News: Magenbakterien "Out of Africa"
Ein winziges Bakterium kann offenbaren, auf welchen Wegen unsere Vorfahren die Welt besiedelt haben. Deutsche Forscher spürten den bakteriellen Krankheitserreger Helicobacter pylori in Menschen verschiedener ethnischer Zugehörigkeit und geografischer Herkunft auf und analysierten die weltweite Populationsstruktur des Bakteriums, das die Menschheit schon seit Urzeiten begleitet.
Helicobacter pylori ist ein Bakterium, das die Magenschleimhaut bei mehr als der Hälfte der Weltbevölkerung besiedelt. Die Kolonisation mit H. pylori kann oft über Jahrzehnte dauern und zu Magen- und Zwölffingerdarm-Geschwüren führen, wenn keine Behandlung erfolgt. Durch die Infektion erhöht sich außerdem das Risiko, im Magen an bösartigen Tumoren wie dem Magenkarzinom oder -lymphom zu erkranken.
Das Bakterium wird vorwiegend innerhalb von Familien übertragen und breitet sich nicht epidemisch aus. Es zeichnet sich außerdem durch eine sehr hohe genetische Diversität aus, die etwa fünfzig Mal höher ist als beim Menschen. Und die DNA-Sequenzen von H. pylori sind in Abhängigkeit von der geographischen Region, in der die Bakterien isoliert wurden, sehr unterschiedlich.
Berliner und Würzburger Infektionsforscher versuchten jetzt – zusammen mit Kooperationspartnern von sechs weiteren Universitäten in den USA und in Frankreich – mit Hilfe der genetischen Unterschiede die Geschichte dieses Begleiters der Menschheit aufzuspüren. Dazu bestimmten die Wissenschaftler um Mark Achtman vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin und Sebastian Suerbaum von der Universität Würzburg die Nukleotid-Sequenz repräsentativer Gene für 370 H.-pylori-Stämme aus 27 ethnischen Gruppen und geographischen Regionen.
Die Forscher erhielten auf diese Weise 370 H.-pylori-Haplotypen mit 1418 polymorphen Nukleotiden. Die populationsgenetische Analyse der Sequenzdiversität zeigte, dass sich die Bakterien sieben "modernen", also heute existierenden Populationen und Subpopulationen zuordnen lassen.
Die Wissenschaftler entwickelten deshalb eine neue mathematische Methode, um aus den modernen Populationen deren frühere Vorfahren zu rekonstruieren. Die auf diese Weise gefundenen ursprünglichen H.-pylori-Populationen hatten ihren Ursprung in Afrika, dem Nahen Osten, Zentralasien und Ostasien. Durch Vergleich zwischen diesen ursprünglichen und den heutigen Populationen konnten die Forscher rekonstruieren, wie H. pylori sich über die Wanderungen von menschlichen Bevölkerungsgruppen auf der Erde verbreitet hat.
Treffen nun verschiedene H.-pylori-Stämme im Magen eines Menschen aufeinander, können sie Erbinformationen untereinander austauschen, indem lebende Bakterien freie DNA von abgestorbenen Bakterien aufnehmen, wodurch Mosaikgenome mit importierten kleinen DNA-Bereichen entstehen. So sind die heute in Europa nachweisbaren H.-pylori-Bakterien das Ergebnis einer genetischen Fusion, entstanden durch Rekombination von zwei alten H.-pylori-Populationen, die unabhängig voneinander aus Zentralasien und aus dem Nahen Osten nach Europa eingewandert sind. Andere H.-pylori-Populationen entwickelten sich während der mehrere Tausend Jahre langen Isolation der Polynesier im Pazifik, der Wanderung der sibirischen Vorfahren der Indianer über die Beringstraße nach Amerika oder der Expansion der Bantu in Afrika.
In vielen Gegenden der Erde herrscht heute durch die Vermischung der Bevölkerungsgruppen eine heftige Konkurrenz zwischen den ursprünglich ansässigen H.-pylori-Bakterien und jüngeren "Einwanderern", die durch Migrationen in den letzten Jahrhunderten importiert wurden. Beispiele für solche Wanderbewegungen, deren Spuren sich in den heutigen Bakterien nachweisen lassen, sind die von Europa ausgegangenen Kolonialisierungen von Nord- und Südamerika, Afrika und Australien sowie der Sklavenhandel.
Der englische Mikrobiologe Brian Spratt vom Imperial College London bezweifelt jedoch, dass die H.-pylori-Daten ausreichen, um die komplexen Völkerwanderungen in Europa oder Asien zu entwirren. Die jetzt für die Bakterien entwickelten Methoden sollten jedoch prinzipiell auch für den Menschen anwendbar sein. Da die Ausbreitung von H. pylori engere menschliche Beziehungen voraussetzen, sollte sich aus den Daten schließen lassen, wie eng die menschlichen Kontakte zu verschiedenen Zeiten waren. Damit wären wichtige Einblicke in die noch wenig verstandene Epidemiologie dieser Infektionskrankheit möglich.
