Mund-Nasen-Schutz: Masken schützen vor Covid-19
Als ihre dänischen Kollegen vorschlugen, Stoffmasken an die Menschen in Guinea-Bissau zu verteilen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, war Christine Benn skeptisch. »Ich sagte: ›Na ja, das könnte schon gut sein, aber es gibt nur begrenzte Daten, ob Masken tatsächlich wirken‹«, sagt die Global-Health-Forscherin von der Universität Kopenhagen. Sie leitet seit Jahrzehnten Kampagnen für die öffentliche Gesundheit in dem westafrikanischen Land, einem der ärmsten der Welt.
Das war im März. Im Juli hatten Benn und ihre Arbeitsgruppe herausgefunden, wie sie die dringend gebrauchten Daten über Masken beschaffen und gleichzeitig hoffentlich den Menschen in Guinea-Bissau helfen könnten. Sie verteilte tausende lokal hergestellte Gesichtsmasken aus Stoff als Teil einer randomisierten Studie – möglicherweise der weltweit größte Test, wie effektiv die Masken Covid-19 an der Ausbreitung hindern.
Die Masken sind das allgegenwärtige Symbol einer Pandemie mit derzeit mehr als 37 Millionen bekannten Infizierten und weit über einer Million Toten. In Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen senken die verwendeten Masken zweifellos die Verbreitung von Sars-CoV-2. Doch für die Vielfalt der in der Öffentlichkeit verwendeten Masken gibt es nur hastig zusammengesammelte, unsaubere, oft nicht zusammenpassende Daten. Hinzu kommt eine polarisierte und politisierte öffentliche Debatte über den Mund-Nasen-Schutz. »Leute, die sich die Beweislage ansehen, interpretieren sie sehr unterschiedlich«, sagt Baruch Fischhoff, Psychologe an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. »Es ist tatsächlich verwirrend.«
Um das einmal festzuhalten: Die wissenschaftlichen Daten stützen den Nutzen von Masken; neue Studien legen nahe, dass sie auf verschiedenen Wegen Leben retten. Die Forschung zeigt, dass sie einerseits die Wahrscheinlichkeit senken, das Virus zu bekommen, andererseits, es weiterzugeben. Einige Untersuchungen geben auch Hinweise darauf, dass sie die Krankheit milder verlaufen lassen, wenn man sich ansteckt.
Masken wirken, aber …
Aber wenn man klare Aussagen darüber sucht, wie gut sie schützen und wann man sie tragen sollte, dann wird es kompliziert. Zu Beginn der Epidemie mangelte es an guten Belegen, wie sich Sars-CoV-2 ausbreitet. Deswegen wussten Fachleute nicht genug, um klare Empfehlungen für oder gegen Masken auszusprechen. Es gibt außerdem viele Typen von Masken, die unter sehr verschiedenen Bedingungen getragen werden. Fraglich ist auch, wie bereit Menschen sind, sie zu tragen, oder sie so zu tragen, dass sie auch wirken. Es ist nicht einmal klar, welche Art von Studie solche Fragen beantworten würden. »Das ist die entscheidende Frage«, sagt Fischhoff. »Wie gut muss die Beweislage sein?«
Die N95-Maske, entsprechend dem FFP2-Standard in Europa, ist die Standardmaske in US-amerikanischen Gesundheitseinrichtungen. Diese Masken sind darauf ausgelegt, 95 Prozent aller Teilchen mit einem Durchmesser von 0,3 Mikrometern und mehr herauszufiltern. Als die Pandemie Fahrt aufnahm, wurden diese Masken schnell knapp. Das warf die nun umstrittene Frage auf: Sollte die breite Bevölkerung sich überhaupt die Mühe machen, einen normalen medizinischen Mund-Nasen-Schutz oder gar eine Stoffmaske zu tragen?
»Das sind Dinge, die wir normalerweise in klinischen Studien klären«, sagt Kate Grabowski, Epidemiologin für Infektionskrankheiten an der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore. »Aber dafür hatten wir einfach keine Zeit.« Deswegen stützen sich Fachleute auf Beobachtungs- und Laborstudien. »Wenn man sich jedes Paper einzeln anguckt, ist die Sache jeweils nicht eindeutig«, sagt Grabowski, »aber nimmt man alle zusammen, bin ich davon überzeugt, dass Masken funktionieren.«
Das Vertrauen in Masken wuchs im Juni mit einem Bericht über zwei Friseure in Missouri, die positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden. Beide trugen bei der Arbeit zweilagige Baumwollmasken oder einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz, und während sie andere Menschen in ihrem Haushalt ansteckten, blieben ihre Kundinnen und Kunden anscheinend verschont. Allerdings lehnte die Hälfte von ihnen den kostenlosen Test ab.
