Satellitennavigation: Maß genommen aus dem All
Der Jubel war groß: Ein Kontrollzentrum für das europäische Satellitennavigationsprojekt Galileo wird nach Oberpfaffenhofen kommen, so die Erfolgsmeldung von vergangenem Montag. Aber worum geht es dabei überhaupt?
"Nach zweihundert Metern rechts abbiegen!" – "An der nächsten Kreuzung rechts abbiegen!" – "Jetzt rechts abbiegen!" Navigationsgeräte in Autos können den Insassen mächtig auf die Nerven gehen.
Trotzdem finden sie reißenden Absatz. Laut ADAC besaßen im vergangenen Jahr sieben Millionen europäische Autofahrer ein "Navi", gegen Ende dieses Jahres sind es geschätzte zwölf Millionen. Die Gründe liegen auf der Hand: Navigationsgeräte machen das Suchen auf Landkarten überflüssig und lotsen den Fahrer bequem und (relativ) zuverlässig ans Ziel. Im Flug-, Schiffs- und Eisenbahnverkehr sind sie ohnehin längst unersetzlich. Auch Wanderer und andere Freizeitsportler profitieren zunehmend von dieser Technik. Keine Frage: Navis sind ein Zukunftsmarkt.
Ein eigenes System für die Europäer
Zurzeit funktionieren die meisten von ihnen auf Basis des amerikanischen GPS (Global Positioning System) – ein satellitengestütztes, militärisches Ortungssystem. Es hat, weltweit für militärische und zivile Anwendungen genutzt, eine globale Monopolstellung erlangt. Alle, die GPS nutzen (darunter die Europäer), sind somit von den Amerikanern abhängig – ein Zustand, der nicht auf ungeteilte Begeisterung stößt.
Der Aufbau von Galileo wird etwa 3,6 Milliarden Euro kosten. Im Endzustand besteht das System aus dreißig Satelliten, über fünfzig Bodenstationen und zwei Kontrollzentren. Die Satelliten verteilen sich auf drei verschiedene, je um 120 Grad gegeneinander verdrehte Umlaufbahnen. Jede von ihnen ist 56 Grad gegen die Äquatorebene geneigt und verläuft in 24 000 Kilometern Höhe.
Die Satelliten haben extrem genaue Atomuhren an Bord und senden von Zeit zu Zeit Funksignale aus. Empfangsgeräte auf der Erde – etwa im Navigationssystem eines Autos – registrieren die Signale und ermitteln, wie lange sie vom Sender zum Empfänger gebraucht haben. Daraus ergeben sich die Entfernungen der Satelliten. Die Empfangsgeräte kennen zudem die Details der Satellitenbahnen, "wissen" also, wo sich welcher Satellit befindet. Werden gleichzeitig Funksignale von mindestens vier Satelliten empfangen, lässt sich – anhand deren Positionen und Entfernungen – der präzise Ort des Empfängers auf der Erde berechnen. Daraus erklärt sich, warum es insgesamt so viele Satelliten sind: Damit die Ortsbestimmung überall funktioniert, müssen von jedem Punkt der Erdoberfläche aus gesehen stets mindestens vier von ihnen über dem Horizont stehen.
Ein großes Geschäft
Wirtschaftsstudien zufolge wird Galileo ein großes Geschäft. Demnach liegt das Nutzen-Kosten-Verhältnis für die Betreiber dereinst bei 4,6. Galileo soll europaweit 100 000 Arbeitsplätze schaffen und jährliche Geschäftsabschlüsse in Höhe von neun Milliarden Euro erzielen. "Dies", so Bachem, "sind Schätzungen, wir gehen aber davon aus, dass die realen Zahlen in dieser Größenordnung liegen werden."
