Direkt zum Inhalt

News: 'Marktplatz Internet' wird immer bedeutender

1997 wurden für rund 700 Millionen Mark Waren elektronisch eingekauft. Ein Viertel der User klickt Werbung an. Internet- Nutzer sind 'weiblicher' als bisher angenommen.
Empirisch belegbare Aussagen zur Zuverlässigkeit netzgestützter Umfragen lassen sich nun aufgrund einer vom Fraunhofer-lnstitut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI), Karlsruhe, durchgeführten Untersuchung treffen, die im Auftrag der Deutschen Telekom AG (Technologiezentrum Darmstadt) durchgeführt wurde. Die Karlsruher Forscher stellen dabei auffällige Diskrepanzen im Antwortverhalten zwischen einer Internet-Umfrage, an der sich nahezu 700 Personen beteiligt haben, und einer parallel dazu durchgeführten repräsentativen Telefonumfrage unter 1 000 Internet-Nutzern fest. Mit dieser Erhebung setzte das ISI ferner seine erfolgreiche Zusammenarbeit bei der Durchführung von Online-Umfragen mit dem Südwestfunk Baden-Baden fort.

Ein Ergebnis der Studie ist beispielsweise die Erkenntnis. daß mit einem Anteil von nahezu 30 Prozent mehr Frauen das Internet nutzen, als dies reine WWW-Umfragen vermuten lassen. Diese gehen normalerweise davon aus, daß weniger als 20 Prozent der Internet-Nutzer weiblich sind. Ein ähnliches Bild, wenn auch auf wesentlich niedrigerem Niveau, ergibt sich, wenn nach der Ausbildung der Nutzer elektronischer Datenübermittlung gefragt wird. Gehen die WWW-Umfragen davon aus, daß nur knapp vier Prozent aus der Arbeiterschicht kommen, so ergibt die Repräsentativumfrage mit 6,7 Prozent einen fast doppelt so hohen Wert. Der kontinuierlich sinkende Studentenanteil spricht jedenfalls dafür daß die neuen Medien sich langsam einer breiteren Bevölkerungsschicht erschließen, die nicht dem akademischen Bereich entstammt. Im Hinblick auf Internet und Online-Dienste erkennen die Fraunhofer Forscher zudem eine immer stärker werdende Durchdringung nicht nur der Berufs- sondern insbesondere auch der Privatsphäre. Darüber hinaus ist eine offensichtliche Diffusionsrichtung vom Arbeitsplatz in den Privatbereich zu verzeichnen: Die private Nutzung überwiegt bereits heute die berufliche. Obendrein sind die Personal Computer zu Hause überwiegend höherwertiger ausgestattet als im Büro.

Auf großes Interesse stößt der elektronische Einkauf. Insgesamt 55 Prozent aller Befragten gaben an, bereits über das Internet einge- kauft zu haben, und die Anzahl der Konsumenten auf dem "Marktplatz Internet" steigt stark an. Unter Zugrundelegung der gewonnenen Daten, veranschlagen die ISI-Forscher das Geschäftsvolumen des Internet-Einkaufs für das Jahr 1997 in Deutschland auf rund 700 Millionen Mark. Die durchschnittlichen Jahresumsätze bewegen sich dabei aber noch überwiegend im dreistelligen DM-Bereich, und der Internet-Einkauf hat sich noch nicht verstetigt: Den "elektronischen" Stammkunden gibt es noch nicht.

Das größte Interesse wecken Angebote, die nicht nur über das Internet bestellt, sondern zugleich darüber ausgeliefert oder erbracht werden können, wie beispielsweise Reisebuchungen (68%) oder Videoangebote (62%). Unter den Waren, die in Analogie zum Versandhandel lediglich elektronisch bestellt, jedoch postalisch geliefert werden müssen, finden Karten für Veranstaltungen (56%) und Software (52%) die größte Aufmerksamkeit. Aus der Diskrepanz zwischen dem ermittelten Kaufwunsch und der tatsächlichen Kauferfahrung der Befragten erkennen die Fraunhofer-Forscher jedoch noch deutlich Marktpotential.

Ein indifferentes Verhältnis bekunden die Internet-Nutzer zur Werbung. Nur jeder fünfte Befragte findet Werbung im Internet interessant. Mit wachsender Online-Erfahrung werden darüber hinaus die Werbebanner zunehmend als störend empfunden. Jedoch etwa ein Viertel der repräsentativ befragten Online-Nutzer klickt die Werbebanner häufig oder gelegentlich an. Frauen mit 23 Prozent dabei weniger häufig als Männer (27%), und ältere weniger häufig als jüngere.

Insgesamt zeigen sich die Teilnehmer sehr nutzenorientiert. Diskussionsforen oder Glücksspiele stoßen auf ein vergleichsweise geringes Interesse. Dienstleistungsangebote dagegen, die aufgrund ihres individuellen Zuschnitts einen konkreten Nutzen versprechen, finden die größte Beachtung. Hierzu zählen Veranstaltungskalender (78%), Verbraucherberatung (62%) sowie Stellenmärkte (58%).

Nachgefragt wurden auch die Veränderungen im Kommunikations- und Mediennutzungsverhalten. Danach treten beträchtliche Substitutionseffekte auf. Während die PC-Nutzung auch außerhalb des Internet stark zunimmt, verlieren andere Medien an Bedeutung. So reduziert sich der Fernsehkonsum bei 12 Prozent der Befragten. 11 Prozent der "User" schreiben weniger Briefe. 7 Prozent der Online-Nutzer gehen seltener ins Kino und 6 Prozent lesen weniger Bücher als vor ihrem Einstieg ins Netz der Netze. Selbst der Bedarf nach den "alten" neuen Medien wie Videotext und Videofilm geht bei 3 respektive 8 Prozent der Nutzer zurück.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.