Direkt zum Inhalt

Massenaussterben: Der Weltuntergang währte nur kurz

Das »Große Sterben« vernichtete den größten Teil des Lebens auf der Erde. Lange ging man davon aus, dass das Land zehn Millionen Jahre Einöde blieb. Doch das stimmt wohl nicht.
Weite, trockene Landschaft mit rissigem Boden unter einem dramatischen Himmel. Dunkle Wolken ziehen auf, während die untergehende Sonne den Himmel in warmen Gelb- und Orangetönen färbt. Die Szene vermittelt ein Gefühl von Trockenheit und Wetterveränderung.
Noch Millionen Jahre nach dem Perm-Trias-Massenaussterben waren große Teile der Kontinente unbelebte Einöde. Doch in einige Gegenden kehrte das Leben schnell zurück.

Das Leben findet einen Weg. Schon relativ kurz nach der größten Katastrophe der Erdgeschichte begannen Tiere und Pflanzen, die verwüstete Landoberfläche wieder zu besiedeln. Anhand von Fossilien aus China zeigt ein Team um Li Tian von der Chinesischen Universität für Geowissenschaften in Wuhan, dass binnen lediglich zwei Millionen Jahren nach dem großen Massenaussterben vor 252 Millionen Jahren stabile Ökosysteme an Flussufern entstanden. Wie die Arbeitsgruppe in einer Vorabveröffentlichung auf der Onlineplattform »eLife« berichtet, zeugen Überreste von Pflanzen, Spuren grabender Tiere und sogar mittelgroßer Fleischfresser von einem komplexen Nahrungsnetz. Bisher waren Fachleute davon ausgegangen, dass die Landoberfläche bis zu zehn Millionen Jahre lang weitgehend verödet war.

Am Ende des Perms brachen im heutigen Sibirien gigantische Vulkane aus und veränderten die Atmosphäre drastisch. Mehr als 70 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten starben aus; das »Große Sterben« erfasste sogar die bei solchen Katastrophen sonst nicht betroffenen Insekten und war das größte Massenaussterben der letzten 500 Millionen Jahre. Wie lange es dauerte, bis sich das Leben von den Verheerungen erholte, ist umstritten. Im Meer findet man Anzeichen von Erholung binnen ein bis zwei Millionen Jahren, an Land dagegen nahm man bisher an, dass die Ökosysteme bis zu zehn Millionen Jahre brauchten, um zurückzukehren.

Die neuen Entdeckungen aus China legen jedoch nahe, dass sich zumindest auf Teilen der Landoberfläche Ökosysteme etwa ebenso schnell wieder entwickelten wie im Meer. Während die Fossilien in den ersten zwei Millionen Jahren eine klassische »Katastrophenfauna« mit nur wenigen und stark verkleinerten Arten zeigen, finden sich schon bald darauf wieder komplexere Ansammlungen von Pflanzenresten. Insbesondere die Spuren grabender Tiere, so erklärt das Team um Li, deuteten darauf hin, dass diese sich vor Raubtieren schützen mussten. Solche Räuber-Beute-Beziehungen sind ein wichtiges Anzeichen für Komplexität in Ökosystemen. Die Arbeitsgruppe vermutet, dass Feuchtgebiete während des Massenaussterbens als Rückzugsorte gewirkt haben könnten. Allerdings zeigen solche Funde nur lokale Erholung. Es ist wahrscheinlich, dass in weiten Teilen der Landobefläche noch Millionen Jahre später Einöde herrschte. Selbst im Meer dauerte es Indizien zufolge wohl noch dutzende Millionen Jahre, bis das Leben eine ähnliche Vielfalt erreichte wie vor dem »Großen Sterben«.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

  • Quellen
eLife 10.7554/eLife.104205.1, 2025

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.