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Ernährung: Man nehme: Lysin

Die Zugabe der Aminosäure Lysin in Weizenmehl, das in vielen ärmeren Dörfern Nordsyriens als Grundnahrungsmittel dient, konnte Beklemmungsgefühle und Stressempfinden in der dortigen Bevölkerung deutlich vermindern, berichten Miro Smriga vom Institut für Lebenswissenschaften des japanischen Lebensmittelherstellers Ajinomoto in Kawasaki und seine Kollegen. Die Forscher hatten in einer Doppel-Blindstudie über drei Monate lang das Mehl einiger Bewohner mit Lysin versetzt, das bei auf Weizenmehl basierender Ernährung zum Mangelfaktor werden kann, und sowohl Blutwerte als auch Stressreaktionen wöchentlich verfolgt. Mit einem einleitenden und abschließenden Fragebogen erfassten die Wissenschaftler das seelische Befinden der Teilnehmer.

Aus Tierversuchen war bekannt, dass ein Lysinmangel zu stressinduzierten Beklemmungszuständen führen kann und eine Erhöhung der Lysindosis die Stressempfindlichkeit verbessert. Bei Ratten entstanden die Stressreaktionen durch eine Veränderung des Serotoninhaushaltes in der zentralen Amygdala, einer Hirnregion, die bei Nagern und Menschen ähnliche Aufgaben erfüllt.

Die Forscher reicherten daher das Weizenmehl in einigen Haushalten des nordsyrischen Khannaser-Tales, etwa 80 Kilometer südöstlich von Aleppo, mit 4,2 Gramm Lysin pro Kilogramm Mehl an. Sie entnahmen den Teilnehmern frühmorgens Blutproben mit Spritzen, um bei den Beteiligten Stress auszulösen. Außerdem maßen sie die Leitfähigkeit der Haut während der Prozedur. Die Stressreaktion des Körpers erfassten die Wissenschaftler anhand der Cortisolwerte, chronische Beklemmungszustände leiteten sie aus den Ergebnissen einer Befragung ab.

Bei Männern führte die Weizenmehlanreicherung mit der Zeit zu einer Verringerung der berichteten Beklemmungen, Frauen reagierten nicht auf den Nahrungsmittelzusatz. Der Effekt zeigte sich ausschließlich bei Betroffenen mit zuvor sehr ausgeprägten Problemen, während normale Aufmerksamkeit und soziale Wahrnehmung nicht beeinflusst wurden. Die Veränderung stimmt im Ausmaß mit Resultaten überein, die durch entsprechende Medikamente erreicht werden.

Lysin agiere als Gegenspieler für den so genannten 5-HT4-Rezeptor, der im Verdauungstrakt und den limbischen Arealen des Gehirns sitzt und stressbedingte Verhaltens- wie körperliche Reaktionen verstärkt. Frühere Studien hatten außerdem gezeigt, dass die Aminosäure bei ständiger Zufuhr über Benzodiazepin-Rezeptoren beruhigend wirkt. Über diese beiden Wege werde so chronische Beklemmung gemildert.
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