Klimawandel vor Ort: Manche mögen es gar nicht heiß
Sterbende Schafe, verdorrtes Land, Wasserknappheit: Der Klimawandel trifft Australien zur Zeit besonders hart. Und er ist zu einem guten Teil hausgemacht durch hohe Emissionen und Waldzerstörung. Jetzt könnte das Thema die kommenden Wahlen entscheiden.
Im Uamby-Flüsschen fünfzig Kilometer nordwestlich der Winzer- und Schafzüchterstadt Mudgee fließt kein Wasser mehr. "Ironischerweise bedeutet Uamby in der Sprache des lokalen Aboriginalstammes der Wiradjuri ‚Wo sich die Wasser treffen'", merkt Daniel Kiely an, durch dessen 680 Hektar große Farm der Fluss einstmals in weiten Bögen floss. Der 28-Jährige züchtet zusammen mit seinem Vater Michael Merinoschafe, deren Wolle heiß begehrt ist.
Adoptierte Schafe
Für seine 2800 Schafe muss Kiely Futter kaufen. Er hatte mal 4800 Merinos, aber für so viele Tiere gaben die ausgedorrten Weiden kein Futter mehr, und Kiely musste einige Tausend Schafe verkaufen.
Die Familie lässt sich jedoch nicht kleinkriegen. Sie bringen ihre restlichen Schafe Dank einer Idee von Michael – im Hauptberuf Marketingexperte in Sydney – über die Runden: "Adopt A Sheep". Wer Mitleid hat mit den Kielys oder den Schafen, der kann über das Internet für umgerechnet 21 Euro ein Schaf des Guts "adoptieren": "Davon können wir ein Schaf hundert Tage ernähren", sagt Daniel Kiely.
Landwirtschaft als Klimakiller
Gleichzeitig ist das so kultivierte Land nur noch begrenzt in der Lage, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu binden. Vor zwei Jahren haben die Kielys erstmalig die Expertin für den Zusammenhang von Boden und Kohlenstoff, Christine Jones, getroffen. Das Credo der Direktorin der Organisation "Amazing Carbon" lautet "Boden ist eine erneuerbare Ressource."
Die Kielys sind in der Folge überzeugte Kohlenstoffbauern geworden. "Wir haben entdeckt, dass landwirtschaftlich genutzte Böden der einzige Weg sind, riesige Mengen CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen und die Welt vor einer Katastrophe zu bewahren", schreibt Michael Kiely in seinem Internet-Blog. "Bäume können das nicht rechtzeitig genug tun", denn man könne nicht schnell genug Bäume pflanzen, und sie würden nicht schnell genug wachsen.
Die Idee ist einfach: Jeder Millimeter Boden soll immer mit Gras und Pflanzen bewachsen sein. Das absorbiert Kohlendioxid, schützt die Mikroben in der obersten Lage der Erde vor Überhitzung und den Boden vor Erosion. Michael Kiely ist sich sicher: "Wenn wir es schaffen, den CO2-Gehalt in nur zehn Prozent der landwirtschaftlichen genutzten Böden um ein Prozent zu erhöhen, könnten wir die Emissionen von zehn Jahren ausgleichen."
Australier als Umweltsünder
Eine durchaus nötige Maßnahme: Die Australier haben an der weltweiten Erwärmung einen guten Anteil. Sie verbrauchen mehr knappe Ressourcen und produzieren mehr Abfall als die meisten anderen vergleichbaren Länder. Um seinen Lebensstil zu erreichen, benötigt der durchschnittliche Australier 6,6 Hektar Land für seine Ernährung oder Bekleidung – der weltweite Schnitt liegt bei zwei Hektar. Nur US-Amerikaner, Kanadier und verschiedene Ölscheichs am Persischen Golf verbrauchen dagegen noch mehr, so das Ergebnis einer Studie aus dem vergangenen Jahr des WWF Australia.
"Der Schutz und die Regeneration der einheimischen australischen Vegetation muss eine wesentliche Beachtung bei der Eindämmung des Klimawandels spielen", schlussfolgert McAlpine. Die Pflanzen spielten bei der Erzeugung eines moderaten Klimas eine wesentliche Rolle, weil sie sehr tief wurzeln.
Heißer Wahlkampf
Australiens Regierung ist allerdings immun gegen derlei Forschungsergebnisse. Nach der Veröffentlichung des UN-Klimaberichts im Mai sagte der neoliberale Ministerpräsident des Landes John Howard auf die Frage des australischen Fernsehsenders ABC, wie er sich das Leben auf der Erde nach einem weltweiten Temperaturanstieg zwischen vier und sechs Grad vorstelle: "Nun ja, das wird für einige von uns etwas ungemütlicher als es jetzt ist." Neben den USA ist Australien der einzige westliche Industriestaat, der das Kyoto-Protokoll zur Eindämmung von Treibhausgasen nicht unterschrieben hat. Das soll auch so bleiben, wenn es nach dem Willen Howards geht. "Das Kyoto-Modell – von oben herab, vorschreibend, legalistisch und eurozentrisch – wird in der aufstrebenden asiatisch-pazifischen Region nicht laufen", erklärte Howard im Juni in einer Grundsatzrede.
