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Marsrover Perseverance: Jetzt geht die Suche nach Leben auf dem Mars erst richtig los

Ein Jahr nach seiner Landung im Krater Jezero beginnt für den Marsrover Perseverance die eigentliche Arbeit: Der Rover soll nach Hinweisen suchen, dass es dort einst Leben gab.
Der Mars-Roboter »Perseverance« (auf Deutsch: Beharrlichkeit) soll 2020 starten.

Mehr als 15 Monate ist es nun her, dass der NASA-Rover Perseverance in einer nervenaufreibenden Aktion auf dem Mars im Krater Jezero gelandet ist. Seine eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt: Perservance begibt sich auf die Jagd nach Anzeichen, dass es auf dem Mars einst Leben gab.

Am 28. Mai 2022 hat Perseverance ein kleines Loch in einen Felsen geschliffen, etwa fünf Zentimeter breit. Das angebohrte Gestein befindet sich am Fuß eines ehemaligen Flussdeltas im Krater. Dieses Delta ist vor Milliarden von Jahren auf dem Mars entstanden: Damals lagerte ein inzwischen längst verschwundener Fluss Sedimentschichten im Krater Jezero ab. Auf der Erde wimmelt es in Flusssedimenten normalerweise vor lauter Leben. Und das ist der Grund, warum die amerikanische Weltraumagentur NASA ihren Rover dorthin geschickt hat.

Bilder dieser angeschliffenen Stelle zeigen kleine Sedimentkörner. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen, dass sie chemische oder andere Spuren von Leben enthalten. »Mir kommt das Gedicht von William Blake in den Sinn: ›Sieh die Welt in einem Sandkorn‹«, schreibt der Planetengeologe Sanjeev Gupta vom Imperial College London auf Twitter.

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Die Route von Perseverance zum Flussdelta

Perseverance wird die nächsten Monate damit verbringen, das Jezero-Delta zu erkunden. Währenddessen muss sich das an der Mission beteiligte Team entscheiden, wo es den Mars ein bisschen anbohren und Gesteinsproben sammeln möchte. Denn für ein Mars-Sample-Return-Programm wollen NASA und die Europäische Weltraumagentur ESA gemeinsam diese Proben bergen und zur Erde bringen. Frühestens im Jahr 2033 soll es losgehen. Es wäre das erste Mal, dass Gesteinsproben direkt vor Ort auf dem Mars eingesammelt und zur Erde transportiert werden würden.

Marsrover Perseverance im Krater Jezero: »Ran ans Buffet«

Perseverance ist im Februar 2021 mehrere Kilometer vom Rand des Deltas entfernt gelandet. Der Rover hat seine ersten Monate auf dem Roten Planeten damit verbracht, den Boden des Kraters zu erkunden. Der besteht unerwarteterweise aus magmatischem Gestein – jenem Gestein, das sich bildet, wenn geschmolzenes Material abkühlt. Das war ein wissenschaftlicher Jackpot, da Forschende magmatische Gesteine ​​anhand des radioaktiven Zerfalls ihrer chemischen Elemente datieren können.

Aber viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren nicht so sehr am Kraterboden interessiert, sondern vielmehr daran, mit Perseverance in das Flussdelta vorzustoßen. Dessen feinkörnige Sedimente sollten die besten Chancen bieten, Anzeichen auf ehemaliges Leben auf dem Mars zu beherbergen.

Der Rover erreichte die Schwelle des Deltas im damaligen April. Bald darauf entdeckte Perseverance graues Gestein, abgelagert in dünnen Schichten. Ton- oder Schlammstein heißt diese Art Gestein. Diese könnten aus Sedimentschichten entstanden sein, die von einem langsam fließenden Fluss oder einem See abgelagert wurden. Auch grobkörnige Sandsteine wurden gefunden, die auf einen ehemals schnell fließenden Fluss hindeuten könnten. Diese Gesteinsarten seien hervorragende Ziele, um eine Vielzahl von Umgebungen auf dem Mars zu untersuchen, in denen einst Leben hätte gedeihen können. Das sagte die stellvertretende Projektwissenschaftlerin für Perseverance vom Jet Propulsion Laboratory JPL Katie Stack Morgan während einer Astrobiologie-Konferenz im Mai 2022.

Von dieser Region mit dem Spitznamen »Enchanted Lake«, was verzauberter See bedeutet, fuhr Perseverance in ein anderes Gebiet namens Hawksbill Gap. Dort arbeitet der Rover derzeit. Die kreisförmige Stelle hat Perseverance in einem Sandstein in einem der untersten Gesteinsschichten des Deltas abgeschliffen. Das bedeutet, dass es sich dabei um einen der ältesten Felsen handeln muss, die vom ehemaligen Fluss Jezero geformt und geprägt wurden. Und das macht diese Stelle zu einem ausgezeichneten Ort, um nach Anzeichen von ehemaligen Leben zu suchen.

Das Delta erhebt sich rund 40 Meter über den Kraterboden. Die Missioningeneurinnen und -ingenieure, die den Rover auf dem Mars steuern, planen, Perseverance erst die Vorderseite des Deltas hinauf und anschließend wieder nach unten zu schicken. Danach erst könnte beurteilt werden, wo der Rover Proben entnehmen kann. »Das ist ein bisschen so, als würde man erst zum Buffet gehen und sich umschauen, bevor man seinen Teller füllt«, sagt Jennifer Trosper, Projektmanagerin der Mission am JPL. Denn auf dem Weg nach oben wird Perseverance die Felsen in seiner Umgebung erkunden und weitere Stellen abschleifen, um in das Innere der Felsen zu sehen. Und auf dem Weg zurück nach unten wird der Rover das Gestein anbohren und Proben der interessanten Stellen einsammeln.

