgemeinen in Billiglohnländern erfolgt, kann die gegenwärtige Gesetzeslage langfristig gesehen zu einer Abwertung des Gütesiegels führen.
Die Einsicht, daß die im internationalen Vergleich hohen Standortkosten Deutschlands Anreize zum Erhalt des Qualitätssignals "Made in Germany" setzen, hat auch interessante Auswirkungen für die aktuelle Standortdebatte. Globalisierung und der damit einhergehende verschärfte internationale Standortwettbewerb müssen demnach nicht notwendig zu einer sozial schädlichen Subventionskonkurrenz führen. Ein "Herunterkonkurrieren" von Steuern und Abgaben würde zu einer internationalen Angleichung der Standortkosten auf ein Minimalniveau führen, so daß eine Unterscheidung von Unternehmen nach Ländern kaum mehr möglich wäre.
In diesem Fall müßten die Unternehmen in einem größeren Maße versuchen, die Qualität ihrer Waren durch den Aufbau von unternehmensspezifischen Markennamen zu signalisieren, was jedoch gerade für klein- und mittelständische Betriebe aufgrund zu geringer Kapitalausstattung nicht ohne weiteres möglich ist. Um die Zugkraft des "Made in Germany"-Siegels zu erhalten, wäre es daher schädlich, die nationale Standortkostenstruktur derjenigen von Billiglohnländern anzugleichen.
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