Fledermäuse: »Maskierte Verführer« erstmals bei der Paarung beobachtet
In Costa Rica hatten Fledermausexperten erstmals die Gelegenheit, Greisengesicht-Fledermäuse (Centurio senex) ausführlich bei ihren Paarungsritualen zu beobachten. Markantestes Erkennungszeichen der Greisengesicht-Männchen ist eine fellbewachsene Hautfalte, die sie über ihre untere Gesichtspartie stülpen. Die Fledermausart ist in Mexiko, Venezuela und Kolumbien verbreitet, und zwar nicht selten, aber kaum erforscht. Die Beobachtung im September und Oktober 2018 mündete nun in eine Veröffentlichung im Fachjournal »Plos ONE«. Die Geschichte dahinter schildert das Team um Marco Tschapka von der Universität Ulm in einer Pressemitteilung.
Demnach entdeckten zunächst lokale Tourguides bei einer Nachtwanderung in San Ramon in Costa Rica »hässliche Fledermäuse«, die sie über Umwege an den Fledermausexperten Bernal Rodríguez-Herrera von der Universität von Costa Rica meldeten. Dieser erkannte auf den mitgeschickten Fotos die selten beobachteten Greisengesichter, die »bei einer Menge Fledermausforschern auf der Liste stehen« und kontaktierte seinerseits den Ulmer Forscher, der sich auf einer Exkursion im Land befand. Gemeinsam richteten sie ihr Equipment auf die Fledermäuse, die sich Abend für Abend an derselben Stelle einfanden und gegen Mitternacht wieder verschwanden.
Sie beobachteten ausschließlich Männchen, wie die Biologen an der Hautfalte erkannten. Bald sei ihnen darum klar geworden, dass es sich bei dieser Zusammenkunft um einen so genannten Lek handelt, einen Balzplatz, wie ihn die Verhaltensbiologen beispielsweise von diversen Raufußhühnern kennen. Die »maskierten Verführer«, so nennt Tschapka sie, treffen sich dazu an einem bestimmten Ort und werben um Weibchen. Bei den Greisengesichtern bestand das aus heftigem Flügelschlagen und für Menschen hörbaren Rufen. In einem Fall gelang es den Forschern sogar, zwei Fledermäuse bei der Paarung zu filmen.
Dabei stülpte das Männchen übrigens seine Hautlappenmaske nach unten. Welchen Zweck die Maulbedeckung hat, ist noch unklar, vielleicht dient sie dem Schutz oder hilft, Duftstoffe zu verteilen, spekulieren die Wissenschaftler. Um Genaueres darüber zu erfahren, hätten sie Tiere einfangen müssen, was sie aber unterließen, um das Lek nicht zu stören. In den beiden folgenden Jahren fanden sich die Fledermäuse allerdings nicht mehr an jenem Ort ein.
»Vergangenes Jahr saß ich schon auf gepackten Koffern, aber: nichts«, sagt Tschapka. »Solche Fledermäuse sind wahrscheinlich Nomaden. Sie ziehen viel umher, und wir werden dieses Verhalten vielleicht nie wieder sehen. Doch wer weiß? Wir halten auf jeden Fall Ausschau!«
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