Paris: Marie Curies Pavillon wird nun doch abgerissen – und dann neu erbaut
Marie Curies radioaktiver Pavillon des Sources in Paris wird nun doch abgerissen, aber danach an anderer Stelle originalgetreu wiedererrichtet. Mit diesem Kompromiss endet der Streit um das von der Chemikerin Marie Skłodowska-Curie genutzte Gebäude. Ursprünglich sollte der kleine Backsteinpavillon einem neu zu gründenden Krebsforschungszentrum weichen. Nach Protesten aus Öffentlichkeit und Wissenschaft wurde das Vorhaben jedoch vom französischen Kulturministerium gestoppt, das daraufhin die Vermittlung aufnahm.
Die am 31. Januar verkündete Lösung ermöglicht es jetzt den Wissenschaftlern des Institut Curie in Paris, einer der führenden biomedizinischen Forschungseinrichtungen Frankreichs, ihr 13 Millionen Euro teures Krebsforschungszentrum auf dem Gelände zu errichten. Gleichzeitig bleibt der Pavillon des Sources – eines der drei Gebäude des einstigen Radium-Instituts, an dem Curie und andere Wissenschaftler arbeiteten – erhalten. Er wird abgebaut, dekontaminiert und in der Nähe wieder aufgebaut.
»Das ist eine wunderbare Nachricht«, sagt Raphaël Rodriguez, einer der designierten Leiter des neuen Zentrums, dem Magazin »Nature News«. So könne man die Entwicklung der chemischen Biologie am Institut Curie vorantreiben und gleichzeitig das reiche Erbe von Marie Curie bewahren.
Der unmittelbar bevorstehende Abriss des Pavillon des Sources im noblen 5. Pariser Arrondissement hatte im vergangenen Monat für weltweites Medieninteresse gesorgt (siehe auch: »Verseuchtes Denkmal: Marie Curies radioaktives Labor darf stehen bleiben« auf »Spektrum.de«). Der Denkmalschützer Baptiste Gianeselli war zufällig an dem Gebäude vorbeigekommen und hatte die Freigabe zum Abriss entdeckt. Nachdem er recherchiert hatte, was es mit dem Pavillon auf sich hat, startete er eine Kampagne gegen den Abriss. Vor allem über die sozialen Medien fanden sich zahlreiche Unterstützer seiner Kampagne, so dass schließlich das französische Kulturministerium auf den Plan trat und die Bauarbeiten am 5. Januar kurzerhand stoppte.
Ein Streitpunkt in der Debatte drehte sich um die Frage, ob in dem Pavillon tatsächlich Forschung durchgeführt wurde oder nicht. Das Institut Curie, das im Besitz einer gültigen Baugenehmigung der Pariser Behörden ist, sah die historische Relevanz des Altbaus von den Abbruchgegnern falsch dargestellt: Curie und ihre Kollegen hätten den Pavillon des Sources lediglich genutzt, um radioaktive Quellen zu lagern und Proben für die Forschung vorzubereiten. Die bahnbrechenden Forschungsarbeiten, für die Curie im Jahr 1903 mit dem Nobelpreis für Physik und 1911 für Chemie ausgezeichnet wurde, hätten ohnehin anderswo stattgefunden.
Erst ab 1911 gründete Curie das Radium-Institut, später ihr zu Ehren Curie-Institut genannt, um den medizinischen Nutzen von Radioaktivität zu erforschen. In diesem Zusammenhang entstand auch der Pavillon, der zu einem Komplex dreier Gebäude gehörte: Neben dem Pavillon des Sources, um den sich der aktuelle Streit dreht, waren dies das ehemalige Labor der Chemikerin, der Pavillon Curie, der heute ein Museum ist, und der Pavillon Pasteur. Beide würden unangetastet bleiben, erklärt Rodriguez weiter: »Ihr Labor ist noch da, es wird in Schuss gehalten, wir werden es nicht anfassen. Die Behauptung, Marie Curies Labor werde zerstört, ist also eine Fehlinformation.«
Allerdings hatten Gegner des Abrisses ihrerseits Belege genannt, wonach im Pavillon des Sources durchaus Forschung betrieben worden ist. Eine Pressemitteilung über den erzielten Kompromiss zitiert die französische Kulturministerin Rachida Dati: »Der Pavillon des Sources wird erhalten bleiben. Er wird abgebaut und Stein für Stein ein paar Dutzend Meter entfernt neben dem Museum wieder aufgebaut, das dann vergrößert werden wird.«
Der Pavillon wurde bereits vor längerer Zeit von der französischen Behörde für Strahlenschutz aus Sorge um radioaktive Belastung für den Zutritt gesperrt. Offen ist, ob er tatsächlich noch immer radioaktiv verseucht ist.
Das Zentrum für Chemische Krebsbiologie ist seit fünf Jahren in Planung. Es orientiert sich am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York und soll wie dieses sowohl über Forschungslabors als auch über Einrichtungen für die Behandlung von Patienten verfügen. Ziel ist es, die Möglichkeiten der chemischen Biologie bei der Krebsbekämpfung auszubauen.
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