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Massenaussterben: Dinosaurier überlebten vulkanischen Klimawandel

Kosmischer Einschlag oder irdischer Vulkan? Warum die Dinos wirklich ausstarben, darüber streiten Fachleute nach wie vor. Die entscheidende Frage ist, was wann geschah.
Toter Dinosaurier

Ein wirklich guter Krimi hat ein charismatisches Mordopfer – und mindestens einen Verdächtigen zu viel. So auch jener Fall, der seit Jahrzehnten nicht nur die Fachwelt beschäftigt: die einstigen Herrscher der Welt, die Dinosaurier, niedergestreckt in der Blüte ihres Daseins. Aber von wem? Der Hauptverdächtige ist ein kilometergroßer Meteorit, der vor 66 Millionen Jahren in Mittelamerika auf der heutigen Halbinsel Yukatan einschlug. Doch es gibt einen anderen möglichen Täter: einen gigantischen Vulkanausbruch, der just zur gleichen Zeit etwa eine halbe Million Kubikkilometer geschmolzenes Gestein ausstieß – und genug vulkanische Gase, um ein Erdzeitalter zu beenden.

Die Mehrzahl der Fachleute setzt auf den Asteroiden, doch einige denken auch an den Vulkan – dessen Ausfluss noch heute in Form des indischen Dekkan-Plateaus an der Oberfläche zu sehen ist – als Mit-, wenn nicht Haupttäter. Dafür sprechen gleich mehrere Argumente: Zwei der größten Massensterben der Erdgeschichte, jene am Ende des Perm und am Ende der Trias, gehen ziemlich sicher auf derartige Lavafluten zurück. Gleichzeitig ist umstritten, wie der Meteoriteneinschlag ein Massenaussterben am Ende der Kreidezeit hätte auslösen sollen – denn zwei vergleichbare Einschläge vor 214 Millionen und 34 Millionen Jahren lassen sich bis heute eben nicht sicher mit einem derart gravierenden Exitus verbinden.

Deswegen ringen die widerstreitenden Lager nun um die genauen Zeitpunkte der jeweiligen Ereignisse, um den Grund für das Ende der Dinosaurier und vieler ihrer Zeitgenossen festzunageln. Von dieser Sorte ist auch die Argumentation, mit der eine Arbeitsgruppe um Pincelli M. Hull von der Yale University jetzt für den Asteroiden Partei ergreift. Wie sie in »Science« berichtet, habe der Vulkan mindestens die Hälfte seiner Gase bereits lange vor dem Einschlag und dem Massensterben abgegeben – so dass nur der Asteroideneinschlag klar mit dem Ende der Dinosaurier zusammenfalle.

Kein katastrophaler Klimawandel

Zu diesem Schluss kommt das Team anhand von aus Sedimentgesteinen ermittelten Temperaturdaten jener Zeit, die es mit Modellen des Kohlenstoffkreislaufes abglich. Demnach begann etwa 300 000 Jahre vor dem Weltuntergang eine deutliche Erwärmung, bei der die globale Temperatur binnen 100 000 Jahren um zwei Grad stieg – nur um dann bis zum Tag X wieder auf den Normalwert abzusinken. Nach Einschlag und Aussterben stiegen die Temperaturen trotz fortgesetzter Vulkanausbrüche und dadurch ausgestoßener Gase nur noch langsam und moderat.

Diese Temperaturgeschichte der anderthalb Millionen Jahre um den Exitus der Dinosaurier versuchten die Fachleute nun in ihrem Klimamodell mit fünf verschiedenen Szenarien für den vulkanischen Gasausstoß in Einklang zu bringen. Wie sie berichten, fallen drei der Szenarien dabei durch – darunter jenes, das einen Treibhausgaspuls direkt vor dem Aussterben annimmt. Am besten passen demnach jene Modelle zu den Daten, die intensivere Gasemissionen deutlich vor dem Massensterben annehmen.

Womöglich, schreiben die Forscherin und ihre Kollegen, habe der erste Treibhausgaspuls die Chemie der Ozeane auch so sehr verändert, dass sie bereitwillig gigantische Mengen Kohlendioxid aufnahmen. Dadurch sei nicht nur der erste Wärmepuls beendet, sondern auch der Rest des Klimagases anschließend weitgehend neutralisiert worden. Der postulierte vernichtende Klimawandel durch den Vulkan, so die Schlussfolgerung, fand deswegen gar nicht statt; nicht einmal eine helfende Rolle beim Exitus gesteht die Arbeitsgruppe der Eruption zu.

Das Ende der Debatte ist das allerdings mit Sicherheit nicht – hinter der Argumentation stehen eine ganze Reihe Annahmen über das Klima jener Zeit, die in das Modell eingearbeitet wurden. Nicht zuletzt ist die Analyse zu grob, als dass die womöglich wichtigsten Effekte durch vulkanische Gase erfasst werden könnten: Abkühlung und Versauerung durch Schwefelaerosole. Genug Anschlusspunkte also für die Verfechter der Vulkanhypothese, das Resultat und die Schlussfolgerungen zu hinterfragen. Wann der 66 Millionen Jahre alte Kriminalfall jemals wirklich zur allgemeinen Zufriedenheit aufgeklärt wird – und ob überhaupt –, bleibt unklar.

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