Quantenphysik: Magnetische Monopole sind doch keine Teilchenzerstörer

Ein Magnet kommt immer als Zwilling daher: Er hat einen Nord- und einen Südpol. Teilt man ihn in der Mitte, dann verdoppelt sich die Anzahl der Pole; das Ergebnis sind zwei Magnete mit je einem Nord- und Südpol. Diese Tatsache ist Fachleuten seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge. Denn die Gleichungen der Physik wären deutlich schöner, wenn es einzelne magnetische Pole, so genannte Monopole gäbe – so, wie auch elektrische Ladungen isoliert auftreten können. Allerdings wurden bisher keine experimentellen Hinweise auf Monopole gefunden.
Auch auf der theoretischen Seite sah es düster aus. In den 1980er Jahren stellten Physiker fest, dass diese hypothetischen Objekte ein großes Problem mit sich bringen: Sie könnten andere Elementarteilchen spalten, so dass fragmentartige Teilchen entstehen. Damit schienen magnetische Monopole zum Scheitern verdammt. Doch nun haben die Physiker Vazha Loladze von der University of Oxford und Takemichi Okui von der Florida State University herausgefunden, dass diese theoretischen Arbeiten etwas übersehen haben. Die Teilchenfragmente setzen sich in den Modellrechnungen nämlich wieder zu ganzen Teilchen zusammen. Ihre Ergebnisse haben sie im Februar 2025 im Fachjournal »Physical Review Letters« veröffentlicht.
Magnetische Monopole galten lange als Hoffnungsträger, um zahlreiche Rätsel der Physik zu lösen. Wenn es diese isolierten magnetischen Pole gäbe, ließe sich beispielsweise erklären, warum alle beobachtbaren Teilchen ein Vielfaches der Elektronenladung besitzen. Zudem könnten Monopole auch Anwärter für Dunkle Materie sein; darüber hinaus spielen sie in vielen Theorien, die über das Standardmodell der Teilchenphysik hinausgehen, eine große Rolle. Daher untersuchen theoretische Physiker seit den 1930er Jahren Quantenmodelle, die auch magnetische Monopole enthalten – in der Hoffnung, dass die Ergebnisse dabei helfen, diese Objekte irgendwann in Laborversuchen nachzuweisen.
Doch als Forschende in den 1980er Jahren überprüften, wie Fermionen (eine Teilchenklasse, zu der auch Elektronen oder Quarks gehören) an magnetischen Monopolen gestreut werden, erhielten sie beunruhigende Ergebnisse. Die mathematischen Gleichungen spuckten bruchstückhafte Teilchenzahlen aus; demnach werden die Fermionen an den magnetischen Monopolen zerschmettert. Physiker bezeichnen diese Teilchenfragmente als »Semitonen« – derartige Objekte wurden aber noch nie beobachtet. Und sie ergeben aus physikalischer Sicht keinen Sinn; es kann kein »halbes Teilchen« geben.
Es könnte mehr magnetische Monopole geben als gedacht
Nun haben Loladze und Okui aber gezeigt, dass die Berechnungen auf falschen Annahmen beruhten. Als die beiden Physiker die zu Grunde liegenden Gleichungen genauer anschauten, erkannten sie, dass die Semitonen verschwinden. Statt an einem Monopol zu zerschmettern, würde sich ein Fermion völlig ungehindert daran vorbei bewegen – also eine völlig andere Situation. Grund für die Unstimmigkeit ist, dass die früheren Arbeiten offenbar bestimmte Aspekte der Gleichungen übersehen haben: Die semitonischen Zustände fügen sich demnach während des Prozesses zu ganzen Teilchen zusammen. Das Modell, dass Loladze und Okui untersucht haben, beschränkt sich auf eine einzige Raumdimension. Sie geben jedoch an, dass sich ihre Überlegungen wahrscheinlich auf weitere Raumdimensionen übertragen lassen.
Das neue Ergebnis ist entscheidend, um die mögliche Anzahl der Monopole abzuschätzen – sofern sie denn existieren. Denn anders als bisher angenommen, beeinflussen magnetische Monopole andere Teilchen kaum; sie können sie quasi ungestört passieren. »Bisher ging man davon aus, dass ein Nukleon, sobald ein Monopol in ein Nukleon eindringt, zu 100 Prozent zerfällt«, schreiben Loladze und Okui. Das hätte zur Folge, dass Protonen beispielsweise beim Zusammentreffen mit einem Monopol zerfallen. Tatsächlich wird seit Jahrzehnten nach Protonenzerfällen gesucht; doch es wurde noch kein einziger beobachtet. Daher nahmen Fachleute an, dass Monopole – wenn überhaupt – sehr selten sind. Sollten sich die Ergebnisse der Forscher also auch in realistischeren Modellen behaupten, könnte das die bisherigen Annahmen über die Anzahl der Monopole widerlegen.
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