Perm-Trias-Massenaussterben: Verlorene Artenvielfalt löschte Leben endgültig aus
Die größte Katastrophe der Erdgeschichte ereignete sich vor zirka 252 Millionen Jahren. Gigantische Lavaströme veränderten die Umweltbedingungen derart gravierend, dass an der Grenze zwischen den Erdsystemen Perm und Trias schätzungsweise 81 bis 96 Prozent aller marinen Arten ausstarben, ebenso an Land verendeten zahlreiche Spezies. Doch womöglich ging das Massenaussterben nicht allein auf die veränderten Lebensbedingungen zurück, sondern in der Folge habe der extreme Verlust der Artenvielfalt die Ökosysteme zusammenbrechen lassen, wie nun eine Forschergruppe von der Kalifornischen Akademie der Wissenschaften, der chinesischen Universität für Geowissenschaften in Wuhan und der University of Bristol erklärt. Das Massenaussterben habe sich demnach in zwei Schritten entfaltet. Wie die Fachleute um Yuangeng Huang im Fachblatt »Current Biology« zudem schreiben, ähneln die Entwicklungen der Urzeit der heutigen Weltlage inmitten des Klimawandels: Vergleichsweise plötzlich steigen die Temperaturen, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wächst und die Ozeane versauern stetig. Die Frage sei daher, ob auch der derzeitige Verlust der Artenvielfalt ganze Ökosysteme auslöschen könnte.
Für ihre Studie untersuchten die Forschenden Fossilien im Süden Chinas, wo sich während des Übergangs vom Perm zur Trias ein flaches Meer befand. Die in den Versteinerungen erhaltenen Spezies gruppierten die Wissenschaftler gemäß deren einstiger Lebensweise im Meer. Auf diese Weise rekonstruierten sie Nahrungsnetze – welche Art war Beute, welche Räuber – für die Zeit vor, während und nach dem Ereignis an der Perm-Trias-Grenze.
Das Ergebnis: Obwohl zunächst mehr als die Hälfte aller Arten ausgestorben war, hätten die Ökosysteme noch 61 000 Jahre einigermaßen weiterexistiert. Durch den Verlust der Biodiversität sei damals aber auch die Zahl jener Arten zurückgegangen, die ähnliche Nischen in den Ökosystemen besetzten. Das machte diese weniger widerstandsfähig, da bei Wegfall einer Art keine anderen Spezies mehr deren Platz hätten einnehmen können. Biologen bezeichnen den Umstand, dass in einem Ökosystem mehrere Arten eine ähnliche Funktion übernehmen, als funktionale Redundanz.
Was das Massenaussterben der Urzeit über den heutigen Artenverlust verraten könnte
»Wir vermuten, dass der Verlust der Redundanz die Widerstandsfähigkeit verringert haben könnte. In der Folge brach die ökologische Struktur zusammen, als sie durch eine kleine Umweltstörung beeinträchtigt wurde«, schreiben die Forscher in ihrer Studie. »Dies untermauert die bereits gemachte Forderung, dass bei den aktuellen Bemühungen zum Artenschutz mehr Wert darauf gelegt werden sollte, sowohl die funktionale Diversität als auch die Artenvielfalt an sich zu erhalten.« Die Ökosysteme zur Zeit der Perm-Trias-Grenze könnten an einen Kipppunkt gelangt sein, bedingt durch den rasanten Artenverlust.
Über die Ursache des damaligen Massenaussterbens sind sich Fachleute einigermaßen einig. Im heutigen Sibirien hätte sich eine Reihe von gewaltigen Lavaströmen ergossen. Ein Gebiet von der halben Größe der Europäischen Union wäre bedeckt gewesen. Dabei wurden gigantische Mengen an Kohlenstoffdioxid freigesetzt. In der Folge stieg die Temperatur um ungefähr zehn Grad Celsius, die Ozeane versauerten allmählich durch das darin gelöste CO2, zudem erwärmten sich die Meere und ihr Sauerstoffgehalt ging zurück. Die Folge war das größte Massenaussterben der Erdgeschichte.
»Wir verlieren derzeit schneller Arten als bei allen vorangegangenen Aussterbeereignissen. Und es ist wahrscheinlich, dass wir uns in der ersten Phase eines weiteren schwerwiegenderen Massensterbens befinden«, sagt Huang laut einer Pressemitteilung. »Den Kipppunkt, der die Ökosysteme vollständig zusammenbrechen lässt, können wir nicht vorhersagen«, fährt der Forscher fort. »Aber es wird das unvermeidbare Ergebnis sein, wenn wir den Verlust der biologischen Vielfalt nicht umkehren.«
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