Südatlantik: Magnetische Anomalie besteht seit Millionen von Jahren
Auf den ersten Blick ähnelt das Magnetfeld der Erde dem eines Stabmagneten: Die Feldlinien verlassen die Erdkugel am Südpol, machen einen großen Bogen und dringen am Nordpol wieder in unseren Planeten ein. Verantwortlich ist der äußere Erdkern, der aus flüssigem Eisen besteht und ähnlich einem Dynamo laufend rotiert.
Wenn man genauer hinsieht, weicht das Erdmagnetfeld jedoch deutlich von dem eines magnetischen Dipols ab. Am augenscheinlichsten wird das über dem Südatlantik, wo der Schutzschirm der Erde merklich schwächelt. Manche Geophysiker halten dauerhafte Unregelmäßigkeiten an der Grenze zwischen Kern und Erdmantel in 2900 Kilometer Tiefe für die plausibelste Ursache. Andere Experten sehen in der »südatlantischen Anomalie« dagegen ein temporäres Phänomen, das große Umwälzungen im Erdmagnetfeld ankündigt – möglicherweise sogar einen bald bevorstehenden Polsprung.
Ein Forscherteam der University of Liverpool macht sich nun allerdings für das andere Szenario stark: Das Magnetfeld über dem Südatlantik habe sich schon vor acht bis elf Millionen Jahren sonderbar verhalten, schreibt das Team im Fachmagazin »PNAS«. Das spreche für eine dauerhafte geologische Störstelle im Erdinneren. Entsprechend unwahrscheinlich sei ein baldiger Polsprung.
Das Team stützt sich auf Vulkangestein von St. Helena, der Insel vor der Küste Westafrikas, auf die einst Napoleon verbannt wurde. Sie befinde sich im Einzugsbereich der Anomalie und eigne sich daher bestens für einen Blick in die Vergangenheit. Insgesamt werteten die Wissenschaftler 225 Proben aus 46 zu unterschiedlichen Zeiten erstarrten Lavaflüssen aus. In dem Material ist jeweils die Orientierung des Erdmagnetfelds zum Zeitpunkt des Erkaltens der Masse konserviert.
Die Magnetfeldrichtungen in den Proben schwankten überraschend stark, berichtet das Team. Das spricht aus Sicht der Forscher für eine Besonderheit im tiefen Erdmantel, die nicht – wie bisher vermutet – seit Tausenden, sondern seit Millionen von Jahren besteht. Eine Möglichkeit sei, dass das flüssige Eisen im äußeren Kern hier kleine Wirbel bildet, was dauerhaft zu Störungen des Magnetfelds an der Erdoberfläche führt.
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