Zumindest erhoffen sich die Wissenschaftler bessere Behandlungsmöglichkeiten von H.-pylori-Infektionen. Denn genetische Unterschiede zwischen verschiedenen bakteriellen Populationen könnten auch eine unterschiedliche Virulenz der Bakterien zur Folge haben. Und weil diese Unterschiede auch die Wirksamkeit von Behandlungen mit Antibiotika beeinflussen können, sollten sie nach Ansicht der Forscher bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen H. pylori in Betracht gezogen werden, um so einen Schutz gegen H.-pylori-Stämme aus allen Regionen der Welt zu erreichen.
Das Bakterium wird vorwiegend innerhalb von Familien übertragen und breitet sich nicht epidemisch aus. Es zeichnet sich außerdem durch eine sehr hohe genetische Diversität aus, die etwa fünfzig Mal höher ist als beim Menschen. Und die DNA-Sequenzen von H. pylori sind in Abhängigkeit von der geographischen Region, in der die Bakterien isoliert wurden, sehr unterschiedlich.
Berliner und Würzburger Infektionsforscher versuchten jetzt – zusammen mit Kooperationspartnern von sechs weiteren Universitäten in den USA und in Frankreich – mit Hilfe der genetischen Unterschiede die Geschichte dieses Begleiters der Menschheit aufzuspüren. Dazu bestimmten die Wissenschaftler um Mark Achtman vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin und Sebastian Suerbaum von der Universität Würzburg die Nukleotid-Sequenz repräsentativer Gene für 370 H.-pylori-Stämme aus 27 ethnischen Gruppen und geographischen Regionen.
Die Forscher erhielten auf diese Weise 370 H.-pylori-Haplotypen mit 1418 polymorphen Nukleotiden. Die populationsgenetische Analyse der Sequenzdiversität zeigte, dass sich die Bakterien sieben "modernen", also heute existierenden Populationen und Subpopulationen zuordnen lassen.
Die Wissenschaftler entwickelten deshalb eine neue mathematische Methode, um aus den modernen Populationen deren frühere Vorfahren zu rekonstruieren. Die auf diese Weise gefundenen ursprünglichen H.-pylori-Populationen hatten ihren Ursprung in Afrika, dem Nahen Osten, Zentralasien und Ostasien. Durch Vergleich zwischen diesen ursprünglichen und den heutigen Populationen konnten die Forscher rekonstruieren, wie H. pylori sich über die Wanderungen von menschlichen Bevölkerungsgruppen auf der Erde verbreitet hat.
Treffen nun verschiedene H.-pylori-Stämme im Magen eines Menschen aufeinander, können sie Erbinformationen untereinander austauschen, indem lebende Bakterien freie DNA von abgestorbenen Bakterien aufnehmen, wodurch Mosaikgenome mit importierten kleinen DNA-Bereichen entstehen. So sind die heute in Europa nachweisbaren H.-pylori-Bakterien das Ergebnis einer genetischen Fusion, entstanden durch Rekombination von zwei alten H.-pylori-Populationen, die unabhängig voneinander aus Zentralasien und aus dem Nahen Osten nach Europa eingewandert sind. Andere H.-pylori-Populationen entwickelten sich während der mehrere Tausend Jahre langen Isolation der Polynesier im Pazifik, der Wanderung der sibirischen Vorfahren der Indianer über die Beringstraße nach Amerika oder der Expansion der Bantu in Afrika.
In vielen Gegenden der Erde herrscht heute durch die Vermischung der Bevölkerungsgruppen eine heftige Konkurrenz zwischen den ursprünglich ansässigen H.-pylori-Bakterien und jüngeren "Einwanderern", die durch Migrationen in den letzten Jahrhunderten importiert wurden. Beispiele für solche Wanderbewegungen, deren Spuren sich in den heutigen Bakterien nachweisen lassen, sind die von Europa ausgegangenen Kolonialisierungen von Nord- und Südamerika, Afrika und Australien sowie der Sklavenhandel.
Der englische Mikrobiologe Brian Spratt vom Imperial College London bezweifelt jedoch, dass die H.-pylori-Daten ausreichen, um die komplexen Völkerwanderungen in Europa oder Asien zu entwirren. Die jetzt für die Bakterien entwickelten Methoden sollten jedoch prinzipiell auch für den Menschen anwendbar sein. Da die Ausbreitung von H. pylori engere menschliche Beziehungen voraussetzen, sollte sich aus den Daten schließen lassen, wie eng die menschlichen Kontakte zu verschiedenen Zeiten waren. Damit wären wichtige Einblicke in die noch wenig verstandene Epidemiologie dieser Infektionskrankheit möglich.
Zumindest erhoffen sich die Wissenschaftler bessere Behandlungsmöglichkeiten von H.-pylori-Infektionen. Denn genetische Unterschiede zwischen verschiedenen bakteriellen Populationen könnten auch eine unterschiedliche Virulenz der Bakterien zur Folge haben. Und weil diese Unterschiede auch die Wirksamkeit von Behandlungen mit Antibiotika beeinflussen können, sollten sie nach Ansicht der Forscher bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen H. pylori in Betracht gezogen werden, um so einen Schutz gegen H.-pylori-Stämme aus allen Regionen der Welt zu erreichen.
© Max-Planck-Gesellschaft
Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ist eine vorwiegend von Bund und Ländern finanzierte Einrichtung der Grundlagenforschung. Sie betreibt rund achtzig Max-Planck-Institute.
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