Marine Mikrobiologie: Die Auswanderer
Auswandern in ein fremdes Land erfordert neben Mut auch die richtige Ausrüstung - letzteres besonders bei Bakterien. Für leuchtende Vertreter einer Vibrionenart im Meer besteht sie aus einem besonderen Biofilm, der ihnen die Reise zu neuen Ufern ermöglichte.
Wenn Vibrio fischeri sich einen Lebenspartner sucht, hat er es noch schwerer als der gewöhnliche Single. Der zukünftige Symbiosepartner muss natürlich eindeutig identifiziert werden, denn es soll verhindert werden, dass falsche Nutznießer sich einschleichen. Schwer genug für alle auf der Suche – aber Vibrio setzt noch einen drauf: Er hat die Qual der Wahl zwischen gleich zwei verschiedenen Wirten, mit denen er sich zusammentun kann. Wie kann ein und dasselbe Bakterium aber eigentlich zwei ganz unterschiedliche Symbiosen eingehen?
Der zweite Gelegenheitspartner, der japanische Tannenzapfenfisch Monocentris japonica, lockt dagegen mit seinem bakterienunterstützten Leuchten Zooplankton als potenzielle Beute an. Die verschiedenen Wirte Fisch und Weichtier haben auch verschiedene Ansprüche an ihren Bakteriengast. Worin unterscheiden sich ihre Bakterienstämme, um dem gerecht zu werden? Viel ist es nicht: Forscher der University of Wisconsin fanden nur ein einziges Gen im Tintenfisch-Bakterium, das in Vibrionen aus dem Tannenzapfenfisch nicht vorhanden ist. Das zugehörige Sensor-Protein RscS allerdings hat eine wichtige Aufgabe: Es regelt die Herstellung von 18 weiteren Genen.
Vibrionen, die aus dem Tannenzapfenfisch stammen, das Regulatorgen RscS nicht tragen und deshalb den Biofilm nicht bilden können, sollten also nicht in der Lage sein, Tintenfische zu besiedeln. Mark Mandel und seine Kollegen bestätigten dies, indem sie Bakterien von Tannenzapfenfischen mit Tintenfischen zusammenbrachten. Das Potenzial aber, die benötigten Moleküle zu bilden, haben diese Bakterien auch, denn die 18 Gene dafür sind bei ihnen vorhanden.
Könnten dann Vibrionen den Wirt wechseln, wenn sie die Möglichkeit hätten, diese Gene anzuschalten? Die Wissenschaftler bauten die Regulatorregion der Tintenfisch-Bakterien in solche aus dem Tannenzapfenfisch ein. Die waren dann tatsächlich in der Lage, den Biofilm zu bilden und neugeborene Tintenfische zu besiedeln.
Man würde nun annehmen, dass Vibrio das Regulatorgen irgendwann im Lauf seiner Geschichte verloren hat, weil der Biofilm für die Partnerschaft mit dem Tannenzapfenfisch nicht mehr nötig war. Die Wissenschaftler erstellten einen Stammbaum aller bekannten Vibrio-fischeri-Stämme, indem sie eine Anzahl verschiedener Gene verglichen und kamen zu einem unerwarteten Ergebnis: Die Vibrionen des Tannenzapfenfisches sind stammesgeschichtlich älter – was bedeutet, dass RscS irgendwann ins Genom des Bakteriums eingeschleust worden ist. Vermutlich geschah dies durch einen so genannten horizontalen Gentransfer, bei dem eine andere Bakterienart Teile ihrer Erbinformation abgeben kann.
Dass ein neu erworbenes Gen gleich die Regulation einer ganzen Genfamilie im Empfänger übernehmen kann, ist erstaunlich. Diese Reprogrammierung schon vorhandener Fähigkeiten könnte nach Ansicht der Forscher aber auch ein Mechanismus sein, der pathogene Bakterien dazu befähigt, plötzlich auf andere Spezies überzuspringen. Der Umzug in ein neues Leben ist also manchmal einfacher als gedacht – und verborgene Fähigkeiten können dabei ungeahnte Möglichkeiten erschließen.