Allerdings krankt das Vorhaben an zahlreichen Problemen. Galileo hinkt im Zeitplan mehrere Jahre hinterher. Ursprünglich war vorgesehen, bis Ende 2005 die ersten vier Satelliten ins All zu bringen sowie 25 Bodenstationen und ein Kontrollzentrum in Betrieb zu nehmen, um diese dann im Zusammenspiel zu testen. Bisher hat jedoch kein einziger Satellit die Erde verlassen. Der erste von ihnen, "Giove A", soll in einigen Wochen starten. Die endgültige Verfügbarkeit des Systems, anfänglich auf 2008 avisiert, wird nun nicht vor 2011 erwartet.
Hinderliche Streitigkeiten
Grund für die Verzögerung war ein anhaltender Streit zwischen den beteiligten EU-Staaten. "Es war nicht einfach, sich darauf zu einigen, wie Galileo als gesamteuropäisches Projekt gemanagt werden soll," erzählt Bachem. Deutschland als größter Zahler hatte gefordert, bei den Projektaufträgen stärker berücksichtigt zu werden – mit Erfolg: Am vergangenen Montag verständigten sich die EU-Verkehrsminister darauf, das deutsche Industriekonsortium TeleOp an Galileo zu beteiligen. Außerdem kommt eines der beiden Galileo-Kontrollzentren nach Deutschland, wo es im bayerischen Oberpfaffenhofen eingerichtet und vom DLR betreut wird.
Trotzdem finden sie reißenden Absatz. Laut ADAC besaßen im vergangenen Jahr sieben Millionen europäische Autofahrer ein "Navi", gegen Ende dieses Jahres sind es geschätzte zwölf Millionen. Die Gründe liegen auf der Hand: Navigationsgeräte machen das Suchen auf Landkarten überflüssig und lotsen den Fahrer bequem und (relativ) zuverlässig ans Ziel. Im Flug-, Schiffs- und Eisenbahnverkehr sind sie ohnehin längst unersetzlich. Auch Wanderer und andere Freizeitsportler profitieren zunehmend von dieser Technik. Keine Frage: Navis sind ein Zukunftsmarkt.
Ein eigenes System für die Europäer
Zurzeit funktionieren die meisten von ihnen auf Basis des amerikanischen GPS (Global Positioning System) – ein satellitengestütztes, militärisches Ortungssystem. Es hat, weltweit für militärische und zivile Anwendungen genutzt, eine globale Monopolstellung erlangt. Alle, die GPS nutzen (darunter die Europäer), sind somit von den Amerikanern abhängig – ein Zustand, der nicht auf ungeteilte Begeisterung stößt.
Europa möchte daher ein eigenes Satelliten-Ortungssystem namens Galileo entwickeln. 2001 wurde das Projekt erstmals technisch definiert. "Galileo ist ein Komplementärsystem zu GPS und soll uns unabhängiger von den Amerikanern machen", sagt Achim Bachem, Vorstandsmitglied beim Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR). Komplementär meint hier, dass Galileo mit GPS kombinierbar sein soll: Für eine Ortsbestimmung lassen sich Satelliten beider Systeme bei Bedarf gemeinsam nutzen.
Der Aufbau von Galileo wird etwa 3,6 Milliarden Euro kosten. Im Endzustand besteht das System aus dreißig Satelliten, über fünfzig Bodenstationen und zwei Kontrollzentren. Die Satelliten verteilen sich auf drei verschiedene, je um 120 Grad gegeneinander verdrehte Umlaufbahnen. Jede von ihnen ist 56 Grad gegen die Äquatorebene geneigt und verläuft in 24 000 Kilometern Höhe.