Anekdoten und Argumente
Andere Hinweise, dass Masken effektiv sind, gaben Massenveranstaltungen. Die meisten Teilnehmenden der Black-Lives-Matter-Proteste trugen Masken; die Ereignisse lösten anscheinend keine Häufung von Ansteckungen aus. Dagegen breitete sich das Virus Ende Juni rasant in einem Sommercamp in Georgia aus, in dem Kinder keine Maske tragen mussten.
Allerdings gibt es mehrere Probleme mit diesem Beispiel. Die Proteste fanden unter freiem Himmel statt, wo das Übertragungsrisiko geringer ist, während die Personen im Camp gemeinsam in Hütten schliefen. Und da während der Proteste viele Menschen zu Hause blieben, könnte die Übertragung bei ihnen sogar reduziert worden sein. Nichtsdestoweniger setze sich die anekdotische Evidenz zu einem Gesamtbild zusammen, sagt Theo Vos, der öffentliche Gesundheitspflege an der University of Washington in Seattle erforscht.
Strengere Analysen fügten direkte Belege hinzu. Eine Vorabveröffentlichung von Anfang August stellte fest, dass die Sterblichkeit auf die Bevölkerung bezogen dort, wo Masken von der Regierung empfohlen wurden oder die Norm waren, nur ein Viertel so schnell stieg wie in anderen Regionen. Die Fachleute betrachteten 200 Länder, darunter die Mongolei, die Masken im Januar einführte und bis Mai keinen einzigen Todesfall durch Covid-19 zu verzeichnen hatte. Eine andere Untersuchung betrachtete die Auswirkungen der Maskenpflicht, die US-Bundesstaaten im April und Mai erlassenen hatten. Die Arbeitsgruppe schätzt, dass diese Vorschriften womöglich bis zu 450 000 Ansteckungen verhinderten – nach Berücksichtigung anderer Gegenmaßnahmen wie Abstand halten.
»Man muss nicht viel Mathematik betreiben, um zu sagen, dass das offensichtlich eine gute Idee ist«, sagt Jeremy Howard, ein Forscher von der University of San Francisco. Er gehört zu einem Team, das die Belege für das Tragen von Masken in einer weithin beachteten Vorabveröffentlichung untersuchte.
Störfaktor Mensch
Solche Studien allerdings basieren auf der Annahme, dass die Maskenpflicht durchgesetzt wird und die Leute den Mund-Nasen-Schutz korrekt tragen. Weiterhin fallen die Maskenvorgaben oft mit anderen Veränderungen zusammen, zum Beispiel die Begrenzung der Teilnehmer von Versammlungen. Während die Einschränkungen aufgehoben werden, könnten weitere Beobachtungen diese Effekte voneinander trennen, erklärt Grabowski. »Es wird leichter zu erkennen, was welche Ursache hat.«
Während Fachleute viele der Störfaktoren in menschlichen Populationen nicht kontrollieren können, geht das in Tierversuchen sehr wohl. Eine Arbeitsgruppe um die Biologin Kwok-Yung Yuen von der University of Hong Kong hielt infizierte und gesunde Hamster in benachbarten Käfigen, einigen von ihnen getrennt durch eine Barriere aus einem Mund-Nasen-Schutz. Ohne eine solche Barriere steckten sich zwei Drittel der gesunden Tiere mit Sars-CoV-2 an, berichtet sie in der Veröffentlichung vom Mai dieses Jahres. Dagegen infizierten sich nur 25 Prozent der durch die Maske geschützten Tiere, und sie wurden auch weniger schwer krank als die ungeschützten Tiere.
»Wie gut muss die Beweislage sein?«Baruch Fischhoff
Die Ergebnisse verleihen dem sich bildenden Konsens Gewicht, dass Masken nicht nur die Allgemeinheit schützen, sondern auch diejenigen, die sie tragen. Die Arbeit deutet außerdem einen weiteren potenziell hilfreichen Gedanken an: »Maskierung schützt möglicherweise nicht nur vor der Ansteckung, sondern auch vor schweren Verläufen der Krankheit«, sagt Monica Gandhi, Infektionsmedizinerin an der University of California in San Francisco.
