Arbeitsgesundheit: Massen-Rausschmiss schadet auch den nicht Entlassenen
Männliche Berufstätige, die eine Entlassungswelle im Betrieb miterleben mussten, ohne dabei ihren eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, leiden anschließend fast ebenso häufig an psychischen Erkrankungen wie die freigestellten Kollegen. Dies berichten Forscher des University College London.
Die Wissenschaftler um Mika Kivimäki hatten Daten von 26 500 Gemeindeangestellten in Finnland nach einer massiven Entlassungswelle im Jahr 1993 bis zum Jahr 2000 analysiert. Dabei verglichen sie die Krankheitsgeschichte von insgesamt 4000 Entlassenen mit der von 17 600 Personen, die in nicht betroffenen Abteilungen gearbeitet hatten, sowie 5000 nicht entlassenen Angestellten aus Abteilungen, in denen aber Stellen gekürzt worden waren.
Entlassene Männer bekamen mit einer 64 Prozent größeren Wahrscheinlichkeit Antidepressiva und Schlafmittel verschrieben als Unbeteiligte und trugen somit offenbar ein großes Risiko psychischer Folgeschäden. Aber auch ihre ehemaligen männlichen Abteilungskollegen bekamen um die Hälfte mehr psychotroper Medikamente verschrieben. Bei Frauen war der Effekt deutlich geringer.
Es liege auf der Hand, so die Autoren, dass in personalreduzierten Abteilungen Arbeitsaufwand und Stress wachsen, zudem aber auch die Belastung ansteige, die mit einem vermuteten drohenden Verlust des Arbeitsplatzes einhergehe. Zudem fühlten die im Job verbliebenen oft ein Schuldgefühl gegenüber den Entlassenen. Der psychologische Stress werde häufig durch untaugliche Handlungsstrategien zu bekämpfen versucht, die dann Ressourcen von den eigentlichen Kernbereichen der Arbeit abziehen, was wiederum die tatsächliche Gefahr der eigenen Entlassung erhöhen kann.
Insgesamt, kommentiert Psychologe Cary Cooper von der Universität von Lancaster, trauen die Betroffenen oft auch nicht mehr den Aussagen ihrer personalverantwortlichen Vorgesetzten, selbst wenn diese Entlassungen für die Zukunft ausschließen: Manager sollten daher "mit absolut ehrlichem und nachvollziehbarem Handeln gegenüber dem Personal daran arbeiten, ihre Glaubwürdigkeit zu steigern".
Während sich der Krankenstand in Deutschland insgesamt seit Beginn der 1990er Jahre nahezu halbiert hat, stieg der Anteil psychische Probleme als Ursache für Fehlzeiten in Unternehmen im gleichen Zeitraum stetig an. Im Jahr 2005 waren sie der vierthäufigste genannte Grund. Psychischen Erkrankungen treten vorwiegend in Berufen auf, die sich ansonsten durch einen niedrigen Krankenstand auszeichnen. (jo)
Journal of Epidemiology and Community Health 61: 154–158 (2007)
©spektrumdirekt
Die Wissenschaftler um Mika Kivimäki hatten Daten von 26 500 Gemeindeangestellten in Finnland nach einer massiven Entlassungswelle im Jahr 1993 bis zum Jahr 2000 analysiert. Dabei verglichen sie die Krankheitsgeschichte von insgesamt 4000 Entlassenen mit der von 17 600 Personen, die in nicht betroffenen Abteilungen gearbeitet hatten, sowie 5000 nicht entlassenen Angestellten aus Abteilungen, in denen aber Stellen gekürzt worden waren.
Entlassene Männer bekamen mit einer 64 Prozent größeren Wahrscheinlichkeit Antidepressiva und Schlafmittel verschrieben als Unbeteiligte und trugen somit offenbar ein großes Risiko psychischer Folgeschäden. Aber auch ihre ehemaligen männlichen Abteilungskollegen bekamen um die Hälfte mehr psychotroper Medikamente verschrieben. Bei Frauen war der Effekt deutlich geringer.
Es liege auf der Hand, so die Autoren, dass in personalreduzierten Abteilungen Arbeitsaufwand und Stress wachsen, zudem aber auch die Belastung ansteige, die mit einem vermuteten drohenden Verlust des Arbeitsplatzes einhergehe. Zudem fühlten die im Job verbliebenen oft ein Schuldgefühl gegenüber den Entlassenen. Der psychologische Stress werde häufig durch untaugliche Handlungsstrategien zu bekämpfen versucht, die dann Ressourcen von den eigentlichen Kernbereichen der Arbeit abziehen, was wiederum die tatsächliche Gefahr der eigenen Entlassung erhöhen kann.
Insgesamt, kommentiert Psychologe Cary Cooper von der Universität von Lancaster, trauen die Betroffenen oft auch nicht mehr den Aussagen ihrer personalverantwortlichen Vorgesetzten, selbst wenn diese Entlassungen für die Zukunft ausschließen: Manager sollten daher "mit absolut ehrlichem und nachvollziehbarem Handeln gegenüber dem Personal daran arbeiten, ihre Glaubwürdigkeit zu steigern".
Während sich der Krankenstand in Deutschland insgesamt seit Beginn der 1990er Jahre nahezu halbiert hat, stieg der Anteil psychische Probleme als Ursache für Fehlzeiten in Unternehmen im gleichen Zeitraum stetig an. Im Jahr 2005 waren sie der vierthäufigste genannte Grund. Psychischen Erkrankungen treten vorwiegend in Berufen auf, die sich ansonsten durch einen niedrigen Krankenstand auszeichnen. (jo)
Journal of Epidemiology and Community Health 61: 154–158 (2007)
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