News: Manchmal ist besser schlechter
„Bisher ist dies eine der stärksten Verbindungen zwischen einem bestimmten Gen und Allergien”, sagte Talal A. Chatila, Professor für Pädiatrie und Hauptautor der Studie. „Wir haben herausgefunden, daß Menschen, die diese Mutation besitzen, zehnmal wahrscheinlicher allergisch reagieren.” Nach seiner Meinung könnte diese Entdeckung kurzfristig helfen, hochempfindliche Menschen zu finden. Eventuell führt sie sogar zu einer gezielten medikamentösen Behandlung von Allergien.
Das Immunsystem verteidigt den Körper normalerweise gegen Bakterien und Viren. Aber manchmal verwechselt es andere fremde Substanzen, wie Staubmilben und bestimmte Lebensmittel, mit schädlichen Eindringlingen. Wenn Allergiker zum ersten Mal mit solchen Allergenen in Kontakt kommen, wird ihr Immunsystems mobilisiert. Zuerst erzeugt es große Mengen des Antikörpers Immunoglobulin E (IgE). Die IgE-Moleküle heften sich dann an Mastzellen im Gewebe und basophile Zellen (weiße Blutkörperchen) im Blut an. Wenn ein Allergen auf das IgE trifft, bindet es an den Antikörper wie ein Schlüssel, der ins Schloß paßt. Dieses Signal teilt der Mastzelle oder dem weißen Blutkörperchen mit, wirksame Entzündungsstoffe wie Histamin, Prostaglandine und Leukotriene freizusetzen und in einigen Fällen zu erzeugen. Die Produktion dieser Chemikalien in verschiedenen Körperteilen, z.B. den Atmungsorganen, löst eine allergische Reaktion wie bei Asthma aus. IgE ist der Schlüssel zu diesem Prozeß: Es setzt die Ereigniskette in Gang, die zu diesen Symptomen führt.
Ein weiteres Schlüsselprotein ist Interleukin-4, das Immunzellen anregt, IgE herzustellen. Chatila und seine Kollegen untersuchten den Rezeptor für Interleukin-4. Mit Hilfe von Techniken wie der Einzelstrang-Polymorphie-Analyse und DNA-Sequenzierung suchten sie nach Veränderungen in dem Gen für eine der Untereinheiten des Rezeptors. Dann bestimmten sie, wie häufig die Variante in Patienten mit schweren allergischen Entzündungsstörungen und in gesunden Erwachsenen auftrat.
Eine Variante trat mit großer Häufigkeit bei Patienten mit allergischen Erkrankungen und in Erwachsenen mit verschiedenen Allergien auf, aber mit geringer Häufigkeit in Erwachsenen, die keine Allergien aufwiesen. Chatila und seine Kollegen fanden heraus, daß diese genetische Veränderung am Ende des Interleukin-4-Rezeptors zu finden ist. Sie hat zur Folge, daß der Rezeptor überempfindlich reagiert, wenn er mit Interleukin-4 stimuliert wird.
„Diese Mutation führt dazu, daß der Rezeptor besser funktioniert. Er signalisiert dann den Zellen, IgE-Antikörper zu erzeugen und zwar viel effektiver, als er es ansonsten tun würde”, sagte Chatila. „Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit, daß Menschen mit diesem veränderten Rezeptorgen Allergien entwickeln, größer.”
Umweltfaktoren spielen ebenfalls eine Rolle dabei, ob ein Mensch Allergien bekommt. In früheren Studien wurde die These aufgestellt, daß die Vermeidung bestimmter Allergene in der Kindheit das Risiko wesentlich verringert. Auch das Stillen trägt dazu bei, Kinder gegen Allergien zu schützen.
Die Kenntnis des veränderten Rezeptorgens könnte das Studium allergischer Reaktionen erheblich vereinfachen. „Diese Erkenntnisse werden uns helfen, Menschen zu identifizieren, die ein hohes Risiko für Allergien besitzen. Darüberhinaus hilft es uns, Strategien zu bewerten, mit denen Menschen vor allergischen Störungen geschützt werden sollen”, sagte Chatila.
Die Entdeckung könnte Forschern auch helfen, bessere Medikamente zur Behandlung von Allergien zu entwickeln. Weil das identifizierte Ziel einzigartig ist, könnten nach Chatilas Auskunft Medikamente synthetisiert werden, die spezifisch sind und wenig Nebenwirkungen haben.
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