Gandhi ist Koautorin einer Veröffentlichung von Ende Juli, die nahelegt, dass Masken die Virusdosis verringern, die man abbekommt, und das führt zu einem schwächeren oder gar asymptomatischen Verlauf der Krankheit. Eine höhere Virusdosis dagegen verursacht eine heftigere Immunreaktion, vemutet sie. Gandhi und ihre Kollegen analysieren derzeit den Anteil der Krankenhauseinweisungen bei Covid-19 vor und nach der Maskenpflicht in 1000 US-Bezirken. So wollen sie herausfinden, ob die schweren Verläufe nach der Maskenpflicht tatsächlich zurückgingen.
Gandhi schlägt einen anderen möglichen Nutzen vor: Wenn weniger Menschen schwer erkranken, dann könnte das helfen, die Immunität der Gesamtbevölkerung zu erhöhen, ohne dass die Belastung durch schwere Verläufe und Tod in gleichem Maß mit steigt. »Könnte es für den allgemeinen Schutz eine gute Idee sein, die Rate an asymptomatischen Infektionen hochzutreiben, während wir auf einen Impfstoff warten?«, fragt sie.
Zurück zur Ballistik
Die Maskendebatte hängt eng mit einer anderen kontroversen Frage zusammen: Wie reist das Virus durch die Luft, um Ansteckungen zu verursachen? Wenn eine Person atmet, spricht, niest oder hustet, fliegt eine Wolke feiner Teilchen davon. Einige sind groß, manchmal sogar sichtbar, und man nennt sie Tröpfchen. Andere sind mikroskopisch klein und fallen unter die Bezeichnung Aerosol. Viren wie Sars-CoV-2 reisen in diesen Teilchen als Anhalter mit. Ihre Größe bestimmt, wie weit die Krankheitserreger kommen.
Tröpfchen schießen durch die Luft und landen auf anderer Menschen Auge, Mund oder Nase und verursachen dort eine Infektion. Aber die Schwerkraft zieht sie schnell zu Boden. Im Gegensatz dazu schweben Aerosole Minuten oder gar Stunden in der Luft und verbreiten sich in einem ungelüfteten Raum wie Zigarettenrauch.
Was sagt das über die Fähigkeit von Masken aus, Sars-CoV-2 daran zu hindern, sich zu verbreiten? Das Virus selbst hat nur einen Durchmesser von 0,1 Mikrometer. Aber da Viren den Körper nicht als isolierte Teilchen verlassen, muss eine Maske Teilchen dieser Größe nicht aufhalten, um effektiv zu sein. Relevanter sind die pathogentransportierenden Speichelpartikel, deren Größe von 0,2 bis zu Hunderten von Mikrometern reicht. Die Mehrzahl sei etwa einen bis zehn Mikrometer groß und kann lange Zeit in der Luft schweben, sagt Jose-Luis Jimenez, Umweltchemiker an der University of Colorado in Boulder.
Fachleute sind sich noch unsicher, welche Partikelgröße für die Übertragung von Sars-CoV-2 am wichtigsten ist. Manche streiten sich sogar darüber, wo die Grenze zwischen Tröpfchen und Aerosol verläuft. Aus dem gleichen Grund ist bisher unklar, welches der Hauptweg für die Übertragung der Grippe ist – und das wird schon viel länger erforscht.
Viele glauben, dass vor allem eine asymptomatische Ansteckung die Pandemie antreibt, was bedeuten würde, dass das Virus nicht typischerweise durch Husten oder Niesen verbreitet wird. Nach dieser Argumentation wären die kleinen Aerosolteilchen der bedeutendste Übertragungsmechanismus. Deswegen lohnt es sich anzugucken, welche Masken Aerosole stoppen.
Wie hält man ein Aerosol auf?
Auch gut sitzende FFP2-Masken schaffen in der Wirklichkeit nicht die 95 Prozent Filterleistung, für die bei ihnen angegeben wird. Sie fangen etwa 90 Prozent aller Teilchen größer als 0,3 Mikrometer ab. Laut unveröffentlichten Untersuchungen halten solche Masken ohne Ausatemventile etwa den gleichen Anteil der Aerosole zurück. Über Stoffmasken und den medizinischen Mund-Nasen-Schutz ist viel weniger bekannt.
In einem Übersichtsartikel über Beobachtungsstudien schätzt ein internationales Team, dass Mund-Nasen-Schutz und vergleichbare Stoffmasken zwei Drittel der Teilchen abfangen. In unveröffentlichten Arbeit stellten Linsey Marr und ihr Team vom Virginia Tech in Blacksburg fest, dass sogar ein Baumwollshirt die Hälfte aller eingeatmeten Partikel mit zwei Mikrometer Durchmesser abfängt – und 80 Prozent der ausgeatmeten. Wenn man zu Aerosolen mit vier bis fünf Mikrometer Durchmesser kommt, blockiert fast jeder Stoff 80 Prozent der Teilchen in beiden Richtungen, sagt sie.
