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News: Mancher Schädling mag nur junges Gemüse

Während sich eine Pflanze vom zarten Sprössling zur ausgewachsenen Pflanze entwickelt, ändern sich auch ihre Abwehrmechanismen gegen feindlichen Befall. So wehrt sich das erste Grün auf andere Art als verdickte Pflanzenteile. Biologen haben nun das erste hieran beteiligte Gen aufgedeckt. Die Entdeckung soll zukünftig genutzt werden, um spezielle Getreidesorten herzustellen, die ihren Vorteil aus den Unterschieden zwischen jungen und erwachsenen Pflanzen ziehen. So könnte der Einsatz von Pestiziden zurückgehen, ohne Gene anderer Spezies in die Pflanzen einzubringen.
Auch für Pflanzen ist die erste Wachstumsphase eine besonders gefährliche. Kaum stecken die ersten zarten Pflanzenteile ihren Kopf aus dem Boden, so werden sie auch schon in Scharen überfallen und abgenagt. Ihre äußerste Schicht hat meist noch nicht genug Wachs eingelagert, sodass sie für Pflanzenschädlinge sehr schmackhaft und damit anfällig sind. An dem Reifungsprozess, der sie abhärtet, ist ein im gesamten Pflanzenreich weit verbreitetes Gen beteiligt. Auch in höheren Organismen wie allen blühenden Pflanzen spielt es eine Schlüsselrolle. So auch im Forschungsobjekt Arabidopsis thaliana, dem etwa dreißig Zentimeter hohen Wildkraut mit kleinen, weißen Blüten, dessen Genom im Dezember letzten Jahres vollständig sequenziert vorlag.

Sehr schmückend ist der Name, den die beteiligten Wissenschaftler der University of Pennsylvania unter der Leitung von Scott Poethig dem Gen gaben, allerdings nicht: squint (schielen) – abgeleitet von mutierten Sämlingen, deren gepunktete Blätter an schielende Augen erinnern. In Menschen ist die biochemische Funktion des von squint kodierten Proteins Cyclophilin 40 schon bekannt. Es ist Teil eines Komplexes, der die Wirkung der weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron hemmt. Doch seine physiologische Rolle liegt noch im Reich der Schatten.

Die Wissenschaftler entdeckten, dass das Gen bei Pflanzen an Größe und biochemischen Eigenschaften der Blätter beteiligt ist, aber nicht an ihrer sexuellen Reifung und Blütenbildung. Die ersten Blätter einer Mutation im squint-Gen sind gezähnt und eckig – im Gegensatz zu den sonst stummelhaften und runden Exemplaren – und können somit kriegerische Angriffe besser abwehren. Während schon viele Gene entdeckt wurden, die das Blühverhalten der Pflanzen beeinflussen, ist dies der erste Vertreter, der den Zustand junger Pflanzenteile verändert.

Nun wollen die Forscher das Gen einsetzen, um Getreidesorten auf natürliche Weise abzuhärten, statt Fremdgene einzuschmuggeln. So sind etwa die reifen Blätter von Getreide und Reis widerstandsfähiger gegen Schädlinge als die zarten ersten Sprösslinge. Die Wissenschaftler hoffen, dass so der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zurückgeht.

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  • Quellen
University of Pennsylvania
Science 291(5512): 2405–2407 (2001)

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