Nur das wertvollste Marsgestein will man zur Erde bringen

Es ist ein bisschen so wie ein Kind, das seine Edelsteine für eine wertvolle Sammlung heraussucht: Missionswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler müssen sich überlegen, welche Felsen der Rover anbohren soll, um den geologisch vielfältigsten Cache zusammenzustellen. Perseverance hat 43 Röhrchen für Proben mit an Bord. Jedes Röhrchen ist etwas dicker als ein Bleistift. Die NASA und die ESA planen derzeit, rund 30 gefüllte Röhrchen zur Erde zu bringen.

Die Forschenden denken bereits darüber nach, wo sie die ersten Proben deponieren können, damit sie von einem künftigen Raumschiff eingesammelt werden können. Sobald sich Perseverance einen Weg zurück nach unten bahnt, könnte er einige Gesteinsproben an der Schwelle des Deltas in einem flachen Gebiet zwischen Enchanted Lake und Hawksbill Gap platzieren. »Wahrscheinlich legen wir den ersten Cache ab, wenn der Rover dort ankommt«, sagt Kenneth Farley, Projektwissenschaftler der Mission und Geochemiker am California Institute of Technology in Pasadena. »Und dann erst geht es richtig los.«

Die Planerinnen und Planer der Mission hatten nicht damit gerechnet, so bald Proben auf dem Mars abzulegen. Aber die Lage dort ist ausgezeichnet: Das Gebiet ist flach. Es gibt dort wenige Steine, die einer künftigen Sammelsonde im Weg liegen können. »Es ist ein großartiger Ort, um auf dem Mars zu landen«, sagt Jennifer Trosper.

Im September 2022 will die NASA ein Treffen organisieren. Dann soll die wissenschaftliche Gemeinschaft beurteilen, ob ihre bis dahin angehäufte Sammlung wertvoll genug ist, um vom Mars abgeholt zu werden. Eine wichtige Frage – schließlich kostet es viel Zeit und Geld, um die Röhrchen mit Marsgestein zur Erde zu bringen. So will die NASA sicherstellen, dass »wir den wertvollsten Cache zusammengestellt haben, den uns dieser Standort zur Verfügung stellen kann«, sagt Kenneth Farley.

Perseverance macht weiter, für Ingenuity ist bald Schluss

Das Mars-Sample-Return-Programm ist ein fünf Milliarden US-Dollar teurer Plan der NASA und der ESA, um zwei Lander zum Mars zu schicken. Ein Rover würde die Proben auf dem Mars aufsammeln und eine Rakete würde diese in die Marsumlaufbahn befördern. Ein Raumschiff würde die Proben in der Umlaufbahn einfangen und zur Erde bringen. Eigentlich sollte es 2026 losgehen. Allerdings wurde dieser Zeitplan durch die russische Invasion in der Ukraine durcheinandergewirbelt. Denn die ESA hat auf Grund des Angriffskrieges jegliche Zusammenarbeit mit der russischen Raumfahrtbehörde ausgesetzt. Davon beeinflusst ist vor allem der russisch-europäische Marsrover ExoMars. Deshalb überarbeiten die NASA und die ESA derzeit gemeinsam ihre Planung für künftige Marslandungen.

Glücklicherweise haben sie dafür Zeit: Denn die Probenröhrchen von Perseverance sind so hergestellt, dass sie es ein paar Jahrzehnte in den harschen Bedingungen des Mars aushalten würden.

Perseverance hat nicht nur Gesteinsproben vom Mars auf dem Programm. Der Rover hat auch eigene Entdeckungen gemacht: So konnte er beobachten, wie Staubteufel große Mengen an Staub in die Luft schleudern und wie sich die Schallgeschwindigkeit in der kohlenstoffdioxidreichen Atmosphäre des Mars verändert. Mehr als elf Kilometer hat Perseverance bislang zurückgelegt. Und der Rover hat einen außerirdischen Rekord aufgestellt, als er in nur 30 Marstagen im März und April fünf Kilometer zurückgelegt hat.

Perseverance beobachtet Staubteufel auf dem Mars.
Perseverance beobachtet Staubteufel auf dem Mars.

Dabei war der Begleiter des Rovers Perseverance, der winzige Marshubschrauber Ingenuity, maßgeblich an diesen Erfolgen beteiligt. Aber nun könnte sich seine aktive Zeit auf dem Mars dem Ende zuneigen. Ursprünglich war Ingenuity auf lediglich fünf Flüge ausgelegt. Der kleine Helikopter übertraf alle Erwartungen, indem er 28 Flüge absolvierte. Von seiner Aussichtsposition am Himmel half Ingenuity dabei, die besten Routen für Perseverance auszukundschaften. Und Ingenuity hat das flache Gebiet am Rand des Deltas vermessen, wo künftige Marsmissionen landen könnten.

Allerdings brach die Kommunikation zwischen Ingenuity und dem Rover Anfang Mai ab: Staub in der Atmosphäre hatte das Sonnenlicht blockiert, das der Hubschrauber zum Aufladen seiner Solarmodule und Batterien benötigt. Inzwischen sieht sich Ingenuity mit einem staubigen Himmel und kälteren Temperaturen konfrontiert, wenn der Marswinter hereinbricht. Dann könnte es letzten Endes Probleme beim Fliegen bekommen. Aber Kenneth Farley ist überzeugt: »Egal, was jetzt passiert: Ingenuity war ein voller Erfolg.«

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