Als Sachwalter des heimischen Kohle- und Uranbergbaus propagiert Howard stattdessen saubere Kohlekraftwerke und Nuklearenergie. Auf der Strecke bleiben erneuerbare Energien.
Am 24. November wählt Australien ein neues Parlament. Der erbittert geführte Wahlkampf zwischen dem in allen Umfragen weit hinten liegenden Howard und seinem Herausforderer Kevin Rudd von der Labour-Partei hat gute Chancen, als erster "Klimawahlkampf" in die Geschichte einzugehen. 75 Prozent der Australier haben die Umwelt- und Klimapolitik mittlerweile zum Topthema erklärt.
Doch eine Jahrhundertdürre hat Australien fest im Griff. Das vergangene Jahr war eines der heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Down Under – und gleichzeitig eines der trockensten: In manchen Regionen ist seit Jahren kein einziger Regentropfen gefallen. Die Trockenheit verschont selbst die Städte nicht. In den Metropolen Sydney und Melbourne sind seit einigen Jahren Restriktionen für den Wasserkonsum in Kraft, und in den Supermärkten steigen die Lebensmittelpreise unaufhörlich.
Adoptierte Schafe
Für seine 2800 Schafe muss Kiely Futter kaufen. Er hatte mal 4800 Merinos, aber für so viele Tiere gaben die ausgedorrten Weiden kein Futter mehr, und Kiely musste einige Tausend Schafe verkaufen.
"Wir hatten mit vierzig Dollar pro Kopf gerechnet, aber nur fünf bekommen"
(Daniel Kiely)
Zum Schleuderpreis: "Wir hatten mit vierzig Dollar pro Kopf gerechnet, aber nur fünf bekommen." Wie die Kielys bangen die meisten Farmer um ihr wirtschaftliches Überleben. (Daniel Kiely)
Die Familie lässt sich jedoch nicht kleinkriegen. Sie bringen ihre restlichen Schafe Dank einer Idee von Michael – im Hauptberuf Marketingexperte in Sydney – über die Runden: "Adopt A Sheep". Wer Mitleid hat mit den Kielys oder den Schafen, der kann über das Internet für umgerechnet 21 Euro ein Schaf des Guts "adoptieren": "Davon können wir ein Schaf hundert Tage ernähren", sagt Daniel Kiely.
Man kann gleichfalls einen Bauern "adoptieren" – ebenfalls eine Idee von Michael. Kiely hat sich schlau gemacht, Bücher gelesen, sich mit Wissenschaftlern beraten und gelernt, dass Landwirtschaft einen beachtlichen Anteil am globalen Klimawandel hat. Sie trägt durch Pflügen, Brandrodung, Zerstörung der einheimischen Vegetation und Ersatz durch eingeführte Flora wie auch durch den Einsatz von Stickstoffdünger zwanzig Prozent zum CO2-Ausstoß Australiens bei.
Landwirtschaft als Klimakiller
Gleichzeitig ist das so kultivierte Land nur noch begrenzt in der Lage, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu binden. Vor zwei Jahren haben die Kielys erstmalig die Expertin für den Zusammenhang von Boden und Kohlenstoff, Christine Jones, getroffen. Das Credo der Direktorin der Organisation "Amazing Carbon" lautet "Boden ist eine erneuerbare Ressource."
Die Kielys sind in der Folge überzeugte Kohlenstoffbauern geworden. "Wir haben entdeckt, dass landwirtschaftlich genutzte Böden der einzige Weg sind, riesige Mengen CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen und die Welt vor einer Katastrophe zu bewahren", schreibt Michael Kiely in seinem Internet-Blog. "Bäume können das nicht rechtzeitig genug tun", denn man könne nicht schnell genug Bäume pflanzen, und sie würden nicht schnell genug wachsen.
Die Idee ist einfach: Jeder Millimeter Boden soll immer mit Gras und Pflanzen bewachsen sein. Das absorbiert Kohlendioxid, schützt die Mikroben in der obersten Lage der Erde vor Überhitzung und den Boden vor Erosion. Michael Kiely ist sich sicher: "Wenn wir es schaffen, den CO2-Gehalt in nur zehn Prozent der landwirtschaftlichen genutzten Böden um ein Prozent zu erhöhen, könnten wir die Emissionen von zehn Jahren ausgleichen."
Michael Kiely reist unermüdlich durch Australien, hält Vorträge, überzeugt Landwirte in der "Carbon Coalition Against Global Warming" mitzumachen. Mehr als 500 hat er schon gewinnen können. Den Australiern versucht der rührige Aktivist durch den Kauf der von Jones entwickelten "SOIL Carbon Credits" die ‚Adoption' eines Bauern schmackhaft zu machen. Kiely sagt: "Die meisten anderen Ausgleichszahlungen für Kohlendioxod-Emissionen tun nichts gegen die riesigen Mengen von CO2, die schon in der Atmosphäre sind. Sie verhindern nur, dass neue Emissionen hinzukommen. SOIL kann Kohlenstoff aktiv verringern." Die Pflanzen würden am Tag das CO2 einatmen und in Kohlenstoffverbindungen sowie Sauerstoff trennen. Zumindest ein Teil des Kohlenstoff werde dann im Boden gespeichert.