Einer der Wirte, mit denen Vibrionen gewohnheitsgemäß zusammenleben, ist der Tintenfisch Euprymna scolopes, der im Flachwasser vor Hawaii lebt. Ihm dient das zur Biolumineszenz fähige Helferlein als Lichttarnung: Der nachts jagende scheue Geselle simuliert damit das Mondlicht für Raubfische, die unter ihm schwimmen.
Der zweite Gelegenheitspartner, der japanische Tannenzapfenfisch Monocentris japonica, lockt dagegen mit seinem bakterienunterstützten Leuchten Zooplankton als potenzielle Beute an. Die verschiedenen Wirte Fisch und Weichtier haben auch verschiedene Ansprüche an ihren Bakteriengast. Worin unterscheiden sich ihre Bakterienstämme, um dem gerecht zu werden? Viel ist es nicht: Forscher der University of Wisconsin fanden nur ein einziges Gen im Tintenfisch-Bakterium, das in Vibrionen aus dem Tannenzapfenfisch nicht vorhanden ist. Das zugehörige Sensor-Protein RscS allerdings hat eine wichtige Aufgabe: Es regelt die Herstellung von 18 weiteren Genen.
Diese Gene sind allesamt an der Produktion und dem Transport von Zelloberflächenmolekülen beteiligt, die eine Verklumpung der Bakterien begünstigen. Dadurch können die Vibrionen im extra abgesonderten Schleim des Tintenfischs einen Biofilm bilden, auf dem sie dann zu dessen Leuchtorgan wandern. Zuvor müssen neugeborene Kalmare ihre kleinen Helfer zudem erst einsammeln, wobei die Oberflächenstruktur der Bakterien auch der gegenseitigen Erkennung dient.
Vibrionen, die aus dem Tannenzapfenfisch stammen, das Regulatorgen RscS nicht tragen und deshalb den Biofilm nicht bilden können, sollten also nicht in der Lage sein, Tintenfische zu besiedeln. Mark Mandel und seine Kollegen bestätigten dies, indem sie Bakterien von Tannenzapfenfischen mit Tintenfischen zusammenbrachten. Das Potenzial aber, die benötigten Moleküle zu bilden, haben diese Bakterien auch, denn die 18 Gene dafür sind bei ihnen vorhanden.
Könnten dann Vibrionen den Wirt wechseln, wenn sie die Möglichkeit hätten, diese Gene anzuschalten? Die Wissenschaftler bauten die Regulatorregion der Tintenfisch-Bakterien in solche aus dem Tannenzapfenfisch ein. Die waren dann tatsächlich in der Lage, den Biofilm zu bilden und neugeborene Tintenfische zu besiedeln.
Man würde nun annehmen, dass Vibrio das Regulatorgen irgendwann im Lauf seiner Geschichte verloren hat, weil der Biofilm für die Partnerschaft mit dem Tannenzapfenfisch nicht mehr nötig war. Die Wissenschaftler erstellten einen Stammbaum aller bekannten Vibrio-fischeri-Stämme, indem sie eine Anzahl verschiedener Gene verglichen und kamen zu einem unerwarteten Ergebnis: Die Vibrionen des Tannenzapfenfisches sind stammesgeschichtlich älter – was bedeutet, dass RscS irgendwann ins Genom des Bakteriums eingeschleust worden ist. Vermutlich geschah dies durch einen so genannten horizontalen Gentransfer, bei dem eine andere Bakterienart Teile ihrer Erbinformation abgeben kann.
Dass ein neu erworbenes Gen gleich die Regulation einer ganzen Genfamilie im Empfänger übernehmen kann, ist erstaunlich. Diese Reprogrammierung schon vorhandener Fähigkeiten könnte nach Ansicht der Forscher aber auch ein Mechanismus sein, der pathogene Bakterien dazu befähigt, plötzlich auf andere Spezies überzuspringen. Der Umzug in ein neues Leben ist also manchmal einfacher als gedacht – und verborgene Fähigkeiten können dabei ungeahnte Möglichkeiten erschließen.
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