Mehrere Stoffschichten seien effektiver, und je dichter sie gewebt seien, desto besser. Eine andere Studie fand, dass Masken mit Schichten aus unterschiedlichen Materialien – zum Beispiel Baumwolle und Seide – Aerosole effektiver abfangen als solche aus einem Material.
Mit ihren zweilagigen Stoffmasken aus Guinea-Bissau kooperierte Christine Benn mit Ingenieuren an ihrer Universität in Kopenhagen, um diese nach den Standards medizinischer Masken zu beurteilen. Sie stellten fest, dass die Masken nur 11 bis 19 Prozent der Aerosole mit mehr als 0,3 Mikrometer Durchmesser blockierten. Da aber mutmaßlich die meisten Übertragungen laut den Ergebnissen von Marr und Jimenez von Partikeln über einem Mikrometer Durchmesser ausgehen, ist der Unterschied zu FFP2 und anderen professionellen Masken womöglich nicht so groß.
Eric Westman, ein klinischer Forscher an der Duke University, ist Mitautor einer Untersuchung, die ein Verfahren vorstellt, um die Effizienz von Masken zu testen. Das Team nutzte Laser und Smartphone-Kameras, um zu vergleichen, wie gut 14 verschiedene Maskentypen Partikel beim Sprechen auffingen. »Ich war beruhigt, dass viele der Masken, die verwendet werden, tatsächlich funktionieren«, sagt er über die Ergebnisse von medizinischen Masken und Alltagsmasken aus Stoff.
Störfaktor Mensch zum zweiten
Die Frage nach Masken geht über Biologie, Epidemiologie und Physik hinaus. Menschliches Verhalten ist der Schlüssel dazu, wie die Masken in der Realität funktionieren. »Ich möchte nicht, dass eine infizierte Person im Gedränge mit so einer Stoffmaske zu selbstsicher ist«, sagt Michael Osterholm von der University of Minnesota in Minneapolis.
Glücklicherweise legen Indizien nahe, dass ein Mund-Nasen-Schutz die tragende Person und ihr Umfeld dazu bewegt, auch andere Schutzmaßnahmen besser zu beachten – also zum Beispiel, Abstand zu halten. Möglicherweise erinnert die Maske sie an ihre gemeinsame Verantwortung. Aber dazu müssen Leute sie erst einmal tragen.
»Masken funktionieren, aber sie sind keine Garantie«Paul Digard
In den Vereinigten Staaten lag die Maskenbenutzung seit Ende Juli recht konstant bei 50 Prozent, immerhin weit mehr als die 20 Prozent, die laut Daten der University of Washington in März und April die Maske trugen. Das Institut für Gesundheitsmessung und -bewertung an der Universität hatte außerdem vorausgesagt, man könnte bis Jahresende 100 000 Menschenleben retten, wenn ab dem 23. September 95 Prozent der US-Bevölkerung eine Maske getragen hätten.
»Es gibt noch eine ganze Menge mehr, was wir gern wissen würden«, sagt Vos, der an der Analyse beteiligt war. »Aber wenn so eine einfache, billige Maßnahme einen potenziell so großen Effekt hat, wer würde sie nicht nutzen wollen?«
Wechselnde Botschaften verwirrten die Öffentlichkeit
Verwirrt wird die Öffentlichkeit aber durch kontroverse Untersuchungen und unklare Botschaften. Im April kam eine Studie zu dem Ergebnis, dass Masken ineffektiv seien, doch im Juli wurde sie zurückgezogen. Eine andere, veröffentlicht im Juni, unterstützte die Nutzung von Masken, wird allerdings von dutzenden Fachleuten in einem Brief für ihre Methode kritisiert. Die Autoren wiederum wehren sich und lehnen es ab, die Studie zurückzuziehen.
Die Weltgesundheitsorganisation und die US-amerikanische Behörde für Infektionskrankheiten CDC verzichteten zu Beginn darauf, Masken für die Bevölkerung zu empfehlen, zum Teil aus Sorge um die Maskenversorgung des Gesundheitssystems. Im April empfahl das CDC Masken in Situationen zu tragen, in denen keine Abstände eingehalten werden können. Die WHO folgte im Juni.