Australier als Umweltsünder
Eine durchaus nötige Maßnahme: Die Australier haben an der weltweiten Erwärmung einen guten Anteil. Sie verbrauchen mehr knappe Ressourcen und produzieren mehr Abfall als die meisten anderen vergleichbaren Länder. Um seinen Lebensstil zu erreichen, benötigt der durchschnittliche Australier 6,6 Hektar Land für seine Ernährung oder Bekleidung – der weltweite Schnitt liegt bei zwei Hektar. Nur US-Amerikaner, Kanadier und verschiedene Ölscheichs am Persischen Golf verbrauchen dagegen noch mehr, so das Ergebnis einer Studie aus dem vergangenen Jahr des WWF Australia.
Jüngste Untersuchungen der Universität von Queensland in Brisbane zeigen zudem, dass die Abholzung in Australien einen erheblichen Anteil an der Erwärmung vor Ort hat. In Ostaustralien sei die Dürre von 2002 bis 2003 wegen der Rodungen um zwei Grad Celsius heißer ausgefallen, hat das Forscherteam um Clive McAlpine herausgefunden. Demnach wurden zwar seit der Ankunft der Europäer 1788 insgesamt nur 13 Prozent der australischen Wälder abgeholzt, um Platz für Weiden, Felder, Plantagen und Häuser zu schaffen. Aber in den landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten im Osten und im Südwesten machen die Verluste bis zu neunzig Prozent der einheimischen Pflanzendecke aus. Den Treibhauseffekt deshalb alleine für die Dürre in Australien verantwortlich zu machen, sei eine "Vereinfachung", warnen die Forscher.
"Der Schutz und die Regeneration der einheimischen australischen Vegetation muss eine wesentliche Beachtung bei der Eindämmung des Klimawandels spielen", schlussfolgert McAlpine. Die Pflanzen spielten bei der Erzeugung eines moderaten Klimas eine wesentliche Rolle, weil sie sehr tief wurzeln.
"Der Schutz und die Regeneration der einheimischen australischen Vegetation muss eine wesentliche Beachtung bei der Eindämmung des Klimawandels spielen"
(Clive McAlpine)
Das führe dazu, dass mehr Feuchtigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg verdunste, was dann als Regen wieder der Umwelt zugute komme. Zudem seien endemische Gewächse besser in der Lage, die kurzwelligen Sonnenstrahlen in die Atmosphäre zu reflektieren als eingeführte Nutzpflanzen, was die Temperatur an der Oberfläche kühler halte und bei der Wolkenbildung helfe, so der Forscher weiter. (Clive McAlpine)
Heißer Wahlkampf
Australiens Regierung ist allerdings immun gegen derlei Forschungsergebnisse. Nach der Veröffentlichung des UN-Klimaberichts im Mai sagte der neoliberale Ministerpräsident des Landes John Howard auf die Frage des australischen Fernsehsenders ABC, wie er sich das Leben auf der Erde nach einem weltweiten Temperaturanstieg zwischen vier und sechs Grad vorstelle: "Nun ja, das wird für einige von uns etwas ungemütlicher als es jetzt ist." Neben den USA ist Australien der einzige westliche Industriestaat, der das Kyoto-Protokoll zur Eindämmung von Treibhausgasen nicht unterschrieben hat. Das soll auch so bleiben, wenn es nach dem Willen Howards geht. "Das Kyoto-Modell – von oben herab, vorschreibend, legalistisch und eurozentrisch – wird in der aufstrebenden asiatisch-pazifischen Region nicht laufen", erklärte Howard im Juni in einer Grundsatzrede.
Als Sachwalter des heimischen Kohle- und Uranbergbaus propagiert Howard stattdessen saubere Kohlekraftwerke und Nuklearenergie. Auf der Strecke bleiben erneuerbare Energien.
"Das Kyoto-Modell – von oben herab, vorschreibend, legalistisch und eurozentrisch – wird in der aufstrebenden asiatisch-pazifischen Region nicht laufen"
(John Howard)
"Australien ist gut ausgestattet mit Ressourcen für erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und heißes Gestein für Geothermie", sagte Don Henry, Chef der Australian Conservation Foundation (ACF). Statt aber das Land zu einem Weltführer bei erneuerbaren Energie zu machen, treibe die Regierungspolitik Ökoenergieunternehmen ins Ausland – zum Beispiel nach China. (John Howard)
Am 24. November wählt Australien ein neues Parlament. Der erbittert geführte Wahlkampf zwischen dem in allen Umfragen weit hinten liegenden Howard und seinem Herausforderer Kevin Rudd von der Labour-Partei hat gute Chancen, als erster "Klimawahlkampf" in die Geschichte einzugehen. 75 Prozent der Australier haben die Umwelt- und Klimapolitik mittlerweile zum Topthema erklärt.
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