Die Satelliten haben extrem genaue Atomuhren an Bord und senden von Zeit zu Zeit Funksignale aus. Empfangsgeräte auf der Erde – etwa im Navigationssystem eines Autos – registrieren die Signale und ermitteln, wie lange sie vom Sender zum Empfänger gebraucht haben. Daraus ergeben sich die Entfernungen der Satelliten. Die Empfangsgeräte kennen zudem die Details der Satellitenbahnen, "wissen" also, wo sich welcher Satellit befindet. Werden gleichzeitig Funksignale von mindestens vier Satelliten empfangen, lässt sich – anhand deren Positionen und Entfernungen – der präzise Ort des Empfängers auf der Erde berechnen. Daraus erklärt sich, warum es insgesamt so viele Satelliten sind: Damit die Ortsbestimmung überall funktioniert, müssen von jedem Punkt der Erdoberfläche aus gesehen stets mindestens vier von ihnen über dem Horizont stehen.
Die Ortsbestimmung mit Galileo soll auf vier Meter genau sein. "Das entspricht etwa der Präzision des GPS-Systems", sagt Bachem. Allerdings gilt dieser Wert nur für Galileos kostenlosen Basisdienst: Zahlenden Nutzern wollen die Betreiber eine höhere Genauigkeit bieten (zunächst bis auf ein Meter, später bis auf wenige Zentimeter). Sonderleistungen wie verschlüsselte Nachrichtenübermittlung oder permanente Überwachung der Signalgüte sollen zusätzliche Kunden locken.
Ein großes Geschäft
Wirtschaftsstudien zufolge wird Galileo ein großes Geschäft. Demnach liegt das Nutzen-Kosten-Verhältnis für die Betreiber dereinst bei 4,6. Galileo soll europaweit 100 000 Arbeitsplätze schaffen und jährliche Geschäftsabschlüsse in Höhe von neun Milliarden Euro erzielen. "Dies", so Bachem, "sind Schätzungen, wir gehen aber davon aus, dass die realen Zahlen in dieser Größenordnung liegen werden."
Allerdings krankt das Vorhaben an zahlreichen Problemen. Galileo hinkt im Zeitplan mehrere Jahre hinterher. Ursprünglich war vorgesehen, bis Ende 2005 die ersten vier Satelliten ins All zu bringen sowie 25 Bodenstationen und ein Kontrollzentrum in Betrieb zu nehmen, um diese dann im Zusammenspiel zu testen. Bisher hat jedoch kein einziger Satellit die Erde verlassen. Der erste von ihnen, "Giove A", soll in einigen Wochen starten. Die endgültige Verfügbarkeit des Systems, anfänglich auf 2008 avisiert, wird nun nicht vor 2011 erwartet.
Hinderliche Streitigkeiten
Grund für die Verzögerung war ein anhaltender Streit zwischen den beteiligten EU-Staaten. "Es war nicht einfach, sich darauf zu einigen, wie Galileo als gesamteuropäisches Projekt gemanagt werden soll," erzählt Bachem. Deutschland als größter Zahler hatte gefordert, bei den Projektaufträgen stärker berücksichtigt zu werden – mit Erfolg: Am vergangenen Montag verständigten sich die EU-Verkehrsminister darauf, das deutsche Industriekonsortium TeleOp an Galileo zu beteiligen. Außerdem kommt eines der beiden Galileo-Kontrollzentren nach Deutschland, wo es im bayerischen Oberpfaffenhofen eingerichtet und vom DLR betreut wird.
"Es war nicht einfach, sich darauf zu einigen, wie Galileo als gesamteuropäisches Projekt gemanagt werden soll"
(Achim Bachem)
Inzwischen steht auch weit gehend fest, wer das Galileo-Projekt nach dessen Fertigstellung betreiben soll. Es wird voraussichtlich ein gesamteuropäisches Industriekonsortium aus acht großen (Alcatel, EADS Space Technologies, TeleOp und andere) und Dutzenden weiteren assoziierten Unternehmen sein. Bachem: "Diese Zusammensetzung steht und wird sich wohl nicht mehr ändern." Damit scheinen wichtige Eckpunkte des Projekts geklärt zu sein. Ob es mit Galileo jetzt zügiger vorangeht als in den vergangenen Jahren, wird sich zeigen. (Achim Bachem)
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