Auch die Politik ist inkonsistent. US-Präsident Trump deutete Unterstützung für Masken an, trug aber selten selbst eine. Er machte sich sogar über seinen Rivalen Joe Biden lustig, weil der einen Mund-Nasen-Schutz trug – nur Tage, bevor Trump positiv auf Covid-19 getestet wurde. Andere Führungspersonen, zum Beispiel die Präsidentin und der Premierminister der Slowakei, Zuzana Čaputová und Igor Matovič, trugen laut Berichten schon früh in der Pandemie Masken, um ein Vorbild für ihr Land zu sein.
Dänemark war eines der letzten Länder, die eine Maskenpflicht einführten – am 22. August, gültig in öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Land hielt das Virus durch frühe Ausgangssperren, Tests und Kontaktverfolgung gut unter Kontrolle. Es ist außerdem an vorderster Front bei der Forschung an Gesichtsmasken mit dabei. Eine dänische Arbeitsgruppe rekrutierte etwa 6000 Versuchspersonen und bat die Hälfte von ihnen, einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz am Arbeitsplatz zu tragen. Die Studie ist bereits beendet, allerdings sagt Thomas Benfield von der Universität Kopenhagen, einer der Studienleiter, dass die Forschungsgruppe derzeit noch nicht bereit sei, Resultate herauszugeben.
Auf der Suche nach belastbaren Daten
Benns Team, das unabhängig von Benfields Gruppe arbeitet, ist dabei, in Guinea-Bissau etwa 40 000 Menschen für eine Studie zu rekrutieren. Per Zufall soll die Hälfte der beteiligten Haushalte zweilagige Stoffmasken erhalten – je zwei für jedes Familienmitglied über einem Alter von zehn Jahren. Die Arbeitsgruppe wird dann alle Beteiligten mehrere Monate lang beobachten, um die Häufigkeit der Maskennutzung mit der Rate an Erkrankungen zu vergleichen. Jeder Haushalt wird Informationen darüber bekommen, wie sich die Menschen vor Covid-19 schützen können, aber nur die Haushalte mit den Masken bekommen auch Informationen über die Maskenbenutzung. Das Team rechnet damit, dass die Versuchsgruppe im November vollständig ist.
Einige Fachleute sagen, dass sie auf die Ergebnisse gespannt seien. Andere jedoch kritisieren, das Experiment sei verschwenderisch und beute potenziell verwundbare Bevölkerungsschichten aus. »Wenn dies ein harmloserer Krankheitserreger wäre, dann wäre es eine großartige Studie«, sagt Eric Topol, Direktor des Scripps-Institut für angewandte Forschung in La Jolla, Kalifornien. »Aber man kann nicht für alles randomisierte Studien durchführen. Und man sollte es auch nicht.« Wie klinische Forscher gelegentlich zu sagen pflegen, sind Fallschirme auch nie in einer randomisierten Studie getestet worden.
Benn allerdings verteidigt ihre Arbeit und erklärt, dass auch die Haushalte in der Kontrollgruppe von den Informationen profitieren und dass sie am Ende der Studie ebenfalls Masken bekommen. Angesichts der Herausforderungen, die Masken in Guinea-Bissau herzustellen und zu verteilen, sei es, wie sie sagt, »unter keinen Umständen« möglich gewesen, allen Beteiligten bei Studienbeginn Masken zu geben.
Tatsächlich hätten sie sogar ihren ursprünglichen Plan, 70 000 Menschen zu rekrutieren, korrigieren müssen. Sie hofft, dass der Großversuch allen Beteiligten einen gewissen Nutzen bringt. »Aber niemand in der Community sollte als Ergebnis unserer Studie schlechter dran sein, als wenn wir den Versuch nicht gemacht hätten«, sagt sie. Die entstehenden Daten sollten in die globale wissenschaftliche Debatte einfließen.
Auch Michael Osterholm aus Minnesota trägt eine Maske. Dennoch beklagt er den »Mangel an wissenschaftlicher Strenge«, mit dem das Thema bislang angegangen wurde. »Wir kritisieren die ganze Zeit Leute in der Wissenschaft, wenn sie Aussagen ohne zu Grunde liegende Daten machen«, sagt er. »Wir machen derzeit aber oft das Gleiche.«
Dennoch sind die meisten Fachleute zuversichtlich, dass sie Masken in irgendeiner Weise empfehlen können. Es sei nicht die einzige Lösung, sagt Gandhi, »Aber ich denke, dass Masken eine wesentliche Säule der Pandemiekontrolle sind.« Wie Paul Digard, Virologe an der University of Edinburgh, sagt: »Masken funktionieren, aber sie sind keine Garantie. Deswegen muss man Abstand halten.«
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